Klein, aber oho: Romeos „Il Buco“ in der Waldstraße
„Ich bin dann mal bei Romeo im Loch.“ Wie bitte? Romeo ist „il Cheffe“, der Boss einer kleinen Pizzeria in der Waldstraße, die den Namen „Il Buco“ trägt, zu deutsch eben „Das Loch“. Auf italienisch klingt das viel freundlicher, „buco“ bedeutet dort eher so etwas wie „kleine Höhle“. Das Lokal ist mit seinen rund 20 bis 25 Plätzen in der Tat klein. Es existiert an dieser Stelle schon seit 30 Jahren, Romeo gehört es seit 15 Jahren. Er führte bereits mehrere Lokale, u.a. in Hoppegarten und Marzahn, bevor er es von einem Freund übernahm. Der heitere 54-jährige, der immer einen kessen Spruch auf den Lippen hat, stammt aus den Abruzzen. Er hat aber die meiste Zeit in Norditalien in der Nähe von Como gelebt, bis es ihn vor rund 28 Jahren nach Deutschland verschlug. Aber „das ist eine lange Geschichte“, lacht Romeo. „Ich studierte in Paris Fotografie, und hatte einen Job in New York. Aber da ich zu dieser Zeit auch eine Freundin in Berlin hatte, war ich vorher noch eine Woche zu Besuch hier. Und da lernte ich die Freundin meiner Freundin kennen. Wegen ihr bin ich hier geblieben.“ Inzwischen hat er sie geheiratet, „aber sonst wäre ich jetzt in New York!“
Nach Italien fährt Romeo jedes Jahr zwei Mal länger, „um Weihnachten herum für 10 Tage und für einen Monat Urlaub im Sommer. Da geht es mal da und dort hin, nach Cinque Terre oder Como oder…“ Er trifft gern auch seinen Bruder und Freunde. „Ich liebe Italien. Von der Politik mal abgesehen ist es ein wunderschönes Land, aber ich iiebe auch Deutschland.“ Nach Unterschieden zwischen Italien und Deutschland befragt, fällt ihm schnell etwas ein: „Alles ist langsam in Italien, in Deutschland dagegen geht alles schneller, aber da ist auch mehr Stress. In Italien ist alles locker, aber das verändert sich dort gerade. Früher war auch hier alles anders, die Leute hatten mehr Geld, und hier“, er deutet auf seine Tische mit ein paar späten Mittagsgästen, „war es früher immer voll.“ Musiker, Professoren, Studenten, Deutsche, Italiener, alle kommen zu ihm. Mittags ist manchmal richtig Stress, „da kommen die Leute aus den Büros rundherum“, abends dann die Anwohner. Ende des Monats haben viele Leute weniger Geld in der Tasche, was sich bemerkbar macht, „an den letzten 10 Tagen im Monat essen die Leute weniger.“ Am meisten bestellt wird „Penne alla Mamma“, das sind Nudeln mit Hähnchenbrustfilet, Spinat und Champignons. Er und seine beiden Kollegen bereiten Spezialitäten aus ganz Italien zu, und es gibt immer mal etwas Neues, z.B. Salsiccia mit Nudeln oder auf der Pizza. „Wenn ich sehe, dass die Leute etwas nicht mehr bestellen, dann nehme ich es von der Karte.“ Er selbst isst am liebsten Pasta, und ein oder zwei Mal in der Woche auch Pizza. „Ich bin jeden Tag von 12 bis 23 Uhr hier, die anderen jeweils für ein paar Stunden.“ Im „Il Buco“ macht jeder alles, die drei Männer können sich gegenseitig ersetzen.
An der Wand hängen einige Fotos, die Romeo selbst gemacht hat, und er ist auch musikalisch. Er liebt besonders Jazz, weshalb im „Il Buco“ oft Jazzradio läuft. Schon als Junge verehrte er Carlos Santana, jetzt spielt er Saxofon. Bei seinen Besuchen in der Gegend von Como trifft er ab und zu alte Freunde und musiziert zusammen mit ihnen. Romeo wohnt in Lankwitz und fährt jeden Tag mit dem Auto nach Moabit. In Lankwitz ist es „anders, viel ruhiger. Und das brauche ich auch, dort gibt es mehr ältere Leute, in Moabit dagegen eher eine Mischung und viele Türken und Araber, aber immer weniger Deutsche.“ In diesem Moment kommt gerade Stammkunde Ralle vorbei: „Aber nicht wegen Romeo, sondern wegen des guten Kaffees.“ Bei ihm wurde gerade in den Keller eingebrochen, stöhnt er. Ralle ist verheiratet mit einer Italienerin, die allerdings nicht bei ihm in Moabit wohnt, die er aber oft in der süditalienischen Region Apulien besucht. Warum der Kaffee in Italien überall schmeckt, in Deutschland dagegen oft nicht? Romeo erzählt, dass er hierzulande schon in einem Lokal seinen Espresso bezahlt hat, ihn dann aber nicht trank, weil er zu bitter war. Das Geheimnis? „In Italien haben wir viel weicheres Wasser als hier in Berlin.“ Und dann gibt es auch noch Tricks, wie den, dass „man den Kaffee bei Regenwetter anders mahlen muss als bei trockenem.“
Vergrößern möchte er sein Lokal nicht, denn das birgt auch Risiken, „also lieber klein bleiben.“ Er müsste dann auch den Namen wechseln, denn „Das Loch“ würde ja nicht mehr passen. Seine Zukunft sieht Romeo im „Il Buco“. „Aber in 10 Jahren,“ sagt er, „da bin ich weg.“ Was er dann gleich wieder relativiert: „Vielleicht arbeite ich dann weniger Stunden.“ Ja, ein paar Monate im Jahr in Italien das Leben zu genießen, das wäre schön, „aber ich kann nicht immer im Urlaub bleiben, das würde mir zu langweilig.“
Il Buco, Waldstraße 60, 10551 Berlin, Tel. 66305704
Text: Gerald Backhaus, Fotos: Kerstin Heinze
Zuerst erschienen in der moabiter INSELPOST, Nr. 12, Januar 2013