Torsten Gardei. Klaviere
Sein Blick signalisiert einen Sinn für Ironie. Und das nicht nur, wenn er durch zwei Brillen gleichzeitig schaut. Torsten Gardei versteht nicht nur etwas von Ober- und Untertönen, er versteht auch etwas von Zwischentönen. Er sagt: „Mein Traum ist die Musik.“ Und alles, was außer den Träumen im Leben noch unvermeidbar ist, muss so organisiert werden, dass dem Traum Raum bleibt, möglichst viel Raum.
Zu den „goldenen“ Regeln des Stadtteilplenums gehört es, dass die Debattenredner sich kurz namentlich vorstellen. Einige teilen dem Auditorium bei der Gelegenheit auch gleich mit, ob sie Anwohner sind oder hier arbeiten und ob sie gegebenenfalls haupt- oder ehrenamtlich in einer den Kiez betreffenden Angelegenheit tätig sind. So ein persönlicher Prolog ist durchaus sinnvoll, können sich doch die anderen danach ein besseres Bild von dem Hintergrund machen, aus dem heraus einer spricht. Um seine Kompetenz für das von ihm zu sagende zu unterstreichen, nennt manch einer auch gleich die Jahre, die er schon dem Kiez verbunden ist. Zehn Jahre, fünfzehn Jahre, sechzehn – Torsten Gardei weiß das immer noch zu überbieten: Seit 1975, über 30 Jahre schon, knapp mehr als die Hälfte seines Lebens wohnt er in der Beusselstraße. So etwas zu erwähnen könnte leicht ins Peinliche verrutschen. Das passiert Torsten Gardei aber nicht. Zu fein, zu leise ist der Ton der Ironie, mit dem er seine Jahre unterlegt, als dass man ihn überhören könnte. Er versteht eben was von Tönen.
Torsten Gardei nimmt so gut wie regelmäßig am Stadtteilplenum teil, hat sich in den Vergabeausschuss für die Fördermittel aus dem Programm Soziale Stadt wählen lassen und sagt, dass diese Mitarbeit seinen Blick auf den Kiez intensiviert habe. Der Einblick in die Unterlagen habe ihm mehr Durchblick verschafft, jetzt wisse er besser, warum was läuft und warum was nicht läuft.
Zum Stadtteilplenum ist er nicht gekommen, weil er einen der angeschlagenen Zettel gelesen, sondern für den Film „Frühstück ab 8″ von Rolf Teigler die Musik gemacht hatte. Dadurch erst sei der Kontakt zum QM und zum Stadtschloss entstanden. Und wie kam er zum Film? Eines Tages fotografierte er in dem inzwischen abgerissenen Arbeiterwohnheim in der Berlichingenstraße während Rolf Teigler gleichzeitig in dem Arbeiterwohnheim filmte. Da gab wohl ein Wort das andere. Und wie kam er darauf, ausgerechnet dort zu fotografieren? Weil ihn irgendeines Abends Rainer Ludwigs im „Limit“ angesprochen habe. Er würde doch auch fotografieren und ob man nicht zusammen mal ein Projekt machen wolle. So kam das.
In die Verlegenheit, mit seiner Kunst Geld verdienen zu müssen, wollte Torsten Gardei nie kommen, weshalb er Fernsehtechniker gelernt hat und unter anderem bei Siemens als Endprüfer der Normalzeituhren – „Ich habe der Zeit mein O.k. gegeben.“ – gearbeitet hat. Und als Klavierstimmer. Er gehört zu den Künstlern, die sich in ihrer Kunst nur frei fühlen, wenn sie nicht durch sie ihre Existenz sichern müssen. 1971 eröffnete er in der Wittstocker Straße – damals wohnte er noch im Wedding – einen Fernsehladen. Für die Existenz. Aber nicht nur. Auch, weil er sich so nach und nach im Keller unter dem Laden ein Tonstudio einrichten wollte. Und als er fünf Jahre später damit fertig war, brannte der Laden aus und sein Tonstudio fiel zwar nicht den Flammen aber dem Löschwasser zum Opfer. Da war mit einem male alles futsch. Also fing er von vorne wieder an und baute sich ein neues Tonstudio. Diesmal nicht in den Keller sondern unters Dach über der Wohnung in der Beusselstraße, die er inzwischen bezogen hatte. Das ist heute zwar immer noch nicht fertig, aber dort macht er seine Musik, manchmal die ganze Nacht durch. Es soll auch nicht fertig werden. Lieber nicht.
Torsten Gardei hat in den 70er und 80er Jahren im legendären „Go In“ in der Bleibtreustraße Klavier gespielt oder Schlagzeug, ist mit Horst Steffen Sommer und Hannes Wader zusammen aufgetreten und hat als Wohngenosse von Georgette Dee dessen/ihre Anfänge aus nächster Nähe miterlebt. Aber er hat sich nie darum gedrängt, selbst in der ersten Reihe zu stehen. Er hat das Klavier für Neil Young gestimmt – „Klavier stimmen ist eine meditative Arbeit.“ – und spielt selbst an jedem ersten Samstag im Monat im „Kalcium“ in der Essener Straße Musik aus den 50er und 60er Jahren. Kürzlich hat er die „Goldenen Straßenregeln“ vertont und zusammen mit den Golden Sisters beim Stadtteilplenum zum Vortrag gebracht. Mit dieser Nummer und in dieser Besetzung sind die Mädels und er auch bei den Neujahrempfängen von SPD und CDU aufgetreten, was Bezirksbürgermeister Joachim Zeller auf die Idee brachte, doch mal nach den Noten zu fragen, damit er zu seiner Klampfe greifen und mitpfeifen kann.
Nur einmal zog es Torsten Gardei weg aus Moabit, das war 1989, da wollte er mit seinem elf Meter langen Wohnmobil und seiner Freundin durch Frankreich fahren und sich einen neuen Lebensort suchen. Aber dann fiel die Mauer, und was in der Folge dieses Ereignisses mit dieser Stadt geschehen wird, das wollte er dann doch nicht verpassen. Er blieb. Übrigens: Die nun schon mehrfach gesungenen Goldenen Straßenregeln möchte er noch ergänzen, und zwar um einige kritischere Töne. Denn bei aller Anhänglichkeit, auch von der Kehrseite von Moabit weiß Torsten Gardei ein Lied zu singen. Und wenn nicht alles täuscht, wird auch das ein Lied mit mehreren Strophen werden.
Text von Burkhard Meise, erschienen in „stadt.plan.moabit“, Nr. 36, Februar 2006 – Foto (oben) von Mirko Zander, bildmitte
Torsten Gardei hat vor kurzem einen Laden für Musikinstrumente und Studioelektronik „Der Pianosoph“ in der Wiclefstraße 12 eröffnet. Besichtigung samstags von 14 bis 20 Uhr und nach Vereinbarung, Tel. 34086273, mobil 0176-22719516.
Ich bin in Moabit aufgewachsen und habe vor über 30 Jahren, für kurze Zeit, selbst in der Beusselstraße gelebt. Herrn Gardei kenne ich aus dieser Zeit persönlich. Der Artikel ist sehr interessant und brachte mich dazu über meine schöne Jugend in Berlin nachzudenken. Danke!
hallo torsten
lange nichts von einander gehört. melde dich bitte per mail. es gibt viel neues zu berichten
liebe grüße und schöne ostern, hanny
Hi Torsten,
erinnerst du dich an Satie? Damit hast du mich mal kalt erwischt!!! Ich höre grad Bach’s Goldberg Variationen und frag mich, ob du das auch kannst!!! Ich lebe in England und du bist willkommen im August zu meinem 50.!!!!
Lieben Gruss
Tanita Hedrun Blair, geb, Kadler
Du warst mit mir in Zossen!!!!!
Hi Tanita,
da muß ich ja aufpassen,daß die Fähre auch fährt.
Hätte nicht gedacht das moabitonline bis nach England reicht.
Viele Grüße von Torsten
[…] neue Stück zu hören geben. Weiterhin ist es mir eine große Ehre, dass die Moabiter Größe Torsten Gardei (dem im Übrigen der Laden gehört) am selben Abend einem seiner Pianos sicherlich famose Töne […]
hallo torsten,
haben uns laaaaang nicht gesehen:(
ruf doch mal an, eh einer von uns beiden ins gras beisst.
Simone
Facebook oder Wiclefstraße!
Hallo Torsten!
Ich wünsche Dir ein erfolgreiches Jahr! Peter
Ach Peter — das Go In– wir–besuche mich doch vielleicht mal in der WICLEFSTRASSE 12 in meinem kleinem Musikladen in 10551 Berlin am di und do bin ich da von 14.00 – 19.00 Uhr .Ich spiele Klavier am Donnerstag mit Künstlern und Freunden. Wir fangen gerade neu —-? an
Hallo Torsten .
Meld Dich doch mal .
Deine Schwester
Simone 03086008644
Hallo Torsten,
mit ernst gemeinten Grüßen meines Bruders Klaus,melde ich mich bei dir als letzter übriggebliebener Berliner.
Ich lebe seit über 20 Jahren in Spandau. Wenn auch du Lust dazu hast,würde ich dich gerne auf Käffchen und Plausch treffen.
solong Kniffi
PS Viel Erfolg fürs Geschäft!
Ja hallo,
Wolf-Dietrich,
das waren Zeiten in der Wielandstrasse. Ich höre noch die S- Bahn. Einen Gruß an Klaus und ich komme gerne vorbei.
Lass uns telefonieren.
01736014393
Hallo Torsten,
ich habe gerade erst deinen Kommentar gelesen.
Deine reaktion freut mich sehr.Wir werden schneller als erwartet Kontakt haben.
Bis dahin alles Beste
Kniffi
Liebe Gabi, es war eine tolle Zeit, erinnere mich gerne an das Athener Grill. Die Augen
Alles Liebe lass uns treffen.
Hallo Torsten,
eine nette Zeit war auch im Moabiter Stadtschloss. Ich hoffe, dass es dir gut geht.
Herzliche Grüße
Hartmut