So können Sie mitmachen!

„Wohnen am Bellevue“ – schöne Aussichten nicht für alle!

Seit knapp einem Jahr haben sich Mieterinnen und Mieter aus verschiedenen Häusern in der Melanchthon- und Calvinstraße getroffen um sich gemeinsam gegen Mieterhöhungen, überhöhte Nebenkostenabrechnungen, Verdrängung, Baulärm, Repressalien und Prozesse ihres Hauseigentümers Terrial GmbH  zu wehren.

Am 1. September fand ein Aktionstag vor der Calvinstraße 21 statt. Aus diesem Haus sind bereits einige Mietparteien vertrieben bzw. rausgekauft worden. Doch die anderen wehren sich, sie wollen sich nicht verdrängen lassen. Mieter/innen waren mit Transparenten auf der Straße, die für zwei Stunden gesperrt war. Auch das Haus war entsprechend  „geschmückt“. Thomas Isenberg (MdA) und Dr. Günter Möstl, Physiker aus Potsdam, hielten Reden. Sie forderten die Bewohner/innen auf, sich nicht einschüchtern und vertreiben zu lassen – niemand dürfe sie aus ihren Wohnungen verjagen, weil Spekulanten maximale Gewinne erzielen wollen. Gesangdarbietungen der in der Nachbarschaft wohnenden Sängerin Kim Seligsohn lockerten die Veranstaltung auf.  Die Anwohner des Hauses halten jetzt regelmäßig engen Kontakt und werden in ihren Aktivitäten auch von vielen Anwohnern unterstützt. Für die Zukunft ist an die Einrichtung einer regelmäßigen Mahnwache gedacht, zumal weitere Anwohner/innen und Passant/innen sehr positiv auf die Aktion reagierten.

Zum Hintergrund:
Bereits 2008 wurden zwei Häuser in der Melanchthonstraße, die 17 und 18, saniert und um zwei Geschosse aufgestockt, wie auf der Webseite der Statiker zu lesen ist. Die Mieter/innen berichten allerdings, dass die Umbauten bereits Ende 2006 begannen, angekündigt als Einsetzung neuer Fenster und Wärmedämmung, von Aufstockung war keine Rede gewesen.  Mehrere Mieterhöhungen wurden vom Berliner Mieterverein als unbegründet zurückgewiesen. Die Häuser sind 1963 als sozialer Wohnungsbau errichtet und jahrzehntelang von einer Stiftung vermieten worden. Ein früherer Eigentümer hatte nur eine Baugenehmigung für die Aufstockung um ein Geschoss erhalten. Weiter schreibt die Thilo Weischedel Ingenieure GmbH, dass aus Gewichtsgründen Decken aus Holz oder (wegen Brandschutz) aus Stahlbeton eingebaut wurden. Einige Mieter/innen klagen seitdem über knackende Geräusche in den Wänden. Außerdem wurden einzelne Fenster zugemauert oder eines Tages einfach eine Betonplatte direkt davor gesetzt. Das betraf im Haus Melanchthonstraße 17 auch etliche neue Fenster, die man seitens der Eigentümer erst wenige Monate zuvor eingebaut hatte. 2010 wurde mit der Aufstockung des Hauses Calvinstraße 20 begonnen. Hier schreiben die Statiker, dass sie eine spezielle Lastenabtragung vornehmen mussten und das Fundament durch Hochdruckinjektion verstärkt werden musste.

Auf das Eckgrundstück Melanchthon-/ Calvinstraße wurde ein Neubau mit 21 Wohnungen, einer Gewerbeeinheit und Tiefgarage in Energiesparbauweise gesetzt (s. Architekturbild – das Bild wurde entfernt, das Haus daneben ist die Calvinstraße 21). Laut Webseite der Architektin Schneider-Neudeck sollte das Projekt „Stadtwohnen am Bellevue“ eigentlich schon im Dezember 2009 fertig sein. Die hochwertigen Wohnungen der  Melanchthonstraße 16 und Calvinstraße 20  werden bei Immoscout zur Zeit zu Quadratmeterpreisen zwischen ca. 3.200 und 5.200 Euro/qm angeboten. Geworben wird mit luxuriöser Ausstattung, liegengerechtem Fahrstuhl direkt aus der Tiefgarage auf die eigene Loggia, Parkett, Fußbodenheizung, hochwertigen Armaturen, herrlichem Rundblick, Videoüberwachung und was man sich noch so alles vorstellen kann. Als Krönung das Penthouse mit „allen Vorrichtungen für outdoor cooking“.  Im Innenhof soll ein Skulpturengarten mit Gräsern und Bambus angelegt werden. Das mag vielleicht den neuen Eigentümern gefallen, die Mieter/innen der angrenzenden Häuser haben jedoch eine grüne Oase verloren. Für die Tiefgarage wurden die von den Hausbewohnern angelegten Gärten zerstört, Bäume gefällt und einige alte Fliederbüsche gerodet. Auch drei Straßenbäume mussten dem Neubau weichen. Die Rückseite eines Gebäudes war mit Efeu bewachsen, sie wurde erst entgrünt und dann weiß gestrichen. Seither blicken die Bewohner/innen auf eine Betonfläche, auf der sich Baumaterialien befinden.

Viele Mieter/innen hatten wegen jahrelangem Baulärm die Miete gemindert. Gegen diese führt der Eigentümer, Herr Stach, nun Prozesse. Er kündigte fristlos wegen Mietminderung, selbst Mieter/innen, die schon viele Jahre, zum Teil Jahrzehnte in den Häusern wohnen. Es gibt vielfältige Probleme der einzelnen. Das macht die gemeinsame Organisation nicht einfach. (Und so soll die Häuserreihe in der Calvinstraße mal aussehen, von links nach rechts: Melanchthonstr. 16, Calvinstr. 21 – 19, auch dieses Bild wurde entfernt).

Zum Schluss noch der Link zu einer schon etwas älteren Sendung aus dem Regionalfernsehen „Mieter unter Psychodruck„.

Wir bedanken uns für Informationen und Fotos bei der Mieterinitiative und für die Erlaubnis zur Verwendung der Architekturbilder bei Frau Schneider-Neudeck.

Nachtrag vom 13.1.2012:
Heute kam das Schreiben eines Rechtsanwalts wegen unberechtigter Verwendung urheberrechtlich geschützter Bilder. Wir bei MoabitOnline beachten das Urheberrecht, deshalb hatte ich vor der Veröffentlichung des Artikels mit der Architektin telefoniert und sie hatte mir die Erlaubnis zur Verwendung der Architekturbilder gegeben, aber wer kann schon Telefongespräche beweisen. Deshalb wurden die Bilder aus dem Artikel entfernt.

Tagesspiegel – tolle Reportage über die Calvinstraße 21: „Gegen die Wand„.

Zwei neue MoabitOnline-Artikel zur Calvinstraße 21: Die letzen Mohikaner? und Fahrstuhl weg, Keller zu!

46 Kommentare auf "„Wohnen am Bellevue“ – schöne Aussichten nicht für alle!"

  1. 1
    taylan says:

    Ich finde die Initiative der AnwohnerInnen sich zu wehren. sehr sinnvoll. Die Ecke wird zwar schöner, aber auch immer teurer. „Mieten und Schutz“ gilt dort anscheinend nicht mehr. Autos brennen auch schon dort in der Ecke. Ich halte jedoch nichts von den Sonntagsreden von Herrn Isenberg, denn schließlich ist er in der Calvinstraße gegen Mietervertreibung, stimmt aber im Juli 2010 im Abgeordnetenhaus der Drucksache 16/ 3275 des Senats zu. Diese erlaubt hochwertigen Wohnraum in der Europacity und schreibt nichts vor von Wohnraum in diesem Gebiet für mittlere oder untere Einkommen. Wie ernst soll man jemanden nehmen, der hier hü und dort hott sagt?

    Heute die Calvin- morgen die Lehrter Straße!

  2. 2
    Moabiter says:

    Dass die Brandstiftungen irgendetwas mit Sanierungsprojekten zu tun haben, halte ich für eine eher abwegige Behauptung. Heute Nacht kam es in Spandau, Neukölln, Kreuzberg und Marzahn-Hellersdorf zu Brandstiftungen. Ich glaube nicht, dass man solche Taten irgendwie als sozialen oder gar politischen Protest auffassen kann. Sie zeugen eher von einer mentalen Verwahrlosung, die man leider in fast allen Schichten antrifft. Meistens fängt es mit irgendeiner Kleinigkeit an, über die sich nur vermeintliche Spießer aufregen. Dann wird aus der Kleinigkeit plötzlich ein brutaler Akt, und alle fragen sich überrascht, wie es soweit kommen konnte.

  3. 3
    Peter says:

    Hallo Herr Taylan! Sie vergleichen Äpfel mit Birnen. Es hilft uns Mietern im Kiez enorm, dass Herr Isenberg fest an unserer Seite im Kiez steht. Und auch, dass im Gebiet Heidestr/Europacity zukünftig mehrere Hundert neue Wohnungen entstehen, sowohl für Erwerbstätige als auch für Arbeitslose und Menschen mit eher geringerem Sozialeinkommen. Freuen Sie sich auf diese Entwicklung und auf die Tatsache, dass so der Druck auf den Wohnungsmarkt ein wenig genommen und auch das Leben im östlichen Moabit besser und vielfältiger wird.

  4. 4
    H. E. says:

    Wo steht es und wie ist es garantiert, dass an der Heidestraße mehrere hundert Wohnungen gerade „auch für Arbeitslose und Menschen mit eher geringem Einkommen entstehen werden“?

  5. 5
    R@lf says:

    Wieder mal die Schwaben: das etablierte Stuttgarter Büro hat offenbar Moabit als neues Haifischbecken für sich entdeckt, in dem es fette Brocken zu schnappen gibt. Na dann wollen wir diesen Spekulant_inn_en doch mal ein wenig Stuttgart21 bereiten! Die betroffenen Mieter_innen haben jedenfalls meine volle Solidarität!

  6. 6
    Vicco says:

    @ H.E. : Nirgends und das ist auch gut so!

  7. 7
    Moabiter says:

    @ R@lf

    Diese Schwabenhetze finde ich, ehrlich gesagt, ziemlich überflüssig und auch absurd. Wo würde denn Berlin ohne die Zugereisten stehen, die wenigstens ein bisschen was mitbringen? Ist doch gut, dass sich in Moabit endlich was tut.

  8. 8
    Vicco says:

    @ R@lf

    Stuttgart21 war ja auch super erfolgreich, HAHAHA. Und selbst in einer Eigentumswohnung hocken….

  9. 9
    Carsten says:

    @ 5: Hm? Aus Stuttgart kommt wohl nur das Büro, das die Statik berechnet hat. Böse, böse. Wenn ich das richtig sehe, scheint das Architekturbüro sowie der Projektentwickler aus Biberach zu stammen. Es ist mir ehrlich gesagt zu blöd, zu recherchieren, ob es sich um das badische oder schwäbische Biberach handelt. Und wenn zugewanderte Rheinländer (richtig?) auf Schwaben herumhauen, finde ich das als Berliner eher amüsant 🙂 Ich kann mich doch an einige sehr unangenehme Spekulanten erinnern, die noch richtig berlinert haben. Genauso wie ich sehr umgängliche Immobilieneigentümer aus dem Süden erlebt habe. Das ist doch das Interessante: In Moabit gibt es viele gute Wohnbauvorhaben. Das hier ist hingegen durchaus in Hinblick auf den Umgang mit den Bestandsbewohnern problematisch. Aber völlig unabhängig von der Herkunft der Protagonisten.

  10. 10
    H. E. says:

    Generell ist bei vielen Bauvorhaben nicht die „Nationalität“ sondern die Gier das Problem und dass diese von der Verwaltung und der Politik nicht gebremst sondern auch noch gefördert wird, obwohl die Bewohner oder Nachbarn auf die Probleme aufmerksam machen.

  11. 11
    gast says:

    Das Verhälten von Isenberg ist lächerlich. Er ist Mitglied der seit Jahren regierenden SPD, die zu verantworten hat, dass die Mieten gerade dramatisch steigen.

  12. 12
    Susanne Torka says:

    Es ist zwar Wahlkampf im Endstadium, aber bitte diskutiert hier nicht weiter das Verahlten einzelner Politiker!

  13. 13
    Moabiter says:

    @ gast

    Soll sich Berlin noch mehr verschulden, um wieder selbst Bauträger zu werden? Oder wie soll der Wohnungsmarkt entspannt werden, wenn überall gegen private Investitionen demonstriert und jede Stadtentwicklung erst mal blockiert wird? Da Berlin demnächst die Schuldenbremse einhalten muss, stehen alle Versprechungen, die im Wahlkampf gemacht werden, egal von welcher Partei, unter Vorbehalt. Jeder private Neubau hingegen, auch wenn sich die meisten dort die Mieten nicht leisten können, entspannt den Wohnungsmarkt, weil er das Angebot insgesamt verbessert.

  14. 14
    noch ein gast says:

    Zur Erinnerung: Bündnis 90/die Grünen wollten 100.000 Wohnungen mehr privatisieren, SPD und Linke haben dies grade aus sozialpolitischen Gründen nicht gemacht! Wer grün wählt, wird schwarz sehen…

  15. 15
    Redaktion says:

    Schluss jetzt an der Wahlkampffront!!

  16. 16
    Peer says:

    @ redaktion Ich find „Wahlkampf“ gar nicht so schlecht ! Es wird endlich mal diskutiert – da find ich Schwaben-Schelte oder persönliche Anmache unangebrachter.

    @ alle: Konstruktive Vorschläge wie man als Mieter sich wehren kann ? Wo geht es Leuten ähnlich ? Welche Erfahrungen macht ihr selber ?

    Unser Haus ist grad verkauft worden, nachdem es 120 Jahre in Familienbesitz war. Mal sehen was hier in der Emdener noch auf uns zu kommt

  17. 17
    H. E. says:

    @ Susanne (Kommentar 12)

    Wieso eigentlich nicht, wenn es um Politiker geht, deren Handeln Moabit negativ gestaltet oder beeinflußt? Politiker streuen uns ständig und gerade vor der Wahl Sand in die Augen, den wegzufegen eigentlich Bürgerpflicht sein sollte. Typisch ist z. B. die Augenwischerei, die der Ausschuss für Stadtentwicklung bei Schultheiss betreibt, indem er jetzt das oberste Parkdeck ablehnt, aber dem Investor die Möglichkeit einräumt, dieses Parkdeck bei Bedarf doch noch zu bauen.

    @ Peer (Kommentar 16)

    Wie kann man sich wehren?
    1.) Wenn das Haus verkauft wird, sofort in den Berliner Mieterverein eintreten, damit man im Sanierungsfall auch im Hinblick auf die folgenden Mieterhöhungen preiswert eine fundierte Rechtsberatung bekommt. Oder, wenn man mehr Geld ausgeben kann und will, spätestens nach der Modernisierungsankündigung zu einem ausgewiesenen Fachanwalt für Mietrecht gehen.
    2.) Mieterversammlungen (aber nicht in der Wohnung eines Mieters sondern außerhalb) machen und die Vorgehensweise absprechen. Ob man dann gemeinsam handelt oder jeder für sich, sollte man prüfen.
    3.) Mietminderung für jede mögliche Einschränkung geltend machen, egal ob für das Gerüst vor dem Haus, die Arbeiten in der Wohnung oder den Dreck im Treppenhaus. Da gibt es festgelegte „Preise“.
    4.) Jede Veränderung an der bewohnten Wohnung dahingehend prüfen, ob sie wirklich erforderlich ist und/oder ob sie die bisherigen Funktionen der Wohnung einschränkt.
    Z. B. kann man sich das Stilllegen eines Lüftungsschachtes an der Küche abkaufen lassen, weil man ja nun selbst eine Dunstabzugshaube braucht. Investoren machen das gern, um einen derartigen Schacht im Dachgeschoss als Schornstein für einen Kamin zu verwenden.
    5.) Beabsichtigte Grundrissänderungen daraufhin prüfen, ob sie notwendig sind (z. B. Vergrößerung eines vorh. kleinen Bades). Wenn sie nicht zwingend erforderlich sind, kann man sie ablehnen. Die Investoren versuchen es halt einfach.

    Mein Vorschlag: Moabit Online könnte eine Seite einrichten, auf der derartige sanierungsbedingte bauliche Probleme gefragt und beantwortet werden können.

  18. 18
    Mieter aus Moabit says:

    „Wenn in Moabit luxussaniert wird“, eine Rezension des GRIPS-Theaterstücks „Schöner Wohnen“:
    http://www.berlinonline.de/aktuelles/berlin/2000470-1210653-wenn-in-moabit-luxussaniert-wird.html
    spielt wieder am 16. und 17.9.

  19. 19

    Stimmen von Mietern auf der Demo letzte Woche:
    http://www.tagesspiegel.de/berlin/lebensraum-ist-nicht-dazu-da-um-profit-zu-machen/4572332.html
    Das könnten alles Moabiter Mieter gesagt haben.

    Und hier in Moabit werden wieder Wohnungen zwangsversteigert, teilweise mit kuriosen Verkehrswerten:
    http://wem-gehoert-moabit.de/2011/09-wieder-zwangsversteigerungen-in-moabit/

  20. 20
    Moabiter says:

    Was soll denn „kurioser Verkehrswert“ heißen? Wenn die Wohnungen derart heruntergekommen sind, dass der neue Eigentümer rechtlich verpflichtet ist, eine beträchtliche Summe für die Sanierung zu investieren, dann sind solche Verkehrswerte ganz normal. Sonst würden die Wohnungen z.B. bei Schimmelbefall einfach leer stehen. Im Grunde genommen kann man nämlich froh sein, dass Vermieter in solchen Fällen zur einer Zwangsversteigerung gezwungen werden. D.h. nämlich in den meisten Fällen, dass der Wohnraum wieder dem Mietmarkt zugeführt wird.

  21. 21
    Weddinger says:

    Ich finde eure Vernetzung schon ganz gut. Man muss die Leute dort packen wo sie wohnen. Hier sind die Probleme nämlich am persönlichsten. Außerdem verpasst es nicht und macht die lokalen und regionalen Medien auf euer Anliegen aufmerksam. Das RBB Interview ist schonmal ein Anfang. Andererseits könnt ihr auch eher lokale Zeitungen oder Blogs, wie den Nord-Berliner.de für eure Aktion gewinnen. Bei solchen Mietkämpfen braucht es einfach zwei Dinger: 1. Durchhaltevermögen (auch vor Gericht!) und 2. eine öffentliche Resonanz. Alleine ist man schwach, zusamen stark!

  22. 22
    H. E. says:

    „Kampf um Berlin“ ist ein guter Artikel zum Berliner Immobilienmarkt, zur Verdrängung durch hohe Mieten und zum Berliner Ballermann in: http://www.spiegel.de
    Auch Moabit kommt darin vor und besonders bemerkenswert ist die Äußerung von Herrn Wowereit auf Seite 64: „Das müssen sie (die Berliner) aushalten.“ Man sollte ihm mal anbieten, wechselweise wenigstens vier Wochen in den Brennpunkten, z. B. neben dem Hotel in der Lehrter Straße, zu wohnen, damit er weiß, wovon er eigentlich redet.

  23. 23
    A.Reichelt says:

    Seit 2006 begannen die Bauarbeiten, ohne vorher die Mieter zu informieren. Da wurde die Melanchthon 18 und 17 saniert mit neuen Türen und Fenstern, alles zu Lasten der Mieter. Dann wurde aufgestockt, Dreck, Lärm und Ärger. Gegen Mietkürzungen wurden die Mieter verklagt, gegen überhöhte Mieten verklagt und Mietwucher für nicht renovierte Wohnungen. Mieter wurde raus geekelt, vom Bauherrn verbal angegeriffen. Mieter bekamen die fristlose Kündigung und und und. Was hier abgeht und was man sich hier traut, ist die größte Unverschämtheit und der Möchtegern Baulöwe macht immer weiter, keiner wird den stoppen…. leider……..

  24. 24
    Moabiter says:

    @ H.E.:

    Der Artikel heißt (zumindest in meiner Spiegel-Ausgabe): „Die überreizte Stadt“

    Und das Zitat von Klaus Wowereit auf Seite 64 bezieht sich nicht auf die Hostels, sondern ganz allgemein auf den Wandel von Berlin in den letzten Jahren und antwortet auf die Frage nach den Spannungen zwischen Berlin als „Heimat“ und „Weltmetropole“. Es lautet in voller Länge:

    „Ja, das müssen sie aushalten. Die Stadt muss sich verändern. Wir haben lange genug in einer Nische gelebt. Wer das konservieren will, stülpt auf andere Weise die Käseglocke über Berlin, die die CDU-Politiker Landowsky und Diepgen schon einmal über die Stadt gelegt hatten. Ich erinnere mich noch gut, wie furchtbar das war. Das stank ja schon.“

    Was das merkwürdige Ansinnen angeht, Berlin vor allen möglichen Veränderungen zu bewahren und jede Entwicklung irgendwelchen „Fremden“ zuzurechnen, wie z.B. den Schwaben (s.o.), finde ich, hat er völlig Recht.

  25. 25
    Rané says:

    Jede Metropole auf diesem Globus verändert sich ständig. Die Frage ist nur, welche Veränderungen ?
    Langweilige Architektur, Ausverkauf der Immobilien an ausländische Investoren, die nur an Rendite interessiert sind, Investoren, die keine neuen Arbeitsplätze schaffen, sondern eher in Konkurrenz zu bereits bestehendem Gewerbe stehen.
    Ein still gelegter Flughafen, der trotz div. Vorschläge eher Kosten verursacht als Einnahmen bringt. Lehrermangel und Bauschäden an Schulen usw.. Aber bei Klaus dem 1. kommt mir der Sonnenkönig Ludwig XIV und sein Absolutismus in Erinnerung. Hoffe, dass der nächste Koalitionspartner mal nicht am Nasenring durchs Parlament gezogen wird.

  26. 26
    H. E. says:

    Man sollte den Artikel einfach mal selber lesen. Man findet ihn unter drei verschiedenen Überschriften in der Spiegelausgabe Nr. 37 vom 12.09.2011

  27. 27
    Moabiter says:

    Das ist doch mal eine sehr gute Nachricht zum Thema „Wohnungsknappheit“:

    „Erster Wolkenkratzer am Alex wird ein Wohnturm“

    http://www.tagesspiegel.de/berlin/erster-wolkenkratzer-am-alex-wird-ein-wohnturm/4602296.html

  28. 28
    Anwohnerin says:

    Moabiter (welcher?), mwinst Du wirklich ein City-Appartment oder eine Luxuswohnung im Turm am Alex ist eine Alternative für die Leute, die hier wegziehen müssen?

  29. 29
    Moabiter says:

    @ Anwohnerin

    Nein, natürlich nicht. Für jeden, der seine Wohnung aus welchen Gründen auch immer verliert, kann das eine ziemlich negative Erfahrung sein. Ist mir auch schon passiert. Aber hier im Forum wird häufig so getan, als könnte die Politik einfach die Preise regulieren. Dabei ist der politische Spielraum recht gering, vor allem angesichts der hohen Schulden, die Berlin hat. Und wer schon mal in einer anderen größeren Stadt als Berlin gelebt hat, weiß, dass es häufig noch viel drastischer zugeht als in Berlin. Die Berliner sind, was die Knappheit des Mietmarkts und die Größe der Wohnungen angeht, in der Vergangenheit ziemlich verwöhnt worden, auch weil der Mietmarkt in Berlin im Vergleich zu anderen Städten ziemlich groß ist. Der Anteil an Eigentumswohnungen ist immer noch verhältnismäßig klein. Wenn die Politik aber etwas gegen die Wohnungsknappheit tun will, dann muss sie neben einer anderen Grundstücksvergabe für mehr private Investitionen in den Wohnungsmarkt sorgen. Auch wenn dadurch vor allem gehobene Wohnungen entstehen werden, entspannt das trotzdem den Wohnungsmarkt, weil dafür andere Wohnungen frei werden. Deshalb ist es eine bemerkenswerte Nachricht, dass das Hochhaus am Alex kein Bürohaus, sondern ein Wohnhaus wird.

  30. 30
    Jürgen Schwenzel says:

    Auch wenn die Überschrift des Tagesspiegelartikels suggeriert, dass in Kürze ein Wohnturm am Alex entsteht, spruchreif ist da noch gar nichts. Und wer weiter als die Überschrift liest findet dann auch im Tagesspiegelartikel nicht nur von einer reinen Wohnnutzung als Idee des Investors Hines berichtet wird. Die im Artikel neben „Wohnungen im Luxussegment“ angeführten „City-Apartements für Berlin-Besucher“ sind ja eindeutig Beherbergungsgewerbe, naja das ist natürlich auch eine Form des Wohnens. Aber auch diese beiden Nutzungsmöglichkeiten werden im Artikel nur als zweite Planungsvariante des Investors bezeichnet, aber da muss muss schon genau lesen, was da im Artikel vom Verfasser in der Sensationsmeldung nur sprachlich versteckt steht.

    Den rechtlichen Rahmen für die zulässigen Nutzungen soll ein Bebauungsplan festlegen. Und im jetzt ausliegenden (12.-23.9.2011) Bebauungsplanentwurf I-B4a-3 (Hochhausturm am Alexanderplatz) ist der „Hochhausturm“ als Kerngebiet ausgewiesen, in dem Wohnungen (oberhalb 29,7 Meter über Bürgersteigniveau) zulässig sind, aber auch andere Nutzungen, die man sonst so in Kerngebieten findet wie z.B. Büro und Verwaltung, Hotel und Beherbungsgewerbe. Ein Mindestanteil an Wohnnutzung wird in dem B-Plan Entwurf nicht festgeschrieben. Der ausliegende Bebauungsplanentwurf schafft dem Investor nur rechtlich eine besondere Breite an Möglichkeiten.

    Bis dann wirklich gebaut wird, wird sicher noch etliches an Zeit vergehen. Mal schauen, ob sich die Nutzung „Wohnturm“ für das beabsichtigte Hochhaus am Alex, die sich nicht doch mit den Jahren wieder ändert, je nach Renditeerwartung des Investors. In der ausliegenden Bebauungsplanbegründung findet sich übrigens auch eine Zeitschiene für die Realisierung des Hochhauses: 2013-2018.

    Falls jedoch tatsächlich „Wohnungen im Luxussegment“ in dem Bau realisiert werden sollten, werden die wohl eine ähnliche Bedeutung für den Berliner Wohnungsmarkt haben wie die Luxuswohnungen am Potsdamer Platz, für Promis, die unbedingt an so einer Adresse noch eine Zweit-/Dritt- oder Viertwohnung brauchen.

  31. 31
    Moabiter says:

    War doch klar, dass hier alles, aber auch alles schlecht geredet wird …

    Hier die Fortsetzung des Artikels:

    „Wohnhaustürme als Trendprodukt“

    http://www.tagesspiegel.de/berlin/wohnhaustuerme-als-trendprodukt/4605730.html

  32. 32
    Jürgen Schwenzel says:

    Die Benennung der Festlegungen des aktuellen Bebauungsplanentwurf ist für „Moabiter“ also schlechtreden.
    Dann wird er auch die Aussagen, die ich gerade in der Online Version der morgigen Berliner Zeitung zum Hochhausturm im Artikel „Flach statt hoch hinaus am Alex“ gelesen habe, wiederum schlecht reden wollen. Steht doch da als Äußerung des Sprechers der Senatsverwaltung zu dem Projekt zu lesen „“Die Änderung des (Bebauungs-, zum Verständnis hinzugefügt) Plans heißt aber nicht, dass gebaut wird.“ Und zu den avisierten Nutzungen im Hochhausturm „Konkrete Planungen hat Hines nicht. Laut Investor gibt es viele Möglichkeiten – ein Hotel könnte in den Turm einziehen und die oberen Etagen für Wohnungen reserviert werden, auch ein Büroturm sei möglich.“

    Aber zur Mietenproblematik des Berliner Wohnungsmarkts ist auch noch ein weiterer Bericht in der Berliner Zeitung von morgen interessant und zum Thema passend: In neuen Wohnungen lebt man teuer.

  33. 33
    Moabiter says:

    @ Jürgen Schwenzel

    Zum Artikel in der „Berliner Zeitung“: Selbstverständlich sind Neuwohnungen deutlich teurer als ältere Wohnungen. Das ist überall so und nicht nur in Berlin. Und das liegt nicht nur an den gestiegenen Baukosten, sondern auch an den Lohnkosten (zum Glück). Dafür sind in der Regel auch die Energiekosten günstiger, die in Zukunft vermutlich einen größeren Anteil haben werden. In Berlin müssen noch viel mehr Neuwohnungen gebaut werden. Denn selbst wenn diese teurer sind, ist das die einzige Möglichkeit, den Wohnungsmarkt zu entspannen. Es werden sich schon Mieter finden, die sich die Miete leisten können. Sonst hätten sich die Investoren verkalkuliert. Und das wäre ihr Problem. Dafür werden andere, günstigere Wohnungen frei. Wie sonst soll denn der Wohnungsmarkt entspannt werden?

  34. 34
    Jürgen says:

    Als zynisch kommentiert die Initiative „Wem gehört Moabit?“ die „Lange Nacht der Wohnungsbesichtigungen“ am 20. Oktober 2011, organisiert vom ImmobilienScout24, bei der 8 Busrouten zu verschiedenen zu besichtigenden Wohnungen in den begehrtesten Ortsteilen Berlin führen. „Versierte City-Guides in den Bussen versorgen die Teilnehmer mit Hintergrundinformationen und verraten Insider-Tipps zu ausgefallenen Läden, populären Bars und Ausgehmöglichkeiten“ verspricht die Pressemitteilung von Immobilienscout24.
    Ein kleiner Trost für die Moabiter: Durch Moabit führt keine der acht Routen, während eine Tour im Wedding mit im Programm enthalten ist.

  35. 35
    Mieter says:

    Als Festivalisierung der Wohnungnot bezeichnet Andrej Holm den heutigen Event von ImmoScout:
    http://gentrificationblog.wordpress.com/2011/10/20/berlin-festivalisierung-der-wohnungsnot/
    mit Links zu Protestaktionen

  36. 36
    taylan says:

    In der Calvinstraße in dem besagten Haus, dass zwischen den zwei neuen Gebäuden steht, sind Plakate zu sehen, dass 6 Familien fristlos gekündigt wurden und dass diese nun bis Weihnachten ausziehen sollen.

    Lieber LeserInnen dieses Kommentars, ich warte immer noch auf Thomas Isenberg (SPD MdA), der sich im WAHLKAMPF mit Sonntagsreden für die Mieter einsetzte und nun die Leute ihrem Schicksal überlässt.

    Jaja, die bösen Grünen, die immer wieder auf Missstände aufmerksam machen müssen…:P

  37. 37
    H. E. says:

    Und ich warte immer noch auf das Protokoll der öffentlichen Veranstaltung „Bürgerforum“ vom 01. Februar 2010 im Rathaus Moabit, das Thomas Isenberg (SPD) damals am Ende der Veranstaltung den kritischen Besuchern öffentlich zugesagt hat.
    Dass er das Protokoll bis heute nicht veröffentlicht hat, liegt möglicherweise daran, dass sich die SPD von der Bürgerschaft eine sehr vielseitige und massive Kritik anhören mußte. Dieses zuzugeben, dafür braucht es schon Stärke.

  38. 38
    Redaktion says:

    In den letzten Tagen wurden wir von verschiedenen Seiten informiert, dass wieder Transparente an der Calvinstraße 21 hängen und sechs Mietparteien fristlos (noch vor Weihnachten) gekündigt worden seien. Die Transparente sind wieder verschwunden und heute erreicht uns folgende Pressemiteilung des Berliner Mietervereins:

    „An Presse, Rundfunk, Fernsehen
    Pressemitteilung Nr. 27/11
    Mietervertreibung in Tiergarten

    Mit teurer Modernisierung und Kündigungen soll das Haus Calvinstr. 21 leer gezogen werden. Schon seit mehreren Jahren baut und saniert ein Immobilienunternehmen im Wohnquartier nördlich der Spree.
    Im Hause Calvinstr. 21 hat dieser Vermieter Modernisierungsmaßnahmen angekündigt, die zu untragbaren Mietsteigerungen führen sollen. Darüber hinaus wurde jetzt noch mehreren Mietpar-teien fristlos gekündigt.
    Nähere Informationen wollen Ihnen Mieter des Hauses Calvinstr. 21, Nachbarn sowie der Geschäftsführer des BMV, Reiner Wild, und der SPD-Abgeordnete Thomas Isenberg bei einem Pressegespräch
    am Donnerstag, den 22. Dezember 2011 um 11:00 Uhr
    in der Calvinstr. 21, 4.OG (Wohnung Czapara), 10557 Berlin – Tiergarten (S-Bhf. Bellevue) übermitteln. Hierzu laden wir Sie herzlich ein.“

  39. 39
    Thomas Koch says:

    Meines Erachtens gibt es in Moabit-Nord und -Süd aus unterschiedlichen Gründen deutliche Mietpreissteigerungen: Im Norden geht es wohl eher um eine Konkurrenz am Markt zwischen Leuten, die ein unterdurchschnittliches Einkommen haben, so hat es nach meiner Erinnerung auch Häußermann gesehen. Im Süden gibt es Aufwertungsdruck bei einfacheren Wohnungen, etwa der Nachkriegsbebauung, die sich in einem begehrten Umfeld befinden.

    Für die Bezirkspolitik ergeben sich immer dann Handlungsansätze, wenn Aufwertungsdruck besteht:

    1. Milieuschutzsatzungen:
    Machen dann Sinn, wenn in Bestandswohnungen Aufwertungsdruck zu erwarten ist, der voraussichtlich zur Verdrängung von Gebietsbewohnergruppen führt. Das Ergebnis der TOPOS-Studie, die in der Lehrter Straße derzeit keinen akuten Aufwertungsdruck sieht, halte ich für äußert fraglich. Einerseits gibt es bspw. in Friedrichshain funktionierende Milieuschutzgebiete, in denen ein mutmaßlich geringerer Verdrängungsdruck besteht. Andererseits hat die Erfahrung mit der vom Gericht aufgehobenen Satzung für die Friedrich-Wilhem-Stadt (rund um Charite und DT) gezeigt, dass zu langes Warten zum Scheitern führt: Dort hat es auch ein langes Hin und Her gegeben, bis der Bezirk erst 1999 zum Regierungsumzug den Milieuschutz in Kraft gesetzt hat. Im Ergebnis waren Bauanträge für Luxusmodernisierung häufig bereits gestellt, bevor es den Milieuschutz gab. Das Gericht konnte dann zutreffend nur feststellen, dass es im Gebiet keine Bevölkerung mehr gibt, die vor Verdrängung zu schützen ist.
    Mein Fazit: Das von Topos empfohlene beobachtende Abwarten von Aufwertungsdruck in der Lehrter Straße scheint mir der falsche Weg zu sein.

    2. Umstrukturierungssatzungen:
    Ermöglichen den Schutz der ansässigen Bevölkerung, wenn es zu weitgehenden (städte-) baulichen Veränderungen, wie in der Melanchton- /Calvinstraße.

    3. Im Einzelfall kann auch das Bebauungsplanverfahren bestandssichernd wirken, evtl. auch schon deshalb, weil sich dadurch Verhandlungsspielräume ergeben.

    Die Bauverwaltung des Bezirkes sollte sich stärker dem Schutz der Wohngebietsbevölkerung in einigen Gebieten Moabits widmen. Seitens der Verwaltung besteht seit der Bezirksgebietsfusion hierbei eine zu zögerliche Haltung, unabhängig vom jeweiligen Parteibuch des zuständigen Stadtrats / der zuständigen Stadträtin. Dies liegt sicherlich auch daran, dass Mitte mit weitem Abstand der Bezirk mit den meisten, sehr zeitaufwendigen Bebauungsplanverfahren ist. Bei allem Verständnis für die überlastete Verwaltung hat jedoch die betroffene Bevölkerung das Recht auf Staat – eine aktiv handelnde Bezirksverwaltung und Politik.

    Thomas Koch

  40. 40
    Spiegel-Leser says:

    Weil Du Häußermann erwähnt hast, der leider viel zu früh gestorben ist, hier der Link zu einem Interview im Spiegel von 2008, das leicht lesbarZusammenhänge deutlich macht:
    „Wie Reiche die Armen aus den Städten verdrängen“
    http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,564649,00.html

  41. 41
    Initiative WgM says:

    Der Abendschaubeitrag zum Mieterprotest in der Calvinstraße 21 vom 22.12. ist noch bis zum Donnerstag im Archiv zu sehen:
    Nicht mehr vorhanden
    Ein Artikel im Neuen Deutschland hier:
    http://www.neues-deutschland.de/artikel/213991.zu-weihnachten-die-kuendigung.html

  42. 42
    doa21 says:

    Wer Zeit hat, der kommt zum nächsten Runden Tisch am 10.1. und trägt seine Erfahrungen zum Thema vor: http://doa21.biz/moabit/5-runder-tisch-am-10-1-gentrifizierung-eigene-themen/

  43. 43
    Susanne Torka says:

    Die Architekturbilder aus dem Artikel musste ich entfernen, dabei hatte ich im August letzten Jahres telefonisch um Erlaubnis gefragt und diese auch erhalten. Es scheint, dass Frau Schneider-Neudeck sich nicht mehr an das Telefongespräch erinnern kann, sonst hätte sie wohl kaum einen Rechtsanwalt eingeschaltet.

  44. 44
    H. Eschenburg says:

    @ Nr. 39

    Ich hätte die folgende Frage an Herrn Koch:
    Wie muss man vorgehen, um möglichst schnell für einen Kiez eine Milieuschutzsatzung zu erreichen?

  45. 45

    Nach unserer Erfahrung ist ein relativ langwieriges Verfahren nötig. Erst muss sich die BVV einig sein, dass es sinnvoll ist eine Milieuschutzsatzung aufzustellen. Dann muss das Bezirksamt das prüfen und eine Untersuchung in Auftrag geben, bei der herauskommen muss, dass eine solche Satzung wirklich notwendig und rechtlich begründet ist.
    Das haben wir ja in der Lehrter Straße gerade erlebt. Und obwohl das engagierte Büro Topos die Untersuchung durchgeführt hat, ist herausgekommen, dass eine Milieuschutzsatzung wohl nichts bringt. Und zwar deshalb, weil fast alle Wohnungen schon saniert sind und es für Vermieter bei Neuvermietung sowieso möglich ist die Mieten stark anzuheben, ohne dass er dafür groß in Luxusmodernisierung investiren muss. Das trifft auf die Altbauten vermutlich auch zu, aber be den Nachkriegsneubauten sieht es anders aus. Wir glauben, dass in der Lehrter Straße eine Milieuschutzsatzung für die Nachkriegsneubauten und den sozialen Wohnungsbau aus den 70er Jahren durchaus was bringen könnte. Übrigens hatte Topos in der Studie angemerkt, dass das Gebiet südlich Alt-Moabit in diesem Sinne mal genauer betrachtet werden solle, weil dort der Aufwertungsdruck besonders hoch sei.

    Es gibt zum Thema Milieuschutz aber durchaus auch Stimmen, die das anders sehen als Topos, z.B. der Berliner Mieterverein.

    Herr Koch, bitte beantworten Sie die Frage von H. Eschenburg auch noch einmal.

  46. 46
    prolet says:

    Ich vermute, daß eine Milieuschutzsatzung – wenn sie denn überhaupt (schnell) durchsetzbar wäre – mangels einheitlicher Zusammensetzung der jetzigen Wohnbevölkerung einem Flickenteppich gleichen würde. Der noch erhaltene Altbaubestand südlich Alt-Moabit ist von der ursprünglichen Grundrißgestaltung und Ausstattung her als höherwertig zu betrachten, der Moderninierungsschub hatte da schon in den 80er Jahren begonnen (z.B. Thomasiusstraße). Die kriegsbedingten Baulücken sind – je nach Baujahr – mit einem qualitativ höchst unterschiedlichen Bestand gefüllt worden (einfacher Standard des Aufbauprogramms in der Thomasius- Calvin- und Melanchthonstraße, besserer Standard in den 70er- und 80er-Jahre Bauten in verbliebenen Baulücken (z.B. Spenerstraße) bis hin zu hochwertigsten Bauten (Paulstraße und aktuell Melanchthonstraße).
    Die Mieter wären wahrscheinlich gezwungen, ihre Rechte, die sie theoretisch haben, gerichtlich durchzusetzen. Daß die Praxis dem Hohn spricht, wissen Leser – nicht nur – des Mieterechos nur zu gut. Der jetzige Aufwertungsdruck ist von den unterschiedlichsten Parteien und Koalitionen auf Landes- und Bundesebene politisch gewollt gewesen, erinnert sei an die Einführung des „Weißen Kreises“ im ehemaligen Westberlin und an die Preistreiber „Modernisierung auf einen heute üblichen Standard“, die der Mieter i. d. R. nicht ablehnen darf sowie heutzutage die Energieeinsparverordnung. Meines Wissens war es dann ausgerechnet eine PDS-Senatorin, die noch mehr Energieeffizienz im Wohnungsbestand (mit den entsprechenden Folgen für die Miethöhe!) durchsetzen wollte. Dazu kommt die Aufhebung der Zweckentfremdungsverbotsverordnung, in Bezirken wie Lichtenberg sind erlassene Milieuschutzverordnungen dann auch konsequenterweise wieder kassiert worden.
    Vor den Folgen der Hauptstadtentscheidung und der Zentralbahnhofsplanung für die damals ansässige Bevölkerung ist ja schon vor zwanzig Jahren gewarnt worden, nun haben sich alle damals als wirklichkeitsfremd abgetanen Befürchtungen bewahrheitet. Die Schadenfreude gegenüber Altmietern bzw. offene Solidarität mit den Heuschrecken zeigt sich da ganz unverhohlen in dem einen frechen Kommentar unter „Die letzten Mohikaner“.

    Weitere Kommentare beim neuesten Artikel zur Calvinstraße 21:
    https://moabitonline.de/14047
    Die Redaktion