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Bülow-Platz 1897

Am Rande des Kinderspielplatzes an der Ecke Rathenower Straße/Seydlitzstraße liegt ein rosagrauer Findling mit der Aufschrift „Bülow-Platz 1897“. Auf diesen Stein aufmerksam gemacht hat mich Albrecht Selge, als er mich über Twitter fragte, ob ich etwas über diesen Stein wisse. Und nein, ich wusste nichts, musste mich kundig machen.

Sich kundig machen geht heute am ein­fach­sten über das Internet. Dort wurde ich auf der Suche nach Bülow-Platz auch schnell fündig und lernte, dass es einen Bülow-Platz in Berlin nur zwischen 1910 und 1933 gab, der heute Rosa-Luxemburg-Platz heißt. Auch die Suche nach „Bülow 1897“ liefert relativ schnell ein Ergebnis: Im Jahr 1897 hielt der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Bernhard von Bülow, im Reichstag eine Rede, in der er einen „Platz an der Sonne“ für das deutsche Reich forderte.

Das passte nicht so recht zusammen, es muss doch eine andere Erklärung für die Inschrift auf dem Stein geben. Angesichts der Tatsache, dass die Zahl der bekannten Personen aus der Familie von Bülow nicht gerade klein ist, müsste man auch erst einmal feststellen, wer aus der Familie überhaupt gemeint ist. So fragte ich erst einmal einige Moabiter, von denen ich weiß, dass sie sich mit der Geschichte Moabits auskennen, und schließlich auch das Grünflächenamt des Bezirks Mitte. Aber leider konnten auch diese Quellen nichts zur Geschichte des Steins beitragen.

Ein Anfrage beim Mitte-Museum lieferte schließlich eine neue Spur. Vom Amt für Weiterbildung und Kultur, Fachbereich Geschichte beim Bezirksamt Mitte erreichte mich Ende Juli eine E-Mail, aus der ich zitiere:

Der Stein steht vermutlich mit dem 4. Garderegiment zu Fuß in Verbindung, das in Moabit stationiert war. Karl von Bülow (1846–1921) war bis 1897 der Kommandeur.

Das Regiment existierte bereits seit 1860 und war u.a. am Deutsch-Dänischen Krieg 1864 beteiligt (Schlacht bei Düppel), aber auch an der Niederschlagung des Aufstands der Herero und Nama im damaligen Deutsch-Südwestafrika 1904–1908. Seit 1893 war es in Moabit stationiert („Die Moabiter Veilchen“), in den 1891–1893 errichteten Kasernen in der Rathenower Straße 9–18, Seidlitzstraße 12/13 und 15/16. Dahinter befand sich der Exerzierplatz (heute u.a. Fritz-Schloss-Park). Die Kasernenbauten Rathenower Straße 9–10 und 11–12 sind bis heute erhalten.

Der Stein könnte auf dem Militärgelände einen Platz gehabt haben. Wegen des genannten Datums 1897 könnte er in Zusammenhang mit der Verabschiedung des Kommandeurs gestanden haben, Karl von Bülow. Aber das sind nur Vermutungen.

Mit dem Bülowplatz, dem heutigen Rosa-Luxemburg-Platz, hat er – das sehen wir genauso – nichts zu tun. Er ist vielmehr als ein historisches Zeugnis für die Rolle Moabits als Militärstandort im 19. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu betrachten.

(In der Wikipedia findet man Artikel zu Karl von Bülow und zum 4. Garderegiment zu Fuß.)

Dazu erhielt ich noch weitere Hinweise auf Quellen, bei denen ich nachforschen kann, um diese Vermutung zu erhärten oder zu widerlegen. Ergänzungen folgen hier, falls sich neue Erkenntnisse ergeben.


3D-Ansicht der Ecke Rathenower Straße (links) und Seydlitzstraße aus Apple Maps

Findling „Bülow-Platz 1897“
Rathenower Straße Ecke Seydlitzstraße,
10557 Berlin

 

Gastautor und Foto: Vilmoskörte
Artikel zuerst erschienen auf vilmoskörte.de

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