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Der Bezirk und die Artenvielfalt

Im internationalen Jahr der biologischen Vielfalt 2010 hat der Bezirk Mitte als erster Berliner Bezirk am Dienstag im Rathaus Tiergarten die Beitrittserklärung zum kommunalen Bündnis für Biologische Vielfalt unterschrieben. Die Deutsche Umwelthilfe nahm das Dokument entgegen.

Im dritten Stock des Rathauses Tiergarten ist noch bis zum Ende des Monats eine große Ausstellung über den Schutz der Artenvielfalt zu sehen, die Wanderausstellung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung „Berlin und der  Countdown 2010, Rettet die Biodiversität“, in der auf vielen Schautafeln erklärt wird, warum der Schutz der Artenvielfalt für das Überleben zukünftiger Generationen von Menschen weltweit notwendig ist. Viele verschiedene Themen werden angesprochen: internationale Meilensteine im Umweltschutz, der Nutzen von Kleingärten in der Stadt oder der spezielle Artenreichtum Berlins. Die szenischen Darstellungen von Grundschulkindern beim Tag der Biodiversität auf dem Alexanderplatz werden dokumentiert, als 2008 die Stadt Berlin der Kampagne „countdown 2010“ beigetreten ist. Damit hat sich Berlin zu konkreten Maßnahmen für den Erhalt biologischer Vielfalt verpflichtet. 2 Jahre später gibt es nicht nur Begeisterung sondern auch Kritik an der  teilweise schleppenden Umsetzung der Programme oder an Planungen, die etwa im Widerspruch zur Realisierung des  Biotopverbunds stehen. Im Rathaus liegen auch jede Menge interessante Broschüren aus, z.B. die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt.

Zu was hat sich der Bezirk Mitte nun tatsächlich verpflichtet? Auf der Webseite des Amtes für Umwelt und Natur zum Artenschutz heißt es sehr allgemein „Der Bezirk unterstützt die Ziele des Netzwerkes Countdown 2010 mit Projekten, die dem Erhalt der Artenvielfelt in unserem hoch verdichteten innerstädtischen Bezirk dienen.“  Konkret soll der Lebensraum von Fledermäusen verbessert und geschützt werden, die an und in modernisierten Gebäuden in der Regel keinen Platz mehr finden. Fledermaus-Quartiere werden kartiert, dokumentiert und neue geschaffen. Ein Winterquartier soll als besonderes Schutzgebiet (FFH-Gebiet) im Rahmen von Natura 2000 dauerhaft gesichert werden. Außerdem gibt es Projekte zum Schutz höhlenbrütender Vogelarten. So wurden im März 2010 vier Nistkästen für Mauersegler am Dach der Turnhalle der Gotzkowsky-Grundschule aufgehängt. Nistorte von Mauerseglern sollen gemeldet werden.

Also wir sehen schon: ein bißchen hat das ganze auch mit Moabit zu tun! Hier ist das Mauerseglerprojekt an der Gotzkowsky-Grundschule, hier gibt es auch Fledermausquartiere, z. B. in Kellern in der Havelberger Straße. Doch den Artenschutz dem Bezirk zu überlassen wäre falsch. Jeder kann aktiv werden. Wir haben mit der Unterzeichnung der Deklaration durch den Bezirk nun noch ein Argument mehr den Bezirk auf die Selbstverpflichtung zum Artenschutz bei jeder möglichen Gelegenheit hinzuweisen, sei es bei Neubau oder Sanierung, Grünflächenpflege oder …. Also habe ich die Gelegenheit genutzt und bei der Festveranstaltung gleich die für den Artenschutz zuständige Mitarbeiterin der Verwaltung  gefragt, was denn nun eigentlich mit dem Steinschmätzer auf dem  Bahngewerbegürtel, der Moabit von zwei Seiten umgibt, passieren wird. Ihre Antwort hat ihr selbst und auch mir nicht besonders gut gefallen. Denn: Artenschutz lässt sich hier leider nicht durchsetzen. Der Steinschmätzer ist ein Vogel, der weite offene Flächen mit Steinhaufen benötigt und auch nicht viel Publikum beim Brüten vertragen kann. So ist es nicht möglich seinen Lebensraum an der Quitzow-/Siemensstraße zu erhalten, wenn man eine neue Straße baut und neue Gewerbeansiedlungen. Und an der Heidestraße ist es dasselbe, wenn dieses neue Stadtquartier kommt, muss der bedrohte Vogel (Rote Liste) auch hier das Weite suchen. Kann es da trösten, dass es einen sogenannten „Ausgleich“ dafür geben muss?

7 Kommentare auf "Der Bezirk und die Artenvielfalt"

  1. 1
    R@lf says:

    Na dann melde ich doch gleich mal den Mauerseglernistort Rathenower Str. 23 HH hier auf Moabit Online öffentlich an. Und am Vorderhaus gab es Rauchschwalben – bis Mieter die Nester wegmachten. Und am verwüsteten Nordhafen kann mensch gleich an der Brücke abends in der Dämmerung Fledermäuse beobachten (Großes Mausohr, wenn ich nicht irre). Da fallen mir auch gleich Vilmoskörtes verzichtbare Nachtigallen im Kleinen Tiergarten ein und die vielen vielen Arten, die im Lehrter Mittelbereich lebten und teils noch leben – viele wurden schon durch die Zerstörung der dortigen Ökotope vertrieben. Demnächst der Rest. 🙁

    Ja Susanne, wir haben jetzt zwar ein Argument mehr, aber bei der Schwerhörigkeit von Politik und Verwaltung bin ich mehr als skeptisch. In der Vergangenheit hat nach solchen Dingen offenbar kein Hahn gekräht. Und wenn auf einem zur Disposition stehenden Gelände der letzte Dodo oder das letzte Einhorn leben würde, wäre ich mir ziemlich sicher, daß Mittel und Wege gefunden würden, dem Kommerz den Weg frei zu machen.

    Aber wir können den öffentlichen Druck vielleicht ein wenig erhöhen, wenn wir in Moabit eine NABU-Ortsgruppe Mitte gründen – die gibt es nämlich merkwürdigerweise noch nicht. Vor Jahren hatte ich zwar schon einmal die Initiative dazu ergriffen, aber dann kamen mir ne Menge Dinge in die Quere, die gezwungenermaßen Priorität hatten…
    Also Interessent_inn_en: meldet Euch mal im B-Laden Lehrter Straße!
    http://www.nabu.de/aktionenundprojekte/batnight/index.html
    http://berlin.nabu.de/nabuaktiv/bezirksgruppen/

  2. 2
    Susanne Torka says:

    Das ist eine gute Idee mit der NABU-Ortsgruppe! Dafür würde der B-Laden als Ort auch ganz bestimmt nach Absprache zur Verfügung stehen.
    Aber die Gruppe organisieren solltest Du schon bitte selbst machen. Es steht auch noch ein Termin mit dem WSA wegen der Abholzungen am Berlin Spandauer Schifffahrtskanal aus, den wir vereinbaren müssen:
    http://www.lehrter-strasse-berlin.net/dateien/BR-Lehrter_Protokolle/2010/BRL_Prot_2010-06-01.pdf

  3. 3
    F. M. says:

    Falls man für „Abholzungsgespräche“ eine offizielle Funktion vorweisen muss: Ich bin Sprecher der Schutzgemeinschaft Brandenburger Alleen (Themengruppe gebildet aus NABU, VCD, Robin Wood, …), mit etwas Phantasie kann man da die Wasserstraßen ja dazurechnen. Aber ich komme kaum mit Brandenburger Aktivitäten nach, viel Zeit für Berlin kann ich nicht bereitstellen. Ehrlich gesagt, bis jetzt kenne ich den Sachverhalt noch gar nicht.

  4. 4
    Susanne Torka says:

    Hallo F.M.
    dann poste ich die links hier nochmal (die schon beim Artikel „Sellerpark wird neugestaltet“ in Kommentar 2 und 3 stehen):
    http://baumschutz.wordpress.com/2010/02/14/bks-baumfrevel/
    http://baumschutz.wordpress.com/2010/02/17/wsa-rechtfertigungen/
    http://baumschutz.wordpress.com/2010/03/14/validierung-bsk/
    http://baumschutz.wordpress.com/2010/03/31/wirkungsloser-protest/
    http://baumschutz.wordpress.com/2010/04/12/bsk-rechtfertigungen/
    http://baumschutz.wordpress.com/2010/04/22/bsk-krisensitzung/
    Ziemlich ausführlich, braucht etwas Zeit, das alles durchzulesen. Deshalb gibt es auch einen Anhang zum Protokoll der Betroffenenratssitzung vom 1.6.2010, bei der ein Gespräch mit Mitarbeitern des WSA und Bezirksamts Mitte vor Ort stattfand (siehe oben, Kommentar 2 zu diesem Artikel), das die Postings der B.I. Bäume am Landwehrkanal zusammenfasst.

  5. 5
    R@lf says:

    Auf jeden Fall würde und werde ich helfen eine NABU-Gruppe auf die Beine zu stellen. Meine Kontakte zur Geschäftsstelle Berlin bestehen ja noch und es sollte keine große Schwierigkeit sein, Zustimmung zu finden. Auch ich hatte an den B-Laden als Treffpunkt gedacht.
    Wenn Interessent_inn_en ihre Kontaktdaten im B-Laden hinterlegen (bzw. diese mailen), werde ich ein gemeinsames Treffen organisieren.

    Weiß eigentlich jemand etwas über eine aktive BUND-Gruppe in unserem Kiez? Wenn NABU und BUND als die beiden großen Naturschutzverbände mit zusammen fast einer Million Mitglieder gebündelt vorgehen, kann man sie noch schlechter ignorieren.

  6. 6
    H. E says:

    Welch ein Hohn!

    Da unterschreibt das Bezirksamt die Beitrittserklärung zum kommunalen Bündnis für Biologische Vielfalt und gleichzeitig will es das Großmarkt-Bauvorhaben genehmigen, mit dem auf dem 30.000 m² großen Grundstück des ehemaligen Güterbahnhofes an der Siemensstraße selbst die letzte Maus umgebracht wird.
    Und vorher sieht das Bezirksamt auch noch stillschweigend zu, wie dieses Gelände in eine illegale Müllkippe verwandelt wird, statt den Eigentümer mit allen rechtlichen Mitteln dazu zu bringen, für geordnete Verhältnisse zu sorgen.

  7. 7
    K. S. says:

    R@lf schrieb. „Wenn NABU und BUND als die beiden großen Naturschutzverbände mit zusammen fast einer Million Mitglieder gebündelt vorgehen, kann man sie noch schlechter ignorieren.“

    Als Ossi wunderte ich mich damals sehr, warum die Wessis für jeden Maulwurfshaufen einen eigenen Verein gründen. Es handelt sich wohl nicht nur um mehr oder weniger abweichende Schwerpunkte, sondern vor allem um persönliche Befindlichkeiten und organisatorische Strukturen. Historisch entstanden Parallelvereine oft, wenn X (aus Bayern) mit Y (aus dem Rest der Welt) nicht konnte. Es gibt nur wenige Doppelmitgliedschaften bei NABU und BUND, als „Ergänzung“ bieten sich eher VCD oder Robin Wood oder Tropenwaldvereine an. Praktisch mitarbeiten darf man in vielen Vereinen natürlich auch als Nichtmitglied, man hat aber kein Stimmrecht bei Beschlüssen.

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