Wer war Ellen Epstein?
Die neue Straße am Rande Moabits, die das Gewerbegebiet im sogenannten Block 9, also zwischen der Quitzow-/Siemensstraße und der Bahntrasse, erschließen soll, wird nach Ellen Epstein benannt. Der erste Bauabschnitt von der Perleberger Brücke bis zur Wilhelmshavener Straße wird gerade gebaut.
Wer war Ellen Epstein? Sie stammte aus Schlesien, war Pianistin und bildende Künstlerin. Geboren am 28. September 1898 in Breslau (Wroclaw), wuchs sie in Kattowitz (Katowice) auf, lebte dann über 25 Jahre in Berlin, zusammen mit ihrer Mutter und Schwester in der Innsbrucker Straße 5 in Schöneberg. Als Ellen Epstein 11 Jahre alt war, starb ihr Vater Salomon Epstein, ein Justizrat, der in der jüdischen Gemeinde von Kattowitz eine wichtige Rolle spielte. Dort ist er auch begraben.
Wann genau Ellen Epstein nach Berlin kam, ist nicht bekannt. Im jährlich erscheinenden Berliner Adressbuch von 1915 findet sich ein Eintrag für die Mutter. Ellens Schwester Margot wurde 1908 im Pestalozi-Fröbel-Haus zur Kindergärtnerin ausgebildet und arbeitete von 1909 bis 1912 in Kattowitz in diesem Beruf. Später schrieb sie als Journalistin für Berliner Tageszeitungen. Auch sie hatte großes Interesse an Musik. Ellen Epstein wollte Innenarchitektin werden und nahm zunächst Malunterricht bei Eugen Spiro. Nach einem Vorspiel wurde sie von Artur Schnabel in die Klavierklasse aufgenommen und nahm noch bei weiteren zur damaligen Zeit bekannten Pianisten Unterricht. Sie spielte in vielen Konzerten klassische Werke, setzte sich aber ganz besonders für moderne zeitgenössische Komponisten, wie Norbert von Hannenheim, Heinz Tiessen und Kurt Weill, ein, deren Werke sie auch uraufführte. Viele junge Komponisten kannte sie persönlich. Sie trat nicht nur in Berlin, sondern auch in Breslau, Danzig, Frankfurt am Main, Hamburg, Heidelberg, Königsberg, Leipzig, Mannheim und München auf. Sie spielte auch mit dem Berliner Symphonieorchester. Zwei Konzertreisen im Jahr 1933 nach England sind bekannt.
Neben dem Klavierspiel fertigte sie Scherenschnitte von bekannten Komponisten, Musikern und Künstlern an, von denen einige in Zeitungen erschienen. Aber auch heute eher unbekannte Komponisten der 20er Jahre, wie etwa Arseni Avraamov, ein russischer Komponist, der 1922 in Baku eine Sinfonie für Fabriksirenen schrieb, hielt sie im Scherenschnitt fest. Die meisten von ihnen entstanden Ende der 20er Jahre. In den Jahren 1938/9 erschienen Scherenschnitte von Mitarbeitern des Jüdischen Kulturbundes.
Ellen Epstein kannte viele Musikkritiker und wie gesagt zeitgenössische Komponisten persönlich. Mit Begeisterung verfolgte sie die Entwicklung neuer elektrischer Instrumente, so studierte sie ein Programm für die Vorstellung des Elektrochords von Oskar Vierling bei der 9. Großen Deutschen Funkausstellung im August 1932 in Berlin ein. Ebenso wie ihre Schwester blieb sie unverheiratet. Über ihre Freundschaft mit Felix Abraham, einem engen Mitarbeiter von Magnus Hirschfeld im Institut für Sexualwissenschaften, geben zwei Briefe Auskunft. Wir können uns heute aus den wenigen erhaltenen Zeugnissen zwar kein genau belegbares Bild machen, uns aber vorstellen, dass Ellen Epstein eine moderne junge Frau war, die zeitgenössische Musik liebte und allem Neuen sehr aufgeschlossen gegenüberstand. So erklärt sich auch die Äußerung eines Cousins Jahrzehnte später in seinem Erinnerungsbuch „die waren mir zu avantgard.“
Nach der sog. Machtergreifung der Nationalsozialisten konnte Ellen Epstein keine Konzerte mehr geben, Im August 1935 wurde sie aus der Reichsmusikkammer ausgeschlossen, was faktisch ein Berufsverbot bedeutete. Eine kurze Zeit lang erteilte sie wohl noch Klavierunterricht, bis ihr im Oktober 1936 auch der „Unterricht für arische Jugendliche“ verboten wurde.
Die Mutter Monika Anna (Minna) starb am 26. Mai 1942 und wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Weißensee beerdigt. Im Oktober 1942 wurde Ellen Epstein zusammen mit ihrer acht Jahre älteren Schwester Ruth Margot vom Güterbahnhof Putlitzstraße deportiert und nur ein paar Tage später in Riga ermordet. Vermutlich ist auch sie unter den Augen der Moabiter Bevölkerung von der Synagoge in der Levetzowstraße bis zum Deportationsweg, der von der Quitzowstraße aus auf das Gelände der Militärgleise führte, getrieben worden. Ein Gedenkort soll hier als Erinnerung eingerichtet werden.
Hans Hirschel, der in einer präparierten Bettcouch durch Maria Gräfin von Maltzan vor der Gestapo gerettet wurde, war ein Cousin der Epstein-Schwestern.
Alle Informationen über das Leben von Ellen Epstein sind einer ausführlichen Forschungsarbeit des Pianisten Herbert Henck entnommen, die sämtliche erhaltenen Briefe und Dokumente beschreibt und allen erhaltenen Spuren des Lebens der beiden Schwestern nachgeht.
Für die Verwendung des Fotos danke ich der Durham University Library, Großbritanien, wo sich das Bild im Nachlass der Komponistin Else Headlam-Morley befindet.
[…] ist die Straße im Gedenken an Ellen Epstein, eine jüdische Pianistin, die 1942 vom Güterbahnhof Putlitzstraße deportiert und nur ein paar […]
Diese grausame BARBARISCHE
Deutsche Zeitgeschichte! muss uns VIEL belehren!!!!
Besonders jetzt wo
Wir in einer globalen Welt leben!