Rundgang zur Biodiversität im Fritz-Schloß-Park
Der Fritz-Schloß-Park in Berlin-Moabit stand am 11. Oktober 2024 im Mittelpunkt eines aufschlussreichen Rundgangs zur Biodiversität, geleitet von Experte Uli Christmann vom Büro Landschaft planen + bauen Berlin. Mit dabei waren auch Margaretha Seels (Fachbereich Stadtplanung im Stadtentwicklungsamt Mitte) sowie Phil von Lueder (Gebietsbeauftragte für Nachhaltige Erneuerung, S.T.E.R.N. GmbH).
Es wurde folgende erfreuliche Nachricht verkündet: Für die kommenden fünf Jahre sind 20 Maßnahmen mit jeweils 10.000 Euro Budget geplant, die in enger Abstimmung mit dem Grünflächenamt umgesetzt werden sollen. Diese Initiative verspricht eine gezielte Verbesserung der ökologischen Vielfalt unserer grünen Oase in Moabit. Zu Beginn gab es eine Pflanzaktion von Besucher*innen des Spaziergangs; wir können uns also im nächsten Jahr auf Krokusse, Schneeglöckchen und Winterlinge am Parkeingang Turmstraße Ecke Rathenower Straße freuen!
Der Spaziergang offenbarte Herausforderungen, denen sich der Park gegenübersieht. Der Boden, bestehend aus etwa 1,5 Metern Erde auf Trümmerschutt, präsentiert sich als zweischneidiges Schwert: Einerseits ist er durch Mörtel und andere Schutt-Rückstände kalk- und nährstoffreich, andererseits kann er aufgrund seiner geringen Tiefe nicht ausreichend Wasser für die Vegetation speichern. Diese Problematik zeigt sich besonders deutlich am Bergahorn auf den Hügeln des Parks, dessen verminderte Vitalität ein Zeugnis der eher schwierigen Wachstumsbedingungen ablegt.
Ein Thema des Rundgangs war der Nachpflanzbedarf im Park. Christmann betonte die Wichtigkeit, bei der Neubepflanzung zwei Aspekte zu berücksichtigen: Zum einen soll der gehölzdominierte Charakter des Parks erhalten bleiben, zum anderen gilt es, sogenannte „Zukunftsbäume“ zu integrieren – Arten, die besonders gut an das städtische Klima und künftige Umweltveränderungen angepasst sind.
Der Experte plädierte für die Bevorzugung heimischer Pflanzenarten gegenüber exotischen Gewächsen. Als anschauliches Beispiel wurde der Kontrast zwischen dem Ginkgo, welcher lediglich acht Insektenarten als Lebensraum dient, und der Stieleiche hervorgehoben, die nicht weniger als 570 Insektenarten beherbergen kann. Diese Differenz unterstreicht die Bedeutung der Artenauswahl für die lokale Biodiversität. Konkret könnten Holunder- und Haselnussbäume anstelle von Knallerbsen-Gewächsen gepflanzt werden. Um der Dominanz des Spitzahorns entgegenzuwirken, wurde die Eiche als vielversprechende Alternative ins Spiel gebracht. Christmann meint, dass selbst wenn keine heimische Baumart in Frage komme, es immer noch vorzuziehen sei, eine Pflanze zu wählen, deren Gattung zumindest in Deutschland vertreten ist – ein Kompromiss, der für Insekten und Vögel immer noch vorteilhafter sei als völlig fremde Arten.
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der während des Rundgangs hervorgehoben wurde, war die Bedeutung von Totholz für den Nährstofferhalt im Boden. Auch sind stehengelassene Bäume eine ideale Brutmöglichkeit für Vögel. Das Grünflächenamt sei sich der Tatsache bewusst, dass abgestorbene Bäume also lieber stehen gelassen werden sollten.
Neben Totholz ist eine weitere Idee zur Bodenverbesserung die Anreicherung des Bodens mit Pflanzenkohle, wie sie in der Jungfernheide praktiziert wird. Diese wird mit Mykorrhiza-Pilzen geimpft, anschließend auf den Boden aufgebracht und bepflanzt. Dies sorgt für einen höheren Kohlenstoffgehalt im Boden und verbessert dessen Wasserhaltefähigkeit – ein Kühleffekt kann auftreten, wenn genügend Wasser vorhanden ist.
Während diese Maßnahmen darauf abzielen, die Bodenqualität und das Mikroklima zu verbessern, gibt es auch Lösungsansätze, die die Oberfläche des Parks betreffen. Ein besonders dringliches Problem, das während des Rundgangs identifiziert wurde, sind die zahlreichen Trampelpfade, die sich negativ auf die Pflanzen- und Tierwelt auswirken. Diese inoffiziellen Wege, die durch wiederholtes Betreten entstehen, stellen insbesondere für Bodenbrüter eine Gefahr da. Als Gegenmaßnahme wurde vorgeschlagen, Hecken aus Holz zu errichten, um den Zugang zu erschweren und gleichzeitig Lebensraum für Kleintiere zu bieten. (Zäune aus Metall sind eher keine Option, wie sich in Friedrichshain gezeigt hat, denn dort wurden die Zäune mit einer Zange durchgeschnitten.) Ein weiteres Beispiel für eine ökologische Parkgestaltung ist die „Wildwiesen-Schnecke“ auf einem der beiden Hügel des Fritz-Schloß-Parks. Diese Fläche soll erst im Sommer gemäht werden, um Insekten Überwinterungsmöglichkeiten zu bieten. Und wenn Flächen gemäht werden, wie auch die Rodelbahn im Park, dann nach dem Konzept des Teilmähens, welches vorsieht, zunächst einen Streifen und dann die jeweils andere Seite zu mähen. Dies sei laut Christmann für das Grünflächenamt nicht mit höheren Kosten verbunden als flächiges Mähen.
Der Rundgang bot auch Gelegenheit, einen Erfolg zu feiern. So wurde eine vor zwei Jahren installierte Bienen-Brut-Hilfe nun endlich von den summenden Insekten angenommen – ein kleiner, aber bedeutsamer Sieg für die Biodiversität im Park.
Insgesamt zeigt der Fritz-Schloß-Park, wie gemeinschaftliches Engagement und gezielte Maßnahmen eine nachhaltige Verbesserung der urbanen Biodiversität bewirken können, und lässt uns auf eine blühende Zukunft für Mensch und Natur in Moabit hoffen!
Text: Jonna Dickershoff, Fotos: Jürgen Schwenzel und Susanne Torka
Nachtrag:
Lesen Sie auch den Bericht „570 Arten an einem heimischen Baum“ auf der Seite der Senatsverwaltung zum Förderprogramm Nachhaltige Erneuerung, mit Link zu Informationen für ein Gutachten und Online Bürgerbeteiligung auf mein.berlin.de, wo Beobachtungen zu Flora und Fauna sowie Vorschläge gemacht werden können.
Schon mal sehr schön, dass jetzt anscheinend der waldähnliche Charakter des Fritz-Schloß-Parks nicht mehr als Problem gesehen wird, wie das noch bei den ersten Planungen so etwa ab 2006 der Fall gewesen ist. Da hieß es „verbuscht und zugewachsen“ – als ob das was schlechtes wäre. Ja, eine bessere Pflege war schon notwendig und die ist immer noch schwer zu erreichen. Während dieser 20 Jahre sind Grünanlagen immer wichtiger geworden – für Erholung und Klima.
Zu den jahrelangen Planungen wurde vom B-Laden viel Material gesammelt:
https://lehrter-strasse-berlin.net/fritz-schloss-park-und-poststadion-sportpark/