Die Raumstation in der Stendaler Straße 4
Was ist die „raumstation“? Nein, diese hier schwebt nicht im Weltraum. Aber dennoch ist sie im Stephankiez schon etwas Besonderes, auch wenn es ähnliche Bürokonzepte an anderen Orten und in anderen Größendimensionen gibt.
Das alte Fabrikgebäude aus dem Jahre 1880 im Hinterhof der Stendaler Straße 4 beherbergte bis zum 1. Weltkrieg eine Porzellanmanufaktur. Vorderhaus und Quergebäude wurden im 2. Weltkrieg zerstört. An der Straße steht heute ein Wohnhaus aus dem Wiederaufbau-programm. Die Fabrik sollte eigentlich abgerissen werden, doch war das zu teuer. Ein Getränkehandel war dort untergebracht, zum Schluss nutzte eine Schreinerei drei Etagen. Auf der Hofseite gab es einen großer Lastenaufzug, der aber nicht mehr funktionierte, das Dach war kaputt und auch sonst waren jede Menge Reparaturen nötig.
Michael Kloos vom Architekturbüro „raumstar“ erwarb das marode Gebäude vor einigen Jahren bei einer Zwangsversteigerung. Sein Konzept einer Bürogemeinschaft für junge Selbstständige hatte er schon 2006 dem damaligen Betroffenenrat Stephankiez vorgestellt. Das Fabrikgebäude wurde vollständig modernisiert, der Lastenaufzug entfernt und stattdessen große Fenster eingebaut. So sind lichtdurchflutete Räume entstanden. Das Schrägdach wurde zu einer Dachetage aufgestockt. Etage für Etage wurde das Haus auch innen ausgebaut, mit neuen Böden, Sanitäreinrichtungen, Gemeinschafts-küchen und einem Besprechungsraum. Zuletzt kommt bald der Innenausbau des Dachgeschosses an die Reihe. Dann werden die raumstar – Architekten selbst nach oben ziehen.
Schon seit zwei Jahren werden die Schreibtische in den Büroetagen vermietet. Zehn Arbeitsplätze auf jeder Etage. Zur Zeit kommen 30 junge Selbstständige, viele aus Kreuzberg, Prenzlauer Berg, Friedrichshain oder Charlottenburg, hierher zur Arbeit. Sie brauchen nur ihren Computer oder Laptop mitzubringen. Schreibtische, Drucker und Kommunikationsinfrastruktur werden zur Verfügung gestellt. Jeder hat seinen eigenen festen Arbeitsplatz. So ist ein kleines Gründernetzwerk entstanden. Die Leute kommen aus verschiedenen Bereichen wie Architektur, Unternehmensberatung, Sportmanagement, Schriftstellerei, Grafik, Statik, Journalismus, Innenarchitektur, Kommunikationswissenschaft, Kampagnenorganisation oder Programmierung für Webseiten und Datenbanken. Es gibt keine Einschränkung auf bestimmte Branchen. Im Keller ist ein Tonstudio untergebracht, das auch vermietet wird.
Die meisten der „Co-Worker“ haben zunächst einige Zeit zu Hause gearbeitet und wollen das nicht mehr. Ein eigenes Büro zu mieten und einzurichten ist für junge Selbstständige aber oft ein großer Schritt. In der Bürogemeinschaft kann man erst einmal ausprobieren, ob die eigene Geschäftsidee Erfolg hat. Viele Leute, die einzeln arbeiten, sind froh über die neuen geschäftlichen oder auch persönlichen Kontakte. Gegenseitige Hilfe ergibt sich wie von selbst. Bei Bedarf kann in der raumstation professionelles Coaching in Anspruch genommen werden. Einmal im Jahr wird ein Sommerfest gefeiert, das als offene Messe angelegt ist. Jeder hat die Möglichkeit auf einem Messestand seine Produkte vorzustellen.
Die Arbeitsplätze in der raumstation können für mindestens zwei Monate gemietet werden, Kosten ab 175 Euro plus MwSt. Während einer kostenlosen Probewoche kann jeder Interessent ausprobieren, ob das Großraumbüro das Richtige für ihn ist. Etwas besonderes ist das „Raumstipendium“ für nichtkommerzielle Projekte. Die raumstation bietet je zwei Arbeitsplätze für maximal vier Monate zum sehr geringen Preis von 50 Euro an. Hier können Ideen und Konzepte erarbeitet werden zum Beispiel für Anträge auf Fördermittel. Dass dafür ein Bedarf besteht, hat Michael Kloos erkannt, weil er als Architekt lange für NGO’s gearbeitet hat.
Nicht nur sozial ist die raumstation engagiert, sonden auch ökologisch. Über die beste Heizung für die Räume hat Kloos lange nachgedacht. Der Kessel für die neue Zentralheizung wird mit Holzhackschnitzeln befeuert und heizt damit zwei Speicher auf 80o. Geliefert wird das Brennmaterial von einem Bauern aus Brandenburg direkt in den Vorratsraum, aus dem die Spindel es in den Kessel befördert. Einmal in der Woche entleert ein Hausmeister die Asche. Damit ist die raumstation regional vernetzt und unabhängig. Jeden Donnerstag um 17 Uhr findet eine Führung durch das Haus statt. Dafür bitte telefonisch anmelden: 38106184. Wer sich noch einen genaueren Eindruck von den Räumlichkeiten verschaffen will, kann das Album auf Facebook ansehen.
Nachtrag: Wunderbare Raumstation-Fotos bei Moabit-Ist-Beste
Film in englischer Sprache:
https://www.youtube.com/watch?v=KWI10QSgUqs
Seit April 2020 wird der Strom für die Raumstation auf dem eigenen Dach selbst erzeugt. Schaut es Euch an.
Vielen Dank für den netten Bericht!
Die raumstation grüßt Moabit –
Bis zum 14. Januar läuft die Frist für eine Bewerbung auf die beiden Arbeitsplätze für je 50 Euro im Raumstipendium, siehe hier:
http://de-de.facebook.com/pages/Raumstation-l-coworking-in-berlin-l-burogemeinschaft/150761404953588?v=wall&viewas=0
und schon bekommt die Raumstation Konkurrenz in Moabit West, aber Konkurrenz belebt ja bekanntlich das Geschäft (dieses Wochenende Eröffnung):
http://www.houseofclouds.de/
So gemütlich wie in der Raumstation wird es in den 14 Stockwerken im Debis-Hochhaus am Potsdamer Platz bestimmt nicht:
https://www.berliner-zeitung.de/berlin/coworking-am-potsdamer-platz-us-anbieter-mietet-14-etagen-des-ehemaligen-debis-turms-29023780
Seit April 2020 wird der Strom für die Raumstation selbst produziert, schaut es Euch an:
https://www.raumstation-berlin.net/blog/gruener-strom-fuer-die-coworker-der-raumstation