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Neue Botschaft kommt nach Moabit

Moabit ist Mitte! Oder? So müssen wir uns auch nicht wundern, dass zu den bereits existierenden 3 Botschaften in Moabit noch eine vierte dazukommt. Diplomaten wollen schließlich regierungsnah residieren. Das verstehen wir. Und dass Moabit landläufig eher als Hinterhof der Regierung bezeichnet wird, haben sie von weitem noch nicht hören können.

Indonesien in der Lehrter Straße, Mozambique in der Stromstraße, Usbekistan in der Perlebergerstraße. Und wo Usbekistan liegt, ist auch Tadschikistan nicht weit. In Zentralasien nicht und bald auch nicht in Berlin. Jetzt noch in der Otto-Suhr-Allee wird die Botschaft von Tadschikistan in nächster Zeit wohl in die Perleberger Straße einziehen.

Im März 2008 hat – wie jetzt bekannt wurde – die Republik Tadschikistan die frühere neuapostolische Kirche an der Ecke Lübecker Straße gekauft. Die Umnutzung zu Botschafts- und Konsularzwecken wurde bereits genehmigt. Von einem Umbau ist noch nichts zu erkennen außer neuen Überwachungskameras. Pläne haben wir noch nicht gesehen.

Wann der Umzug stattfindet, ist auch noch nicht bekannt. Doch gibt es Parallelen: Die Deutsche Botschaft in Duschanbe ist in den letzten Wochen in einen gerade fertiggestellten Neubau eingezogen, deshalb war sie vom 10. bis 15. Juli, die Konsularabteilung sogar bis zum 21. Juli, geschlossen. Moabit ist aber doch nicht Mitte!

Denn eine weitere Parallele wünschen sich die Moabiter überhaupt nicht: nämlich weitere Sicherheitsvorkehrungen, wie sie ein paar Straßenecken weiter vor der Botschaft von Usbekistan seit vielen Monaten – wenn es nicht schon Jahre sind – den Bürgersteig absperren. Ja die Sicherheitslage, aber welche Sicherheit und wo ist eigentlich wer gefährdet? 3 Jahre später ist immer noch nicht bekannt, wieviele Menschen getötet wurden, als die usbekische Regierung 2005 in Andischan auf eine demonstrierende Menschenmenge schießen ließ. Da hilft auch das lange Wortprotokoll der Pressekonferenz auf der Botschaftsseite wenig.

In Tadschikistan herrschte von 1991 bis 1997 ein blutiger Bürgerkrieg, es ist eines der ärmsten Länder auf der Erde. Kritische Berichte über die politische Situation in Tadschikistan, Usbekistan und den anderen 3 zentralasiatischen Ländern finden sich auf Quantara.de, eine sehr lesenswerte Seite in deutsch, englisch, türkisch und arabisch.

Wer mehr wissen möchte über die 5 zentralasiatischen Republiken, mit denen die USA seit dem 11.9.2001 im sogenannten Kampf gegen den Terror eng zusammenarbeitet, sollte Michael Lüders Buch „Tee im Garten Timurs“ lesen, das hier besprochen wird. Die „Reporter ohne Grenzen“ veröffentlichen jährliche Berichte über fehlende Pressefreiheit und Unterdrückung von freiem Journalismus, nicht nur aus Tadschikistan und Usbekistan, sondern aus vielen anderen Ländern.

11 Kommentare auf "Neue Botschaft kommt nach Moabit"

  1. 1
    Uwe Klüppel says:

    Betreff: Kommentar zu Artikel Neue Botschaft kommt nach Moabit

    Tadschikische Botschaft in Moabit – Wo bleibt das Positive?

    Hallo Moabit Online, liebe Redaktion,

    ich halte den Artikel über die den Einzug der tadschikischen Botschaft in das Gebäude Perleberger/Ecke Lübecker Straße für nützlich, allerdings nur hinsichtlich der formalen Information an die LeserInnen von Moabit-Online.
    Die darin enthaltene Kritik, die Ansiedlung einer weiteren Botschaft in Moabit wirke sich negativ auf den Kiez aus, teile ich so nicht. Ganz im Gegenteil. Ich bin der Meinung, dass die Moabiter/-innen und seviel selbstbewusster damit umgehen sollten, wenn sich hier Institutionen niederlassen. Völlig kontraproduktiv ist m. E. eine Haltung, die ständig die „Opferrolle“ unseres Stadtteils als „Hinterhof des Regierungszentrums“ einnimmt. Bei der Bewertung kann es nicht darum gehen, welches Land hier eine Botschaft errichtet. Die Diskussion, ob sich nun ein „Schurkenstaat“ oder einer, der unserem westlich-demokratischen Wertesystem verpflichtet fühlt, in Moabit niederlässt, sollte besser in Proseminaren der entsprechenden Fakultäten diskutiert werden. Für den stadtentwicklungspolitischen Diskurs ist sie allerdings wenig hilfreich. Ich würde mich ja auch freuen, wenn demnächst die Botschaft eines völkerrechtlich sicheren und anerkannten Palestinenserstaats in ein Gebäude der zukünftig „gelifteten Turmstraße“ einziehen würde. Man kann sich das aber nun mal nicht aussuchen, wenn man Hauptstadtbezirk ist und sein will.
    Wenn über die Monitore der Sicherheitskameras ständig Bilder einer „zugeschissenen“ und verschmutzten Lübecker flimmern, wird man diesen Eindruck sicherlich nicht lange zu schätzen wissen. Haben dann die Botschaftsangehörigen und Besucher noch ein Interesse an einer sicheren Überquerung der Perleberger Straße, oder ist ihnen gar nach einem leckeren Imbiss zumute, dürfte das vermutlich eine für alle erwünschte Verbesserung nach sich ziehen. Ergo, Umfeld und Allgemeinheit werden von einer neuen Botschaft an diesem Standort überwiegend profitieren. Und vielleicht gibt es dann auch mehr pflanzliches grün in der sonst so tristen Lübecker Straße. Darüber hinaus könnte die Perleberger Straße ihren Status als innerstädtische Rennstrecke für tiefergelegte wie kreditfinanzierte 6er BMW verlieren.
    Kaum zu glauben, dass der Mauerfall vor fast 18 Jahren! stattgefunden hat. Das ist der Anfang vom Ende und der Abschied vom liebgewonnenen alten Westberlin gewesen. Die damit einhergehenden, meist positiven Veränderungen erreichen nun langsam, und seit ein paar Jahren spürbar, auch unseren Stadtteil.
    Und das ist gut so.

    Mit freundlichem Gruß

    Uwe Klüppel

  2. 2
    Jürgen Schwenzel says:

    Mittlerweile haben erste Umbaumaßnahmen an der Umzäunung des Geländes begonnen, Auf die vorhandene Ummauerung wird eine neue, höhere Zaunanlage montiert, der Blick auf das Gebäude wird dabei weiterhin möglich sein. Die Bauarbeiten stoßen bei Passanten aus der Nachbarschaft auf großes Interesse, immer wieder fragen sie bei den Bauarbeitern nach.

    Zwei weitere Botschaften in Moabit hat Susanne Torka noch vergessen, in der Joachim-Karnatz-Allee befinden sich die Botschaften von Panama und Guatemala. Die indonesische Botschaft wird im übrigen – so Pressemeldungen in den letzten Tagen, ein neues eigenes Botschaftsgebäude im Bereich des „Diplomatenparks“ Tiergartenstr./Körbisdreieck bauen und somit dann Moabit wieder verlassen.

    @Uwe Klüppel,
    Nach der Fragestellung „Wo bleibt das Positive?“ in deiner Überschrift bin ich über deine Ausführungn sehr überrascht. Denn mit deinen Aussagen zum Erscheinungsbild prägst gerade Du das Negativ-Image von Moabit. Da hat Susanne Torka vielleicht doch recht wenn Sie in ihrem Artikel anführt, dass Moabit oftmals als Hinterhof des Regierungsviertels empfunden wird. Und auch das von dir benutzte Bild zur Perleberger Str. ist doch sehr klischeehaft.

    Dass aber der Zuzug einer Botschaft die Probleme des Wohnumfelds der Umgebung lösen wird, die Einschätzung halte ich für sehr optimistisch. Klar werden die Botschaftsangehörigen auch mal einen Imbiss oder auch ein Restaurant in Moabit aufsuchen und auch vielleicht hier andere Einkäufe tätigen, aber daraus direkt eine Wende für den Kiez zu ermalen…

    Übrigens die Verbesserung der Querungssituation über die Perleberger Straße im Bereich der Lübecker Str. für Fußgänger wurde schon vor langer Zeit zugesagt, harrt allerdings immer noch der Umsetzung – vielleicht machen ja betroffene Anwohner – eventuell zusammen mit BürSte – in der Sache noch mal Druck bei der Verwaltung. Bäume in der Lübecker Straße, das haben sich schon viele Anwohner der Straße gewünscht – leider wird das ohne massive bauliche Eingriffe in das Leitungssystem der Straße nicht gehen, so ergaben Studien zu dieser Frage in den 1990er Jahren.

    Im übrigen hat Susanne Torka in ihrem Text nicht pauschal kritisiert, dass die Ansiedlung einer Botschaft sich negativ auf den Kiez auswirkt, sondern ein konkretes Problem bei der Botschaft von Usbekistan benannt – die seit langem bestehenden Absperrgitter auf dem Bürgersteig. Und sie führt sicher zu Recht an, dass die Moabiter dies nicht ein weiteres Mal haben möchten, so waren jedenfalls meine heutigen Begegnungen mit Passanten vor der künftigen Botschaft Tadschikistans, die sich bei den Bauarbeitern der zwischenzeitlichen begonnenen Baumaßnahmen – einer Erhöhung des Zauns um die künfige Botschaft – wegen der Baumaßnahmen erkundigten. Vor der derzeitigen Botschaft Tadschikistans, die mit anderen Einrichtungen in einem Bürogebäude in der Otto-Suhr-Allee untergebracht ist, sind übrigens keine Absperrungen – hier besteht also Grund zur Hoffnung

    Der Artikel von Susanne Torka nennt den damaligen Grund für die Absperrmaßnahmen vor der usbekischen Botschaft, die Sicherheitseinschätzung für die Botschaft und sie benennt den Zusammenhang für die Änderung der Sicherheitseinschätzung – Ereignisse in Usbekistan vielen Toten – und gibt hierfür Quellen im Internet an, sowie dann auch Informationen und Quellen zu Tadschikistan und der dortigen Lage nach dem Bürgerkrieg, der bis 1997 andauerte.

    Angesichts dessen was in den Quellen zu Usbekistan und Tadschikistan angeführt wird, empfinde ich deine Bemerkung „Die Diskussion, ob sich nun ein “Schurkenstaat” oder einer, der unserem westlich-demokratischen Wertesystem verpflichtet fühlt, in Moabit niederlässt, sollte besser in Proseminaren der entsprechenden Fakultäten diskutiert werden. Für den stadtentwicklungspolitischen Diskurs ist sie allerdings wenig hilfreich.“ als zynisch und menschenverachtend, zumal allein du selber – nicht die Autorin des Ausgangsartikels – eine Bewertung der angesprochenen Länder durchführt.

    Mit freundlichem Gruß

    Jürgen Schwenzel

  3. 3
    Aro says:

    Joachim-Karnatz-Allee befinden sich die Botschaften von Panama und Guatemala

    Stimmt, und dort (im Komplex der „Schlange“) sind auch noch die von Nicaragua und El Salvador.

  4. 4
    Luk says:

    Seien wir froh, daß die Botschften nach Moabit ziehen -, es bedeutet eine Aufwertung dieser Ortschaft. Und eine Steigerung der Immobilienpreise, die zu wünschen wäre, damit hier auch eine soziale Veränderung stattfinden könnte. Wir sind Hauptstadt, kein Alternatives , ewig Harz IV Dorf. Denn der Fortschritt gebietet immer Veränderungen.

  5. 5
    suse says:

    Wer wünscht sich eine Steigerung der Immobilienpreise?? Das heißt doch auch eine Steigerung der Mieten? Ich nicht.

  6. 6
    Susanne Torka says:

    Nur zur Klarstellung: ich habe überhaupt nichts gegen Botschaften in Moabit! Aber ich habe viel gegen abgesperrte Bürgersteige! Die indonesische Botschaft in meiner direkten Nachbarschaft erfreut immer wieder mit sozialen Events und ungewöhnlicher Musik, schade, dass sie wegzieht. Die vier lateinamerikanischen Botschaften auf dem Moabiter Werder kannte ich noch nicht.

  7. 7
    Miriam Scheffler says:

    als ziemlich unmittelbare nachbarin der neuen botschaft war ich zuerst sehr neugierig, als sich vor einiger zeit wieder leben auf dem gelände regte. nächste reaktion: leichtes misstrauen, als ich die überwachungskameras entdeckte. eine genauere betrachtung brachte mir aber die erkenntnis, dass man sich mühe gegeben hat, die kameras nur auf das botschaftsgelände selber blicken zu lassen.
    ich finde vor allem gut, dass sich die botschaften anderer länder praktisch überall in berlin ansiedeln. die ansiedlung der tadschikischen botschaft in meiner nachbarschaft wird mich künftig jedes mal, wenn ich daran vorbeigehe, daran erinnern, dass es viele länder auf dieser erde gibt, besonderes häufig auch solche, die man nicht ständig auf dem schirm hat (wie eben tadschikistan). und das empfinde ich völkerverbindend. in mitte leben über 100 nationalitäten zusammen, und zwar im großen und ganzen friedlich, und deshalb sollten wir jetzt auch die neue botschaft genauso friedlich in unsere mitte aufnehmen!

  8. 8
    R@lf says:

    Mal ganz davon abgesehen, daß die Usbeken nun im eigentlich der Kulturinitiative MO21 damals zugesagten Kulturhaus Moabit sitzen, finde ich es gar nicht prickelnd, daß wir hier im Kiez die Botschaften von korrupt-diktatorischen Regimen einsammeln. Die Sperrung vor der Usbekischen Botschaft ist nicht von ungefähr: der Staat ist unbeliebt, durchaus auch vom Inneren her. Bei den Tadjiken wird es kaum besser werden, stecken sie doch im War-against-Terror ebenso wie die Usbeken dick mit drin als Basis für USA und Alliierte. Bei Indonesien darf ich vielleicht mal zart an Ost-Timor erinnern, wo die Bevölkerung massenweise massakriert worden ist.

    Diese Botschaften sind keine Bereicherung, sondern eine Gefahr für die AnwohnerInnen, denen bei einem möglichen Anschlag mehr passieren kann als nur ein lauter Rumms. Siehe Anschläge auf andere Botschaften weltweit in der Vergangenheit.

    Auch Mozambique ist nicht gerade der Hort freier und fairer Wahlen …
    http://de.wikipedia.org/wiki/Mosambik

    Ehrlich gesagt würde ich mir andere Nachbarn wünschen.

    Die Regierungsnähe unseres Kiezes wird sich mittel- und langfristig so auswirken, daß immer weniger gering begüterte Menschen sich leisten können hier zu wohnen. Und da sollten diejenigen, die jetzt noch genug haben nicht zu selbstzufrieden abwinken, sondern mal an drohende Arbeitslosigkeit, Inflation und Altersarmut durch sinkende Renten denken.

  9. 9
    Weber says:

    Die Ängste kann ich echt verstehen. Meine Freundin war auf Wohnungssuche, in der Lübeckerstraße, 2 Häuser neben der Botschaft war eine super Wohnung frei – sie nahm sie nicht, denn wer weiß was da auf die Lübeckerstraße zu kommt.

  10. 10
    vilmos says:

    Bloß keine Bäume auf die Lübecker, ich bin froh, dass das Tageslicht in meine Wohnung kommt.

  11. 11
    quitzow says:

    Es ist sehr erfreulich, daß Botschaften nach Moabit kommen. Es wird die Lebensqualität steigern. Egal, ob jemandem der jeweilige Staat , oder dessen regierung nicht paßt. Lebte Ortega-y-Gasset noch, dann sähe er die Verwirklichung seiner von ihm befürchtete Entwicklung der Hyperdemokratie.

    @suse (Mietsteigerung):
    Denken Sie, daß im Leben alles bleibe, wie es ist? Dazu sind Sie frei, es zu tun.
    Liebe Grüße.

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