Reisen ohne Rückkehr
Journeys With No Return ist eine Wanderausstellung, die in Istanbul, London und Berlin gezeigt wird. Inspiriert von dem Gedichtband ‚Journeys with no Return‘ des berühmten türkischen Schriftstellers und Politikers Nâzým Hikmet, erkundet dieses Projekt den Einfluss türkischer Migration auf zeitgenössische Kunst und im weiteren Rahmen die Auswirkungen der globalen Migration.
Journeys With No Return basiert auf Kommunikation und Diskussion. Das 2006 begonnene Projekt schließt stipendiengestützte Künstler-Aufenthalte und Symposien in allen drei Städten ein und hat in jeder Stadt eine andere Form. In Istanbul war Journeys With No Return im Herbst vergangenen Jahres, in London im Februar 2010 zu erleben. Die jetzt stattfindende Berliner Ausstellung, durchgeführt in Zusammenarbeit mit dem von Künstlern geleiteten Ausstellungsraum Kurt-Kurt, richtet sich sowohl an das internationale Publikum der 6. Berlin-Biennale, als auch an das lokale Publikum von Moabit.
Während des Wiederaufbaus Nord-Westeuropas in der Nachkriegszeit ließ der Arbeitskräftemangel die Regierungen ungelernte Arbeiter aus den ehemaligen Kolonien sowie aus Regionen Südeuropas und von jenseits der europäischen Grenzen rekrutieren. Diese Einwanderer ermöglichten den Wirtschaftsboom der Nachkriegsjahre und die neue Konsumkultur in Westeuropa. Und viele dieser Gastarbeiter blieben dauerhaft. Doch in den letzten 15 Jahren hat eine neue Form der Migration die ältere, geplante Bewegung der Arbeitskräfte zwischen Nord und Süd ersetzt. Globalisierung, Krieg, Klimawandel und die immer größer werdende Kluft zwischen reichen und armen Nationen haben Migration von unvorstellbarem Ausmaß in allen Teilen der Welt erzeugt. Im Jahr 2008 beteiligten sich schätzungsweise 217 Millionen Menschen an der weltweiten Migration. Viele werden nie an den Ort ihrer Herkunft zurückkehren.
Die meisten der 15 Künstlerinnen und Künstler von Journeys With No Return haben Migrations-Hintergrund. Sie arbeiten mit verschiedensten Medien: Film, Video, Fotografie, Installation und Zeichnung. Ihre Arbeit basiert auf poetischen, menschlichen Gefühlen und realen Erfahrungen. Sie äußern sich mit Methoden der Kommunikation, die den Mainstream und populäre kulturelle Formen widerspiegeln.
Künstler/innen
Kiran Kaur Brar, Ergin Çavusoglu, Adam Chodzko, Jürgen Eisenacher, Margareta Kern, Melanie Manchot, Olaf Nicolai, Denizhan Özer, Maya Schweizer, Zineb Sedira, Nasan Tur, Clemens von Wedemeyer
Kuratoren
Levent Çalikoglu, Peter Cross und Alice Sharp in Zusammenarbeit mit Simone Zaugg und Pfelder und in Assoziation mit dem Kunstverein Tiergarten. Ausstellungs-Koordinator: Denizhan Özer
Ausstellungsort
Kurt-Kurt, Lübecker Straße 13, 10559 Berlin
Eröffnung
Freitag, 11.06.2010, 19 Uhr, in Anwesenheit der Kuratoren des Projektes Alice Sharp und Peter Cross
Ausstellungszeitraum
12.-20.06.2010, Fr-So, 14-19 Uhr oder nach Vereinbarung
Sonderöffnung am Do, 17.06.2010, 20-23 Uhr zu den Moabiter Kulturtagen Inselglück
Künstlergespräche
Die Kuratoren von Journeys With No Return werden am Samstag, dem 12.06.2010, 14 Uhr mit Margareta Kern und Melanie Manchot, und Samstag, 19.06.2010, 16 Uhr mit Denizhan Özer über die Ausstellung und ihre Themen referieren. Am 19.06. wird die Präsentation auch in türkischer Sprache erfolgen.
Filmvorführung
Am Samstag, dem 12.06.2010 werden für eine ganze Nacht Videoarbeiten von Künstlern der Ausstellung in der Luxus Bar, Belforter Straße 18, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg, vorgeführt werden.
Ein Katalog in deutscher, englischer und türkischer Sprache ist im Kurt-Kurt Projektraum erhältlich.
Dieses Gedicht von Nâzým Hikmet inspirierte das Entstehen des Projekts:
Angina pectoris
Wenn die Hälfte meines Herzens hier ist, Doktor, –
die andre Hälfte ist in China
mit der Armee, die hinabzieht, dem Gelben Fluß zu,
und an jedem Morgen, Doktor,
an jedem Morgen, wenn es dämmert,
wird mein Herz in Griechenland erschossen.
Und wenn die Gefangenen einschlafen,
die letzten Schritte im Krankenbau verstummen,
geht mein Herz fort, Doktor,
geht es fort, einem kleinen Holzbau zu in Istanbul.
Auch habe ich seit zehn Jahren, Doktor,
nichts in den Händen gehabt, was ich meinen Leuten hätte
geben können,
nichts als einen Apfel,
einen roten Apfel – mein Herz.
Ich schaue die Nacht durch die Gitter,
und trotz all dieser Wände, schwer lastend mir auf der Brust,
schlägt mein Herz mit dem fernsten Gestirn.
All diese Dinge, Doktor,
und nicht etwa Arteriosklerose
oder Nikotin oder das Zuchthaus,
sind die Ursachen meiner Angina pectoris.
(Nâzým Hikmet, 1948)
Interessantes über Nâzým Hikmet und seiner von Migration geprägten Familiengeschichte ist hier nachzulesen.
Ein aktuelles Interview mit Simone Zaugg und Pfelder, den „Machern“ von Kurt-Kurt in der Lübecker Straße 13, ist auf der Seite des QM Moabit-Ost erschienen:
http://www.moabit-ost.de/Kunst-und-Kontext-Interview-mit-Simone-Zaugg-und-Pfelder.564.0.html
Klasse interview, doch wer hat dieses geführt ? Und wir brauchen mehr Kulturorte in der Moabiter Kulturwüste !
unten steht „kh“, das ist doch bestimmt Kerstin Heinze, die Kiezreporterin von Quartiersmanagement Moabit-Ost!
und es gibt noch mehr Berichte von den Moabiter Kulturtagen aus Moabit-Ost:
http://www.moabit-ost.de/Erste-Eindruecke-der-Moabiter-Kulturtage.565.0.html
http://www.moabit-ost.de/Kulturtage-Viel-war-s-und-gut-war-s.566.0.html
und aus Moabit-West:
http://www.moabitwest.de/Inselglueck-2010-Die-Moabiter-Kulturtage.3354.0.html
http://www.moabitwest.de/Moabiter-Kiezfest-2010.3432.0.html