Kleine Klassen, Sozialarbeiter, Psychologen und bessere Lehrerausbildung gefordert
Kurz nach den Weihnachtsferien hat der neue „Brandbrief“ unterschrieben von 68 Schulleitern und Schulleiterinnen aller Grund- und Oberschulen des Bezirks Mitte ordentlich Staub aufgewirbelt und sorgt seitdem mal wieder für Diskussion des Themas. Die Berliner Abendschau berichtete am 11. Januar, einen Tag später sämtliche Berliner Tageszeitungen wie z.B. Tagesspiegel, taz und Berliner Morgenpost. Kurz darauf folgte eine Einladung der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Maria Böhmer. Sie wollte sich erkundigen, ob die im Nationalen Integrationsplan vorgesehenen Mittel für Schulen mit hohem Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund überhaupt dort ankommen, wo sie gebraucht werden. Das Gespräch fand ohne den Berliner Integrationsbeauftragten Piening und die neue Integrationsbeauftragte von Mitte, Maryam Stibenz, statt, wie die Morgenpost berichtete. Am 20. Januar traf Maria Böhmer die Delegation aus 7 SchulleiterInnen und sagt Hilfe der Bundesregierung zu. Nach dem Treffen der SchulleiterInnen mit dem Berliner Schulsenator Zöllner breitet sich Ernüchterung aus. Neue Lehrer werden erst eingestellt, wenn die Strukturreform, über die das Abgeordnetenhaus noch entscheiden muss, greift, also im Schuljahr 2010/2011. Es wird zwar Sozialarbeiter an Grundschulen geben und Sanierungsmittel für den Einbau von Mensen, Renovierung von Sanitäranlagen und Fachräumen und die energetische Sanierung, insgesamt etwa 80 Mio. Euro.
Zusätzliche vier Millionen werden im Rahmen des Konjunkturpakets für die energetische Sanierung der Schulgebäude zur Verfügung gestellt und stocken die Mittel des Stadtumbau West auf. Schon Ende Februar soll geklärt sein, wo diese Mittel eingesetzt werden. Und das in einem Bereich, in dem bisher Gelder zurückgegeben wurden, weil das bezirkliche Hochbauamt nicht in der Lage war, sie auszugeben. Ein Misstand, der im Brief der Schulleiter angesprochen wird.
Gleich am 11. Januar hatte der Bezirkselternausschuss (BEA) seine Solidarität mit den SchulleiterInnen gezeigt mit einem Brief, der ganz konkrete Forderungen für alle Schulen enthält und endlich mal nicht auf sozial benachteiligte Familien und Migrationshintergrund der SchülerInnen abzielt. Der Vorsitzende Michael Wiesemann-Wagenhuber fordert u.a. kleine Klassen, in der Schulanfangsphase 18 Kinder, in Oberschulen 22 Kinder maximal.
Die Diskussion in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Mitte am 22. Januar zeigte, wie zu erwarten, die gegensätzliche Ideologie der Parteien. Aber polemische Debatten helfen nicht weiter. Und ob die schnelle Schulstrukturreform, wie Bürgermeister Dr. Christian Hanke sie für Mitte als Modellregion favorisiert, der Weisheit letzter Schluss ist, wird sich zeigen. Er schlägt vor, ab 2010 alle Haupt-, Real- und Gesamtschulen zu Sekundarschulen zusammenzuführen. Das ist berlinweit erst bis zum Schuljahr 2013/14 vorgesehen. Die BVV Mitte will einen Sonderausschuss zum Thema einsetzen, der für etwa 3 Jahre arbeiten soll. Das Projekt Gemeinschaftsschule scheint eben flächendeckend nicht durchsetzbar. Zu stark ist der Widerstand des Bildungsbürgertums gegen die Auflösung der Gymnasien. Das bedaure ich sehr. Doch man muss realistisch sein.
Meine persönliche Erfahrung zeigt, dass bei vielen Eltern auch Vorurteile bei der Schulwahl im Spiel sind. Ich habe mich in den vergangenen Jahren immer wieder dafür eingesetzt, dass Eltern ihre Kinder in den Schulen im Stadtteil anmelden. Dabei habe ich oft unterschwellig rassistische Äußerungen wahrgenommen, meist kaschiert mit der Sorge um den Erfolg der eigenen Kinder. Meinen Kindern hat es nicht geschadet, mit den Nachbarskindern in die gleiche Klasse zu gehen, im Gegenteil. Sie kennen dadurch ihren Kiez, sie kennen die Nachbarn, sie gehören dazu.
In vielen Schulen laufen sehr interessante Projekte, das Neueste heißt Vielfalt in Moabit an der Hedwig-Dohm-Oberschule und der Moses-Mendelssohn-Gemeinschaftsschule. Unterrichtsmethoden müssen sich ändern, wie hier für die Heinrich-von-Stephan-Gemeinschaftsschule beschrieben.
Kurzfristig hat Bezirksstadträtin Dagmar Hänisch für das nächste Stadtteilplenum in Moabit West am 17.2.09 um 19 Uhr im Nachbarschaftstreff des Stadtschloss Moabit, Rostocker Str. 32 b zugesagt, über die Pläne des Bezirks als Reaktion auf den Brief der 68 SchulleiterInnen zu berichten.