Wohnungslosentagesstätte „Warmer Otto“ schließt heute – im November!
Vor einer Woche erreichte uns eine abfotografierte Pressemitteilung der „Arbeitsgemeinschaft Berliner Wohnungslosentagesstätten“ (AGBW) mit Unterschriftenliste gegen die plötzliche Schließung des Warmen Otto in der Wittstocker Straße 7. Hierin heißt es: „dass die kurzfristige Schließung für unzählige Stammgäste den Verlust eines Stücks Heimat bedeutet … Hunderte von Betroffenen haben eine Postadresse im ,Warmen Otto‘. Bei einer so kurzfristigen Schließung könnten Änderungen der Postadresse (zum Beispiel bei Jobcentern, Sozialämtern, Krankenkassen etc) nicht umgesetzt werden.“ Die Einrichtung existiert seit 38 Jahren, wenn auch nicht immer an diesem Ort. Es gibt lang gewachsene Beziehungen zu den Sozialarbeiter*innen. Neben der Beratung gibt bzw. gab es die Möglichkeit zu duschen, Wäsche zu waschen und – sehr wichtig – die Postfächer.
Wir versuchten konkretere Informationen zu erhalten, konnten allerdings die Pressemitteilung der Berliner Stadtmission vom gleichen Tag noch nicht auf deren Webseite finden. Mittlerweile haben der Tagesspiegel, moabit.net, die TAZ und das Neue Deutschland (mit gutem Kommentar) berichtet. Trotz Protesten schließt die Berliner Stadtmission die Einrichtung tatsächlich heute. Lediglich zwei Stunden täglich soll noch geöffnet werden um den Zugang zu den Postfächern sicher zu stellen. Weitere Angebote werden komplett eingestellt. Auch das Bezirksamt Mitte hat heute mit einer Pressemitteilung reagiert. Zur Zeit findet in den Räumen eine Diskussion von Wohnungslosen mit Frau Eidt von der Stadtmission statt. Einige Wohnungslose haben angekündigt die Räumlichkeiten zu besetzten. Die Inhalte der Diskussion versuchen wir in den nächsten Tagen hier zusammenzufassen. (UPDATE: das erscheint uns nicht mehr notwendig, s. Kommentare)
Jetzt dokumentieren wir an dieser Stelle die Pressemitteilung der Besucher und Nutzer des Warmen Ottos in vollem Wortlaut:
„Keine Schließung der Wohnungslosentagesstätte Warmer Otto in Berlin Moabit
Die Besucher sind verzweifelt und wütend über die Schließung des Warmen Ottos und wenden sich hiermit an die Öffentlichkeit
Vor wenigen Tagen haben wir, die Besucher des Warmen Ottos, erfahren, dass die Einrichtung schon am Freitag [Anm.: heute, 12.11.21] schließen soll.
Weder wurden die Zuwendungen vom Bezirksamt Mitte gestrichen noch der Mietvertrag gekündigt. Genauso weinig fehlt es an Personal, es wurde vor kurzem sogar Personal abgezogen. Die Berliner Stadtmission (SM), der Träger des Warmen Ottos, behaupten sie muss schließen, da die Räumlichkeiten „den gewachseneren fachlichen und rechtlichen Anforderungen nicht mehr gerecht werden“.
Tatsächlich sind die Räumlichkeiten nicht super optimal. Die Räume befinden sich aber seit vielen Jahren mehr oder weniger im gleichen Zustand und nicht erst seit Tagen oder Wochen. Das Argument für die Schließung ist an den Haaren herbei gezogen!
Vielleicht ist der Grund, dass sich im Gegensatz zu anderen von der Stadtmission betriebenen sozialen Einrichtungen kein Geld verdienen lässt? Wir wissen es nicht.
Die SM hat mitgeteilt, dass der Warme Otto bald an einem anderen Ort öffnen soll. Als ein möglicher Standort wurde der Alexanderplatz genannt. Der neue Laden muss also erst gefunden werden und dann auch noch hergerichtet werden. Dies wird wenigstens Moante dauern. Auch wollen die meisten von uns nicht zum Alex umziehen. Dieser ist weit weg und ein aggressiver Brennpunkt.
Die SM macht ständig Werbung mit uns Wohnungslosen und nimmt jährlich damit hunderttausende Spenden ein. Letztendlich scheinen aber die Wohnungslosen die Berliner Stadtmission nicht zu interessieren. WEder wurden die Nutzer des Warmen Ottos wegen der Schließung befragt noch in die Planung mit einbezogen. ERst wenige Tage vor der Schließung wurden wir vor vollendete Tatsachen gestellt.
Wir haben nichts gegen einen neuen Standort und bessere Räumlichkeiten. Eine Aufgabe des Standortes kann aber erst erfolgen, wenn ein neuer Ort zur Verfügung steht.
Seit fast 40 Jahren gibt es den Warmen Otto. Für viele von uns in der Warme Otto ein Zuhause. Hier ist unser Ort zum Ausruhen. Hier treffen wir Freunde. Hier schützen wir uns tagsüber vor der Kälte. Hier werden wir versorgt. Hier können wir duschen. Hier können wir Wäsche waschen. Hier erhalten wir Hilfe und Tipps. Hierher erhalten wir unsere Post. Eine Schließung trifft uns hart.
Die Besucher sind über das verantwortungslose Vorgehen der SM empört und haben schon einige hundert Protestunterschriften gesammelt.
Wir, die Besucher und Nutzer der Wohnungslosentagesstätte, fordern den uneingeschränkten Weiterbetrieb des Warmen Ottos!!!
Ein Standortwechsel kann nicht auf Kosten der wohnungslosen Besucher erfolgen. Bis zum Umzug des Warmen Ottos an einen anderen Ort, ist die Arbeit am alten Standort aufrecht zu erhalten!
Sollte die Berliner Stadtmission den Betrieb des Warmen Ottos nicht aufrechterhalten wollen bzw. können, ist die Einrichtung samt Räumen an einen anderen Träger zu übergeben!“
Eine Unterschriftenliste zum Download stellen wir hier zur Verfügung.
Nachtrag:
Michael Rannenberg (Pfarrer im Ruhestand) protestiert mit einem Leserbrief in der TAZ gegen die Schließung und berichtet interessantes über die Anfänge des Warmen Otto (s. Kommentar 13). Er hat uns ein Foto des ersten Ladens geschickt.
„Manchmal empfindet mn es als alter Knacker als eine Zumutung, immer noch nicht gestorben zu sein. So eging es mir beim Lesen eures betrüblichen Artikels: Warmer Otto kaltgesstellt!
Denn ich habe als junger Pfarrer Ende 1982 nach lauten Notrufen der „Nichtsesshaftenhilfe“ Levetzowstraße den Gemeindekirchenrat der Heilandsgemeinde 1983 für die spontane Einrichtung einer Wärmestube gewonnen und dann eingerichtet und aufgebaut.
Es war abenteuerlich: In der Ottostraße schräg gegenüber von unserem Gemeindehaus stand noch eines der letzten verfallenen Trümmerhäuser im Bezirk. Das EG und die erste Etage waren intakt geblieben. Der inzwischen sagenhafte Immobilienspekulant Franke wollte das Gebäude abreißen, aber dank seiner „einmaligen“ Güte konnte ich ihn zur Elaubnis überreden, dass wir in dem unten leerstehenden Ladenräumen des ehemaligen „Sargmagazins“ einen gemeindlichen Treffpunkt für die
nächsten Monate bis zum Abriss einrichten durften.
Zum Jahresbeginn 1983 hatte sich eine Ehrenamtsgruppe vo ca. 8 Frauen und Männern gebildet, renovierte und richtete die Räume ein. Fast wäre die Initiative noch am Eröfnungstag gescheitert, denn der Schornsteinfeger durfte die Räme erst freigeben, nachdem der Kaminabzug bis rauf in den 4. Trümmerstock auf Dichtigkeit überpüft war, nur er war nicht über den 1. Stock hinausgelangt, denn der weitere Aufstieg war verbarrikadiert. Aber eine Wärmestube ohne Ofen das ging gar nicht. Da erschien unser praktischer Küster Jürgen H. mit Axt und Säge und „haute“ den Zugang frei, so dass der Schornsteinfeger seine nun mit abenteulicher Kletterei verbundene Kontrollpflicht erfüllte und wir starten konnten.
Diese Erzählung erklärt, wie der Warme Otto zu seinem Namen gekommen ist: Der Ursprung des WO liegt in einem aufgegebenen Kartoffelladen neben einem Sarglager in der Ottostraße.
Das Besondere dieser Geschichte: Der Wame Oto ist die allererste Wärmestube für Obdachlose, die nach 1933 in Berlin eingerichtet wurde. Von Anfang an hatte sie regen Zulauf und das Entsetzen war groß, als wir im Juni 1983 schon wieder mit einem kleinen Otto – Straßenfest schließen mussten.
Es gelang mir nach zäher Suche in den folgenden Monaten einen neuen Laden in der Waldstraße aufzutreiben, was auch damals schon sehr schwierig war. So eröffneten wir im November 1983 den ersten professionellen Wärmestubenbetrieb, vom Senat mit einer Sozialarbeiterstelle gefördert. Ich habe dann um die Sechstage-Öffnung zu erreichen, zäh um weitere Stellen gekämpft. Fast wie ein Wunder erschien es mir, dass dann bis 1986 der Senat jedes Jahr eine halbe Stelle mehr bewilligte, weil sie den großen Bedarf anerkannten und die gemeindlich getragene Arbeit als förderungsfähig beurteilten. Schließlich waren fünf Mitarbeiterinnen auf vier Vollstellen tätig. Anfang der Neunziger zogen wir wieder um in einen noch geräumigeren und sanitär beser augestattenen Laden in der Bugenhagenstraße.
Aber Ende der Neunziger wurde die Finanzlage Berlins und erst Recht die der Evangelischen Kirche hoch problematisch. Alle Gemeinden wurden zum radikalen Stellenabbau gezwungen.
„Von oben“ warnte man uns, wenn der Senat jetzt z.B. die Finanzierung eines schon jahrelangen Stelleinhabers einstellen würde, dürften wir den nicht kündigen sondern müssten weiter beschäftigen. Also die akute Gefahr bestand, dass die Gemeinde nach harter Mittelstreichung des Senats „pleite“ gehen könnte.
Daher traten wir in Verhandlungen mit der Stadtmission ein und sie beschloss bald die Übernahme der Einrichtung.
Ca. 20 Jahre betreiben sie nun die Wärmestube, die am Anfang des 3. Jahrtausends in den von der Lage her noch geeigneteren Beusselkiez umzog und ununterbrochen hoch frequentiert ist.
Mir ist unverständlich wie eine soziale Großorganisation wie die Berliner Stadtmission mit vermutlich hunderten (?) Angestellten es nicht schaffen kann, diese in Moabit ältste und notwendigste Einrichtung der Obdachlosenhilfe offen zu halten. Wenn angeblich auch im Moment niemand für die Neubesetzung von Sozialarbeiterstellen anzuwerben ist, dann gehört es doch zur Kernkompetenz der Stadtmission in Notlagen mit Hilfe Ehrenamtlichen und phantasievollen Provisorien zu überbrücken.
Ich appelliere an die Berliner Stadtmission, dass sie sich besinnt und wenigstens für den kommenden Winter eventuell in Kooperation mit Moabiter Kirchengemeinden eine Übergangslösung für die Offenhaltung des Warmen Ottos in Moabit erfindet und managet.
Michael Rannenberg (Pfarrer im Ruhestand)“
Die für diese Schließung bei der Stadtmission verantwortlichen Personen sollte man zwingen, mal mindestens eine Woche auf der Straße zu leben – und zwar jetzt im Winter.
Und wenn die Einrichtung umziehen muss oder möchte, dann sollte das doch wohl in der angestammten Umgebung stattfinden und nicht kilometerweit weg am Alex. Hat man in der Stadtmission noch nie etwas vom Thema „Vertreibung“ gehört?
rbb von heute – ein paar O-Töne:
https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2021/11/berlin-warmer-otto-obdachlose-schliessung-raeume.html
Personal was dort arbeiten will gibt es genug. Die letzten wollten nicht von sich aus gehen sondern wurden versetzt.
Noch ein Bericht
https://mailchi.mp/aa8819994696/winter-ohne-warmen-otto
das ist ein Unding – es ist unglaubwürdig was die Verantwortlichen da sagen- dies ist shcoin ein ganz unterschwelliges Angebot – hier muss der Senat eingreifen- ach ja – oder wollen die Verantwortlichen lieber ein Corona Testzentrum dort erichten ( weil ja nun wieder testen kostenlos ist )
Liebe Leute. Warum ist es unglaubwürdig was die Verantwortlichen sagen? Hat Euch die Stadtmission schon einmal enttäuscht? Kann man die nicht einfach mal ihren Job machen lassen? Muss man jede Unsicherheit gleich in eine Katastrophenstimmung treiben?
Neue Räumlichkeiten werden zur Verfügung gestellt und der übliche Zugang zu den Postfächern wird – nach öffentlichen Verlautbarungen (Carsten Spallek) gewährleistet.
Unter Umständen wird einfach alles besser!!
Liebe Bärbel,
da gibt es viele Gründe.
Wir vom Betroffenenrat erinnern uns zum Beispiel an den Umgang mit den Senior*innen in der Lehrter Straße, als die Stadtmission das Evangelische Zentrum für Entwicklung und Diakonie auf dem Gelände an der Lehrter / Seydlitzstraße bauen wollte.
https://moabitonline.de/5786
https://www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp?VOLFDNR=4235
Oder an die Mietpreise, die in der Lehrter Straße 69A aufgerufen werden. Damals 2010 bei der Umsetzung der Senior*innen 6,35 Euro netto-kalt und damit oberhalb des damaligen Mietspiegels.
Oder die Pläne das Gelände auf das 2,35fache zu verdichten:
https://moabitonline.de/32890.
Oder die aktuelle Auseinandersetzung über die Preise im Neubau:
https://www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp?VOLFDNR=10716
Für die abgerissenen Wohnungen nicht einmal die 7,92 Euro einhalten zu wollen.
Da erkennen wir nicht, dass das Verhalten sich von Immobilieninvestoren unterscheidet. Den damaligen Verkauf des Grundstücks, bzw. der Grundstücke war unserer Meinung nach ein Fehler. Erbpacht wäre die bessere Variante gewesen – damals aber noch nicht wieder üblich.
@ Bärbel
Wenn man dieses alles so vorbereitet hätte, dass die Obdachlosen an einem Tag die alte Stätte verlassen und die neue Stätte benutzen könnten und die neue Stätte im alten Umfeld wäre, wäre alles nicht so schlimm. Aber ausgerechnet im Winter die eine zuzumachen und dann offenbar erst bei der Stadtmission und im Bezirksamt über eine neue Stätte mit dem Reden anzufangen, ist doch wohl so unterirdisch, dass die dafür verantwortlichen alle rausfliegen müßten. Oder sind die Aussagen der Betroffenen und der Presse alle falsch?
Seit dem BER gibt es ja den Spruch „Berlin kann nicht bauen“. Den sollte man besser ersetzen durch „Berlin kann noch nicht einmal planen“, denn das betrifft viele viele Dinge jeden Tag in dieser Stadt mit einer offenbar immer unfähigeren Verwaltung und Politik.
Ich war am Freitag Nachmittag bei einem Teil der Diskussion der Wohnungslosen mit Frau Eidt von der Stadtmission dabei.
Die Idee den Warmen Otto als „Begegnungsstätte“ beizubehalten, bzw. neu zu finanzieren ist ja an sich in Ordnung. Aber auch für diesen Plan erscheint es mir nicht sinnvoll, den Betrieb erst einmal einzustellen – gerade auch in der kalten Jahreszeit – und nach einigen Monaten, wenn die neue Finanzierung geklärt ist, wieder zu eröffnen!
Das Argument, dass sie als Arbeitgeber im Sinne ihrer Mitarbeiter*innen nicht anders handeln könnten (unzulängliche Räume, Gesundheitsschutz, ausreichende Besetzung), ist angesichts manch anderer Verschiebungen von Mitarbeiter*innen von einem SM-Projekt ins andere oder Arbeitsgerichtsprozessen nicht ganz zu glauben.
Anfragen bzw. Anträge zum Warmen Otto in der BVV, Linke und CDU:
https://www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp?VOLFDNR=10944
https://www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp?VOLFDNR=10948
https://www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp?VOLFDNR=10951
In diesem Zusammenhang auch noch Vorlage -zur Kenntnisnahme- über Abschluss der Zielvereinbarung (ZV) Soziale Wohnhilfe mit einigen Anlagen, die über diesen Link geöffnet werden können:
https://www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp?VOLFDNR=10931
Z.B. Leitlinien der Wohnungsnotfallhilfe und Wohnungslosenpolitik (42 Seiten),
Zielvereinbarung zur gesamtstädtischen Steuerung und Weiterentwicklung der Sozialen Wohnhilfen zwischen Bezirksämter und Senatsverwaltungen Soziales und Finanzen (23 Seiten)
und anderes, was eher die Abrechnung bestimmter gewünschter Leistungen betrifft (Produktblätter)
Ja, es ist wirklich extrem problematisch, wenn eine Einrichtung wie der Warme Otto ausgerechnet zu Beginn der kalten Jahreszeit nicht mehr wie immer weiterarbeiten kann. Niemand, zu allerletzt die Berliner Stadtmission, tut dies ohne Not. Verschwörungstheorien und bösartige Unterstellungen helfen da genauso wenig weiter, wie wilde Gerüchte.
Fakt ist:
– Sozialberatung für Osteuropäer:innen geht am Standort weiter
– Postfächer sind bis auf Weiteres zugänglich
– 15 Personen können mit einer Perspektive von 24 Monaten in einer neuen 24/7 Einrichtung untergebracht werden
Zudem wird mit Hochdruck nach Möglichkeiten gesucht, am bisherigen Standort weitere niedrigschwellige Angebote auch unter Coronabedingungen zu ermöglichen (Wäsche waschen, Telefonieren, einfache Hilfen bei Behördenangelegenheiten, einfache Kaltverpflegung)
Wer hier wirklich helfen und unterstützen will, kann sich sicher bei der Stadtmission melden!
Haben eigentlich alle, die da behaupten Internas über Personal zu wissen, schon mal überlegt,
dass diesbezüglich alle aktuellen und ehemaligen Mitarbeiter:innen vermutlich zur Verschwiegenheit verpflichtet sind?
Könnte es vielleicht auch sein, dass da bewusst Halbwahrheiten gestreut werden, denen Mitarbeitende, die sich an die gebotene Schweigepflicht halten, nicht substanziell widersprechen können?
Dieser Text ging als Leserbrief an die TAZ:
Manchmal empfindet mn es als alter Knacker als eine Zumutung, immer noch nicht gestorben zu sein. So eging es mir beim Lesen eures betrüblichen Artikels: Warmer Otto kaltgesstellt!
Denn ich habe als junger Pfarrer Ende 1982 nach lauten Notrufen der „Nichtsesshaftenhilfe“ Levetzowstraße den Gemeindekirchenrat der Heilandsgemeinde 1983 für die spontane Einrichtung einer Wärmestube gewonnen und dann eingerichtet und aufgebaut.
Es war abenteuerlich: In der Ottostraße schräg gegenüber von unserem Gemeindehaus stand noch eines der letzten verfallenen Trümmerhäuser im Bezirk. Das EG und die erste Etage waren intakt geblieben. Der inzwischen sagenhafte Immobilienspekulant Franke wollte das Gebäude abreißen, aber dank seiner „einmaligen“ Güte konnte ich ihn zur Elaubnis überreden, dass wir in dem unten leerstehenden Ladenräumen des ehemaligen „Sargmagazins“ einen gemeindlichen Treffpunkt für die
nächsten Monate bis zum Abriss einrichten durften.
Zum Jahresbeginn 1983 hatte sich eine Ehrenamtsgruppe vo ca. 8 Frauen und Männern gebildet, renovierte und richtete die Räume ein. Fast wäre die Initiative noch am Eröfnungstag gescheitert, denn der Schornsteinfeger durfte die Räme erst freigeben, nachdem der Kaminabzug bis rauf in den 4. Trümmerstock auf Dichtigkeit überpüft war, nur er war nicht über den 1. Stock hinausgelangt, denn der weitere Aufstieg war verbarrikadiert. Aber eine Wärmestube ohne Ofen das ging gar nicht. Da erschien unser praktischer Küster Jürgen H. mit Axt und Säge und „haute“ den Zugang frei, so dass der Schornsteinfeger seine nun mit abenteulicher Kletterei verbundene Kontrollpflicht erfüllte und wir starten konnten.
Diese Erzählung erklärt, wie der Warme Otto zu seinem Namen gekommen ist: Der Ursprung des WO liegt in einem aufgegebenen Kartoffelladen neben einem Sarglager in der Ottostraße.
Das Besondere dieser Geschichte: Der Wame Oto ist die allererste Wärmestube für Obdachlose, die nach 1933 in Berlin eingerichtet wurde. Von Anfang an hatte sie regen Zulauf und das Entsetzen war groß, als wir im Juni 1983 schon wieder mit einem kleinen Otto – Straßenfest schließen mussten.
Es gelang mir nach zäher Suche in den folgenden Monaten einen neuen Laden in der Waldstraße aufzutreiben, was auch damals schon sehr schwierig war. So eröffneten wir im November 1983 den ersten professionellen Wärmestubenbetrieb, vom Senat mit einer Sozialarbeiterstelle gefördert. Ich habe dann um die Sechstage-Öffnung zu erreichen, zäh um weitere Stellen gekämpft. Fast wie ein Wunder erschien es mir, dass dann bis 1986 der Senat jedes Jahr eine halbe Stelle mehr bewilligte, weil sie den großen Bedarf anerkannten und die gemeindlich getragene Arbeit als förderungsfähig beurteilten. Schließlich waren fünf Mitarbeiterinnen auf vier Vollstellen tätig. Anfang der Neunziger zogen wir wieder um in einen noch geräumigeren und sanitär beser augestattenen Laden in der Bugenhagenstraße.
Aber Ende der Neunziger wurde die Finanzlage Berlins und erst Recht die der Evangelischen Kirche hoch problematisch. Alle Gemeinden wurden zum radikalen Stellenabbau gezwungen.
„Von oben“ warnte man uns, wenn der Senat jetzt z.B. die Finanzierung eines schon jahrelangen Stelleinhabers einstellen würde, dürften wir den nicht kündigen sondern müssten weiter beschäftigen. Also die akute Gefahr bestand, dass die Gemeinde nach harter Mittelstreichung des Senats „pleite“ gehen könnte.
Daher traten wir in Verhandlungen mit der Stadtmission ein und sie beschloss bald die Übernahme der Einrichtung.
Ca. 20 Jahre betreiben sie nun die Wärmestube, die am Anfang des 3. Jahrtausends in den von der Lage her noch geeigneteren Beusselkiez umzog und ununterbrochen hoch frequentiert ist.
Mir ist unverständlich wie eine soziale Großorganisation wie die Berliner Stadtmission mit vermutlich hunderten (?) Angestellten es nicht schaffen kann, diese in Moabit ältste und notwendigste Einrichtung der Obdachlosenhilfe offen zu halten. Wenn angeblich auch im Moment niemand für die Neubesetzung von Sozialarbeiterstellen anzuwerben ist, dann gehört es doch zur Kernkompetenz der Stadtmission in Notlagen mit Hilfe Ehrenamtlichen und phantasievollen Provisorien zu überbrücken.
Ich appelliere an die Berliner Stadtmission, dass sie sich besinnt und wenigstens für den kommenden Winter eventuell in Kooperation mit Moabiter Kirchengemeinden eine Übergangslösung für die Offenhaltung des Warmen Ottos in Moabit erfindet und managet.
Michael Rannenberg (Pfarrer im Ruhestand)
Liebe Leute,
ich finde es großartig, dass Ihr Euch so für den „Warmen Otto“, bzw. für Bedürftige / Obdachlose einsetzt. Gleichzeitig sehe ich aber, dass nur Petra Haubentaucher versucht , dem Grund der Probleme näher zu kommen.
Alle anderen sagen: Der/Die sagt dies und das glaube ich nicht oder, der/die könnten doch dieses oder jenes besser machen.
Zugegebenerweise aus der Ferne beobachtet sehe ich, dass die Stadtmission einen Riesenjob macht. Den Leuten dort geht es nicht besser, wenn sie darum in Frage gestellt werden. Sie brauchen Unterstützung!
Warum fragt Ihr sie nicht, auf welche Weise Ihr sie / ihre Arbeit – möglicherweise Warmer Otto oder Ersatz dazu – unterstützen könnt??
Ist es nicht ein bisschen wohlfeil, nur von außen zu kritisieren?
Berliner Woche am 24.11.21 – allerdings nicht wirklich was neues:
https://www.berliner-woche.de/moabit/c-soziales/warmer-otto-schliesst-mitten-in-der-kaeltesaison_a329012
Die BVV hat zum Warmen Otto einen Beschluss gefasst (CDU hat den Änderungsantrag der Grünen hierzu übernommen, Drs. 18/VI):
Warmen Otto offenhalten!
Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:
Das Bezirksamt wird ersucht, den Betrieb des „Warmen Ottos“ in Moabit sicherzustellen.
Hierzu ist gegenüber der Stadtmission mit Nachdruck deutlich zu machen, dass dieser
geöffnet bleiben muss. Entsprechend hat die Stadtmission die personellen Ressourcen
bereitzustellen.
Unberührt der Debatte über eine mögliche Wohnungslosentagesstätte am Alexanderplatz,
für die es derzeitig weder Räumlichkeiten noch einen Träger gibt, spricht sich die BVV dafür
aus, den „Warmen Otto“ auch in Zukunft in Moabit als soziales Angebot aufrechtzuerhalten
und hierfür ggf. dessen Konzeption weiterzuentwickeln.
Wird der kurzfristige Betrieb des „Warmen Ottos“ durch die Stadtmission nicht sichergestellt,
wird das Bezirksamt beauftragt kurzfristig ein*e neue Träger*in mit dem Betrieb des
„Warmen Ottos“ zu beauftragen.
Begründung:
Seit 38 Jahren ist der „Warme Otto“ eine Institution in Moabit und befindet sich seit ca. 10 Jahren am
jetzigen Standort in der Wittstocker Straße im Moabiter Westen. Täglich kommen hier viele
hilfesuchende Wohnungs- und Obdachlose, sowie Menschen mit geringem Einkommen aus dem Kiez
hin, um niedrigschwellig beraten zu werden und Unterstützung zu erfahren. Dazu, haben beim
„Warmen Otto“ viele obdachlose Menschen ihre Postadresse, um Hilfe vom Amt zu bekommen. Die
Miete für die Räumlichkeiten ist gemessen an der Mietentwicklung in Moabit relativ günstig und neue
Räumlichkeiten würden definitiv deutlich teurer sein. Seit Tagen suchen Menschen schon den
„Warmen Otto“ auf, ohne Unterstützung zu erhalten. Es ist unverantwortlich den „Warmen Otto“ als
soziale Anlaufstelle in Moabit zu schließen, zumal dies sehr kurzfristig ist und mit niemandem im
Bezirk abgesprochen wurde. Wir müssen jetzt und schnell handeln.
Es ist schon seltsam, wenn BVV Abgeordnete anordnen wollen, dass der Warme Otto geöffnet bleiben muss.
Vielleicht sollten sich die Abgeordneten vor solchen Beschlüssen erst einmal ernsthaft darüber informieren, wie großzügig (Ironie) Berliner Wohnungslosentagesstätten tatsächlich finanziert werden. Eine solche Anordnung könnte wohl nur dann greifen, wenn die angebotenen Dienstleistungen auch im vollen Umfang refinanziert würden – oder was verstehe ich da falsch?
Und im Blick auf die Personalsituation: Die Zeiten, in denen es arbeitslose Sozialarbeiter:innen wie Sand am Meer gab, sind schon seit einigen Jahren vorbei. Mitarbeitende werden anspruchsvoller und haben die Wahl zwischen vielen Stellen. Dass da der Warme Otto ganz oben auf der Beliebtheitsliste landen würde – ich kann es mir kaum vorstellen.
Hallo Frau Haubentaucher,
die BVV Mitte hat die Mittel für den Warmen Otto 2020 um meines Wissens 100.000 Euro erhöht, auch um die wegfallende EU Finanzierung aufzufangen. Der Warme Otto bekommt vom BA Mitte eine sechststellige Förderung für das Personal und den Betrieb. Am Geld mangelt es hier wahrlich nicht.
Mündliche Anfrage in der letzten BVV:
https://www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp?VOLFDNR=11011
Noch von Elke Breitenbach, der vorherigen Sozialsenatorin, stammt der Masterplan für das Ende der Obdachlosigkeit mit dem Konzept des Housing First. Doch dafür fehlen die notwendigen Wohnungen, schreibt Andrej Holm im MieterEcho von Dezember – und gibt eine Einschätzung zum Ausmaß des Problems in Berlin:
https://www.bmgev.de/mieterecho/archiv/2021/me-single/article/hauptstadt-der-wohnungsnotlagen/
auch andere interessante Artikel zu prekären Arbeitsverhältnissen, Hartz IV usw:
https://www.bmgev.de/mieterecho/archiv/2021/mieterecho-421-dezember-2021/
Eine ausführlich beantwortete kleine Anfrage in der BVV zu den Angeboten des Warmen Otto und der Zukunft (mit Anlagen)
https://www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/ka020.asp?KALFDNR=3741
Da hatte ich gestern abend keine Zeit zum lesen und heute sind die Anlagen raus! Warum?
Komisch, jetzt sind sie wieder da! Vielleicht doch ein Fehler von meinem Computer?
in der BVV am kommenden Donnerstag eine große Anfrage zum Warmen Otto:
https://www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp?VOLFDNR=11249
und eine Vorlage zur Kenntnisnahme:
https://www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp?VOLFDNR=10951