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Angelika Krüger und die Omas gegen Rechts

Wir treffen uns im B-Laden zum Interview – nicht zum ersten Mal: meistens bei Kundgebungen, Demonstrationen oder Infoständen irgendwo in Moabit oder Berlin.

Der Anlass dafür liegt schon ein paar Monate zurück: die Verleihung der Bezirks­verdienst­medaille 2023 im Juli 2024. Angelika Krüger, Hans-Georg Rennert, Renate Gebler und Tobias Wolf wurden damit für ihr bürgerschaftliches Engagement geehrt, das in ganz verschiedenen Bereichen liegt.

Angelika Krüger ist mein Jahrgang (1953) und vor etwa 50 Jahren begegneten wir uns zum ersten Mal als Auszubildende in einer Heidelberger Buchhandlung. Da hatte sie schon einen „weiten Weg“ hinter sich. Und der kam gleich bei meiner ersten Frage: „Wann bist Du eigentlich politisch wach geworden?“ zur Sprache. Das war schon sehr früh mit 13 oder 14 Jahren. Damals ist sie mit Eltern und Geschwistern nach Namibia gezogen, wo die Familie dreieinhalb Jahre in Windhuk lebte. „Dort habe ich das Apartheid-System hautnah kennengelernt, wenn auch die anderen darunter leiden mussten. Ich habe erlebt wie Slums mit Bulldozern brutal platt gemacht wurden, ohne Rücksicht, ob noch Menschen in den Hütten sind. Die Schwarzen wurden umgesiedelt in Townships ohne Schatten,“ berichtet sie. Die Familie kam in die BRD zurück, als Angelika 16 ½ war, sie sind oft umgezogen. In Frankenthal hat sie im letzten Schuljahr einen Skandal erlebt: die Ehefrau eines Politikers klagte wegen Vergewaltigung in der Ehe – was übrigens erst 1997 zum Straftatbestand wurde. Die Ausbildung in der Studierendenstadt Heidelberg Anfang der 1970er Jahre trug natürlich zusätzlich zur Politisierung bei. Sie wurde Gewerkschaftsmitglied. Nach der Ausbildung ging sie nach Singen, hat auch mal darüber nachgedacht in eine Partei einzutreten, sich aber dagegen entschieden, weil sie sich als wenig kompromissbereit eingeschätzt hat.

In Berlin haben wir uns dann wiedergetroffen – zufällig auf einer Demo gegen Rechts beim Fußballspiel Deutschland : Türkei 1983. Die Themen waren gesetzt: gegen Rassismus und Patriarchat. Allerdings hatte Angelika Schwierigkeiten in der Frauenbewegung anzudocken – auch das kann ich aus eigener Erfahrung gut nachvollziehen. Es gab viele zerstrittene Gruppen, Fans von Alice Schwarzer waren wir beide nicht. 1986 kam ihre afro-deutsche Tochter zur Welt. Im gleichen Jahr erschien im Orlanda Frauenverlag das Buch „Farbe bekennen. Afro-deutsche Frauen auf den Spuren ihrer Geschichte“. Seitdem hat sich Angelika viel mit Rassismus beschäftigt. Als Alleinerziehende hat sie 10 Jahre als Tagesmutter gearbeitet, später umgeschult und im Reformhaus gearbeitet. Zum Schluss war der eigene Laden nicht mehr rentabel. Alleinerziehend und voll berufstätig konnte sie sich nicht aktiv in politischen Gruppen engagieren. Als sehr bedrohlich hat sie die 1990er Jahre erlebt – die sogenannten Baseballschlägerjahre. „Auch damals dachte ich, was kommt da nur auf uns zu. Heute ist es ähnlich.“ Angelika hat später noch über 10 Jahre bei dem Träger, bei dem sie ihre Umschulung gemacht hatte, als Verwaltungskraft gearbeitet. Ende 2018 las sie einen Artikel im Tip über die „Omas gegen Rechts“, ging mit einer Freundin zum Treffen und ist dabei geblieben.

Es gibt drei verschiedene Gruppen „Omas gegen Rechts“ in Berlin, die aber aktuell (fast immer) zusammen arbeiten. „2019 hatte sich die Berliner Gruppe gespalten wegen unterschiedlichen Arbeitsweisen einzelner Personen. In diesem Jahr hatte sich deutschlandweit ein „Verein Omas gegen Rechts“ gegründet. „Beim Kongress in Erfurt im August 2024 waren alle Gruppen dabei.“ sagt Angelika. In Berlin gibt es 10 Stadtteilgruppen, die alle Bezirke abdecken, und 11 thematische Arbeitsgruppen der „Omas gegen Rechts“. Die Gruppen arbeiten eigenverantwortlich. Angelika findet den Verein wichtig für die rechtliche Absicherung, alleine schon für die Angabe des presserechtlich Verantwortlichen auf Flugblättern. Auch Opas gegen Rechts können in der Stadtteilgruppe Mitte mitmachen. „In den letzten zwei Jahren sind wir stark gewachsen, deshalb haben wir ein bisschen mehr Struktur geschaffen.“ Sie konzentrieren sich auf das Kernthema „gegen Rechts“. Natürlich gibt es zu vielen Themen auch unterschiedliche Meinungen. „Das müssen wir aushalten. Es glückt relativ gut, wenn auch manchmal um den Preis, dass Themen nicht ausdiskutiert werden und unter dem Teppich bleiben. Im Alter bin ich milder geworden, sehe nicht mehr alles schwarz-weiß, habe mehr Gespür für Grauzonen,“ schmunzelt sie.

Was Angelika besonders gut gefällt ist die Kiezstruktur. Es gibt viel Zusammenarbeit mit anderen lokalen Gruppen zum Beispiel bei der Unterstützung von Ari, der Friedensstatue an der Bremer Straße, wo monatlich eine Mahnwache stattfindet, oder beim Netzwerk Ottilie Pohl, das im November 2024 einen Aktionsmonat mit vielen Veranstaltungen organisiert.
„Wir freuen uns über neue Aktive und brauchen sie auch dringend für die vielen kleinen und größeren Veranstaltungen. Meldet Euch gerne bei uns.“

Kontakt: stadtteilgruppe-mitte@omasgegenrechts.berlin

https://omasgegenrechts.berlin/

Ein Kommentar auf "Angelika Krüger und die Omas gegen Rechts"

  1. 1
    Moabiterin says:

    Das ist ja ganz aktuell. Die Omas gegen Rechts sind auch heute abend bei der Aktion „Die Friedensstatue bleibt. Hände weg von Ari!“ dabei: um 18 Uhr an der Friedensstatue mit Redebeiträgen und Musik aus dem Jugend-Workshop mit der vietdeutschen Rapperin Nashi44.
    … und am Freitag 1.11. von 0-24 Uhr eine Mahnwache.

    Zum Hintergrund könnt ihr hier nachlesen:
    https://koreaverband.de/blog/2024/10/23/der-korea-verband-leitet-rechtliche-schritte-fuer-den-erhalt-der-friedensstatue-ari-ein/

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