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Denkmalschutz absurd. Was macht der Betonklotz in der Lehrter Straße?

Viele mögen sich schon gefragt haben, was denn der große Betonklotz mit den unregelmäßig verteilten Fensterflächen Lehrter / Ecke Kruppstraße eigentlich sein soll. Um Euch nicht lange auf die Folter zu spannen: da drin verbirgt sich Atelier und Büro der international anerkannten Künstlerin Katharina Grosse.

Obwohl sie nur wenige Anwohner kennen, wird sie im Lehrter Kiez scherzhaft ‚Katharina die Große‘ genannt, denn das ganze Gebäude hat nur 2 Stockwerke, von denen jedes wohl mindestens 5 Meter hoch sein muss. vonkrupp_2geb-aus-klein_st.jpgKritisch hatte der Betroffenenrat Lehrter Straße reagiert, als Anfang 2007 die Baugenehmigung und Modellfotos der Kreuzberger Architekten Augustin und Frank bekannt wurden.

Einfriedungsmauer und das ganze Ensemble der noch erhaltenen ehemaligen Heeresschneiderei-Gebäude stehen unter Denkmalschutz. Doch das half nichts. Die denkmalgeschützte Mauer würde durch den ‚darüber schwebenden‘ hellen Beton nur um so besser zur Geltung kommen, argumentierte Herr Metz von der Genehmigungsbehörde. Einer Auflage des Denkmalschutzes ist es zu verdanken, dass der Klotz so hoch geworden ist. Ursprünglich wollte die Künstlerin gar nicht so hoch hinaus, doch musste die Höhe des alten im Krieg zerstörten Backsteingebäudes eingehalten werden. Die ‚Kubatur‘ muss stimmen! Denkmalschutz dankeschön!

Die Befürchtung von Anwohnern, dass der Klotz im Frühjahr und Herbst seinen Schatten in den Vorgarten der Eisdiele auf der anderen Straßenseite werfen würde, hat sich glücklicherweise als falsch herausgestellt. Über Geschmack läßt sich bekanntlich streiten und über Architektur ganz besonders. Von Zeit zu Zeit sind Studenten an der Ecke zu entdecken, Fotoapparate klicken, ich kenne allerdings keine Anwohner, die das ganze für eine Augenweide halten.

Zwei weitere Gebäude können dort noch errichtet werden, eines an der Kruppstraße und eines etwas zurückgesetzt parallel zur Lehrter Straße. Wir dürfen gespannt sein.

Bilder aus dem Inneren auf der Webseite der Architekten (auf filtern klicken).

Das Ateliergebäude im Baunetz und bei competitionline.

Nachtrag 2009:

Nachtrag 20013:

Nachtrag 2014:
Katharina Grosse bekommt den „Großen Staatspreis für Bildende Kunst Baden-Württemberg„.

Ein Besuch mit der Berliner Morgenpost in ihrem Atelier.

 

Nachtrag 13. Juni 2020

Blick in die Ausstellung im Hamburger Bahnhof

Vom 14. Juni 2020 ist bis 10. Januar 2021 sind mit der Ausstellung It Wasn’t Us raumgreifende und knallbunten Arbeiten von Katharina Grosse in der historischen Halle des Museums für Gegenwart „Hamburger Bahnhof“ zu sehen. Aus der Halle heraus erstreckt sich die gesprühte Malerei in den öffentlich zugänglichen Raum – auch wenn es sich um Privatstraßen handelt – und auf einen Teil der Außenwand der Rieckhallen. Eine fast schon symbolische Ankündigung dessen, dass die CA Immo, Eigentümerin der Rieckhallen, in der sich derzeit noch die „Flick-Collection“ befindet, diese Hallen Ende 2021 größtenteils abreissen will.

Aus dem Hamburger Bahnhof erstrecken sich die Malereien hinaus an die Rieck-Hallen

16 Kommentare auf "Denkmalschutz absurd. Was macht der Betonklotz in der Lehrter Straße?"

  1. 1
    thosch says:

    tja was soll man sagen, ein Paradebeispiel für die banale Architekturmoderne. Ich dachte erst für den Klotz wäre das auch hier ansäßige Architekturbüro SauerbruchHutton verantwortlich, da hatte ich mich wohl getäuscht. Leuten die mich besuchen werde ich erzählen es handelt sich um einen WWII Bunker, mal sehen ob sie mir das abkaufen.

  2. 2
    slabarre says:

    Mir gefällt der Klotz.
    Es gibt ein Aussen und ein Innen.
    Über das Aussen gibt es vielfältige meist negative Ansichten, zu dem ich hinzufügen möchte, dass ich als alter Raumschiff Enterprice Fan schon immer mal ein Borgschiff sehen wollte, ein Raum der eine gewissen Kälte und Unmenschlichkeit symbolisiert, irgendwie geheimnissvoll.
    Wenn ich dann Frau Grosse am Schreibtisch sitzen sehe, denke ich mir, es ist vielleicht eine einfache schlichte Form, die die Richtung in der Sie kreativ sein will nicht vorbelastet.
    Ausserdem bietet die Fassade zur Kruppstrasse ein ideal große Projektionsfläche.
    Spaßes halber könnnte man ja mal eine der vorhanden Fassaden der Umgebung per Beamer auf den Klotz werfen.- Wäre total langweilig.
    Und es gibt noch das Innen, das ich mir, ohne es zu kennen, fantastisch vorstelle. Viel Raum, viel Licht, ein paar Perspektiven in die Umgebung. Interessant wäre zu wissen, was Frau Grosse sich dabei gedacht hat, als Sie den Bau plante. Vielleicht sollte ich Sie einfach mal besuchen.

  3. 3
    Susanne Torka says:

    Danke für die Kommentare! Lieber thosch, dein Empfinden kann ich total nachvollziehen, wenn ich auch Sauerbruch&Hutton schätze für ihr ökologischen Bauen. Lieber slabarre, Du hast auch irgendwie recht. Denn auf das „Innen“ bin auch ich gespannt, obwohl ich nicht glaube, dass es Katharina Grosse ist, die Du am Schreibtisch beobachten kannst. Die wird sich eher in Korea, Brisbane, Zürich oder sonst wo aufhalten, wie man ihrer Website http://www.katharinagrosse.com/ entnehmen könnte. Vielleicht kommen wir ja mal rein? Kann mir sehr gut vorstellen, dass die Lichtverhältnisse im Atelier perfekt sind, aber hilft das für die Perspektive der Anwohner? Vielleicht haben wir Glück und im Rahmen von „Inselglück“ führt uns eine Atelierführung vielleicht mit Friederike Hauffe auch in dieses Atelier und wir können unsere Neugier auf das „Innen“ befriedigen

  4. 4
    Jürgen Schwenzel says:

    Und was mussten die Besucher der am Ostermontag nach der Winterpause wieder geöffneten Eisdiele gegenüber dem Betonklotz erleben, die schon wärmende Sonne im Vorgarten der Eisdiele geniessen wollten: Zumindest zu dieser Jahreszeit mit dem niedrigen Sonnenstand ist der Nachmittag jetzt sonnenmäßig früher zu Ende, wirft doch „der Klotz“ dann einen Schatten. Im Frühjahr treffen also die Verschattungsbefürchtungen der Nachbarn zu, die im Vorfeld des Baus geäußert wurden.

  5. 5
    Susanne Torka says:

    Das ist ja mal interessant! Ich hatte mich beruhigen lassen, dass es mit dem Schatten doch nicht so schlimm kommt. Aber ich habe noch etwas interessantes im Netz gefunden. Der „Klotz“, dem er anscheinend auf dem Weg vom Flughafen Tegel nach Mitte begegnet ist, hat Gedanken über das Verhältnis von Kunst und Geld initiiert und Andreas Koch zu einem Klaus Staeck nachempfundenen Plakat aniemiert „Künstler! vonhundert will euch eure Villen im Tessin wegnehmen!“ Seht selbst: . Hier noch ein Hinweis an die Taxen: die Lehrter Straße ist eine Wohnstraße!

  6. 6
    Kira M. says:

    Ich finde den „Klotz“ faszinierend. Gegenüber sitzend kann man seine Fantasie schweifen lassen, ihn in Gedanken bemalen, besprayen, ihn auf ein Schiff versetzen……
    Seine leeren Wände laden doch gerdezu ein um über die Umgebung zu informieren, man könnte auch das Innen nach Außen kehren, die Wände durchsichtig werden lassen, indem man sie so bemalt als seien sie nicht da. So wird der Blick auf das „geheimnisvolle“ Innere eröffnet. Wie wär“s mit einer Reportage über das Innere liebe Frau Torka & Co.?

  7. 7
    Quitzow says:

    Der sogenanne Klotz ist ein Atelier. Auf der Insel Manhattan oder in Montréal regte sich deswegen niemand auf. Übrigens gemaht der Bau an eine zietgnössische Entwicklung der Bauhausidee. Es paßt doch zu Moabit und zu Berlin sehr gut. Mögen andere Künstelr ausgefallenen Ateliewrs in der Gegend erbauen lassen.

  8. 8
    Susanne Torka says:

    Beim Lehrter Straßenfest vor den Sommerferien versprach Katharina Grosse eine Besichtigung für die Anwohner. Wann es soweit ist? Keine Ahnung? Aber wer nicht so lange warten will, kann sich auf der Website der Architekten des Atelierhauses, Augustin und Frank, einen ersten Eindruck verschaffen:
    http://www.augustinundfrank.de/20_verwaltung.html

  9. 9
    vilmoskörte says:

    Wo Alt und Neu so dicht aufeinander treffen, gehen die Stimmungswogen hoch: die einen sind empört, die anderen begeistert. Ich gehöre ganz klar zu Letzteren – historisierende Bauten haben wir doch schon genug in Berlin.

  10. 10
    suse says:

    Ein Interview mit der Künstlerin findet sich im heutigen Tagesspiegel:
    http://www.tagesspiegel.de/zeitung/Sonntag-Sonntag-Katharina-Grosse;art2566,2766271

  11. 11
    Jürgen says:

    … und wer endlich mal Werke von Katharina Grosse im Original sehen will, kann dies ab Donnerstag, 9.4.2009, 21.00Uhr (Vernissage) in der Temporären Kunsthalle Berlin am Schlossplatz, ihre Ausstellung „shadowbox“ ist dort bis zum 14. Juni 2009 zu sehen.

  12. 12
    Jürgen Schwenzel says:

    Hier einige Eindrücke zur Aussstellung:

    Und auf eine von mehreren Veranstaltungen am Sonntag, 03. Mai 2009, 15 Uhr, in der Temporären Kunsthalle wollen wir besonders hinweisen (weitere im Veranstaltungskalender), die sich mit dem Entstehen ihres Ateliers in der Lehrter Str. 57 befasst:

    “Ich wünsche mir ein großes Atelier im Zentrum der Stadt” ist der Titel einer Buchpräsentation mit Katharina Grosse hierzu:
    Die Idee für das ideale Atelier ist geprägt von individuellen Bedürfnissen und Entscheidungen. In enger Zusammenarbeit mit Katharina Grosse hat das Büro Augustin und Frank Architekten ihr Atelier in Berlin Mitte geplant und 2007 realisiert. Entstanden ist ein kompakter Kubus aus Stahlbeton, der Arbeitsräume, Lager, Archiv, Büro- und Wohnräume beherbergt. Im Mittelpunkt der Publikation steht, neben umfangreichem Bildmaterial, der Dialog zwischen der Künstlerin und den Architekten.

  13. 13
    Rané says:

    Nun, vielleicht braucht es einen „Klotz“, um ganz andere und gute Projekte zu entwickeln oder eine Moabiter Gefängniszelle, um wirklich gute Drehbücher zu schreiben. Ich würde ein Atelier in Ei-Form bevorzugen oder andere runde Formen ähnlich unseres Planetensystems. Stelle mir grad vor, unsere Sonne strahlt quadratisch oder der Mond leuchtet als gleichschenkliches Dreieck *ggg*. Obwohl Dreicksformen auch Vorteile haben (siehe Pyramiden), aber da gabs doch mal einen Kunstforumsartikel über „das gequälte Quadrat“. Haben nicht die Holländer die quadratische Tomate „entwickelt“, wegen der besseren Stapelmöglichkeit ? Da bevorzuge ich, wie z.B. in Frankreich, Felswohnungen, mögen die Wirbelstürme kommen. Aber dieses langweiige Material Beton, was später zu Rissen neigt…tsssss.

  14. 14
    Redaktion says:

    In der Arch+201/202 (Berlinheft, Printausgabe 19 Euro) gibt es Bilder vom Atelier der Katharina Grosse
    http://www.archplus.net/home/archiv/artikel/46,3618,1,0.html
    und auch vom Atelier der Karin Sander, ebenfalls Lehrter Straße 57
    http://www.archplus.net/home/archiv/artikel/46,3619,1,0.html

  15. 15
    Jürgen Schwenzel says:

    Ab 14.6. ist in der historischen Halle des Hamburger Bahnhof und von dort aus nach Norden im „öffentlichen Raum“ auf privatem Grund und an Außenwand der Rieckhalle die Ausstellung von Katharina „It Wasn’t Us“ zu sehen. Erste Eindrücke im Nachtrag zum Artikel

  16. 16
    Susanne says:

    Wieder eine Ausstellung von Katharina Grosse „Spectrum without Traces “ in der Galerie Max Hetzler, Potsdamer Str. 77–87 (Mercatorhöfe), bis 30. April, Di–Sa 11–18 Uhr:
    https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/kunst/katharina-grosse-macht-aus-sechs-farben-energiebuendel-li.329997

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