So können Sie mitmachen!

Eintreten lohnt sich!

Beim Gang durch die Turmstraße in Berlin-Moabit lassen sich erstaunlich viele Informationen zur Geschichte der Straße und ihrer Gebäude finden – auf Gedenktafeln, Infostelen oder QR-Codes. Darüber hinaus lohnt es sich, das ein oder andere Gebäude zu betreten und die Hinterhöfe zu erkunden, um Kunst- und Geschichtsausstellungen zu entdecken oder um imposante Architekturen von innen zu sehen.

Turmstraße Berlin Moabit

Die Turmstraße selbst ist ein merk­würdiger – und interes­santer! – Hybrid aus einzelnen Solitären: Während sie im Ost- und Mittel­teil wichtige lokale und landes­politische Ämter sowie Bildungs-, Justiz-, und Kultur­ein­richtungen beherbergt, ist sie am west­lichen Ende von Ein-Euro-Shops, Imbissen und Baklava-Läden geprägt. Ist sie einerseits eine wichtige Verkehrs­ader mit viel Fußgänger-Traffic, fehlt ihr aufgrund des Kleinen Tiergartens zum Süden hin die Dichte.

U-Bahn-Ausgang
Nimmt man den U-Bahn-Ausgang „Turmstraße“ hin zur Wilhelms­havener Straße kommt man an einer bunten Kachel­wand vorbei, auf der erklärt wird, wie die Turm­straße zu ihrem Namen kam:
„Die Turmstrasse wurde 1818 auf einem alten Heer­weg angelegt. Den Namen „Turmstraße“ erhielt sie aufgrund der Tatsache, dass damals bei guter Sicht in beiden Richtungen ein Turm zu sehen war: In westlicher Richtung der Turm der Spandauer Nicolaikirche – in östlicher Richtung der Turm der Berliner Sophienkirche.

Kachelwand U-Bahn Haltestelle Turmstraße

Am 2. August 1961 wurde im Verlauf der Linie U9 der U-Bahnhof „Turm­strasse“ eröffnet – gestaltet von dem Archi­tekten Bruno Grimmek. Im Zuge von Instand­setzungs­maßnahmen kamen 2012 die künst­lerische Bear­beitung der Pfeiler im Warte­bereich hinzu – entworfen und ausgeführt vom Berliner Kachel-Atelier Pohl.“

Auf der Straße
Steht man auf der Turmstraße zwischen dm und dem Gesund­heits­zentrum, ist man mit einer Groß­bau­stelle kon­frontiert: „Seit Mitte August 2021 sind die Bau­stellen­arbeiten im Zuge des Straßen­bahn­ausbaus in vollem Gang. Die Linie M10, die bisher am Haupt­bahnhof endet, wird um 2,2 Kilometer zum U-Bahnhof Turm­straße verlängert. Künftig sollen die Straßen­bahnen im 5- bis 10-Minuten-Takt fahren und umsteige­frei den Prenz­lauer Berg, den Haupt­bahnhof und Moabit verbinden. Ab dem Haupt­bahnhof bzw. der Lüne­burger Straße als bisheriger Endstation werden vier neue barriere­freie Halte­stellen mit jeweils zwei Zugängen sowie eine neue Richtungs­haltestelle gebaut. Die Straßen­bahnstrecke soll vor­aus­sicht­lich im Juni 2023 fertig­gestellt und eröffnet werden. Bis dahin wird es zu Beein­trächtigungen insbesondere im Straßen­verkehr kommen.“ So heißt es in der Februar/März Ausgabe der ecke, der Lokal­zeitung für das „Lebendige Zentrum“ und Sanierungs­gebiet Turmstraße, heraus­gegeben vom Bezirksamt Mitte von Berlin, Stadt­entwicklungs­amt, Fach­bereich Stadt­planung.[1]

Berliner Sparkasse / Foto Fix / Moavitalis Gesundheitszentrum / Sönnes Baklava / Commerzbank / dm / Turm Apotheke / Coffee Turm

Nr. 10 – Jenseits von Birkenstraße e.V.
Im Fenster eines kleinen Ladens steht dieser Text in unterschiedlichen Sprachen am Fenster und lädt ein zu Malkursen wie Kneipenabenden:

„Wir als JVB e.V. möchten Menschen im Kiez und darüber hinaus einen Raum zur künst­lerischen, poli­tischen, sozialen oder anders­wertigen Betätigung bieten. Als kleiner Gegen­entwurf zu einer Stadt, in der Orte der kollek­tiven Nutzung verschwinden oder unbe­zahlbar werden. Falls ihr Ideen oder Fragen habt, eine Gruppe, Einzelperson oder Struktur seid, euch schon lange trefft, oder gerade erst anfangt, dann schreibt uns doch unter: wir@jvb-moabit.de. Wir freuen uns!“

Shopping Mall Schultheiss-Quartier

Kaufland / Meiniger Hotel / New Yorker / Kamps / Wonder Waffel

 Nr. 25 – Schultheiss-Quartier
Betritt man die zweigeschossige Shopping Mall auf dem ehemaligen Brauereigelände, die 2018 eröffnet wurde, und geht auf die Roll­treppen zu, läuft man über eine in den Boden einge­lassene Platte mit einem Gedicht von Joachim Ringelnatz:
„Berlin wird immer mehr Berlin. Humorgemüt ins Große. Das wär mein Wunsch: Es anzuziehn. Wie eine schöne Hose.
Joachim Ringelnatz, 1883-1934, Berliner Schriftsteller“

Projekt BEA (Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Sauerbruch und Hutton) / Staats­anwaltschaft Berlin / wiko / Turm Bistro / Blumenhaus Witte / J & R Kosmetik Institut / Minimarkt Damas / Nusantra Indonesisches Restaurant/

Nr. 21 – Gesundheits- und Sozialzentrum Moabit
Gegenüber des Kleinen Tiergartens befinden sich auf dem Gelände des ehemaligen Krankenhauses Moabit, das 2001 geschlossen wurde, heute zahlreiche Einrichtungen wie das Landesamt für Gesundheit und Soziales, das Landesamt für gerichtliche und soziale Medizin und das Gesundheitsamt des Bezirks Mitte. Hinzukommen Einrichtungen der Charité, Arztpraxen und Pflegeeinrichtungen. 

Vor einem der älteren Gebäude steht eine Info­stele und informiert über die Geschichte des Hauses als Beamten­wohnhaus und Schwestern­wohnheim:
„Mit der Erweiterung des Kranken­hauses Moabit gegen Ende des 19. Jahr­hunderts stieg auch der Bedarf an qualifi­ziertem Personal. Deshalb wurde 1983 unter der Leitung des Stadt­bau­inspektors Fridolin Zekeli ein aus Vorder­haus und Seiten­flügel bestehendes Gebäude mit Dienst­wohnungen, Schulungs- und Sozial­räumen errichtet. Um die unge­lernten männ­lichen Kranken­wärter zu ersetzen, bildete man verstärkt weib­liche Pflege­kräfte aus, deren wachsende Zahl 1902 den Bau eines Schwestern­heims erforder­lich machten. Neben den Zimmern enthielt es eine Gemein­schafts­küche und einen Speise­saal.“

In der Diakonie-Station Tier­garten, die sich in einem Backsteinbau direkt an der Turmstraße befindet, ist an der Außenwand eine Gedenktafel angebracht, die an den Wider­stands­kämpfer Georg Groscurth (27.12.1904-8.5.1944) erinnert: „Hier, im Kranken­haus Moabit, organisiert Georg Groscurth Widerstand gegen national­sozia­listische Unterdrückung. Der Arzt unter­stütze unter anderem politisch und rassisch Verfolgte. Am 4. September 1943 wurde er aus diesem Grund verhaftet und am 8.Mai 1944 im Zuchthaus Brandenburg hingerichtet.“

M & M Back / City Friseur / Spätkauf / Fiseur Essanelle / My Foto / Pizza Amore / Darwich’s Crispy / O2 / Arresalah e.V. zur Unterstützung der Familie / Mir Style / Bakers / Falafel / Currry Ecke

„Tauchbericht Moabit“ Arbeiten des Künstlers Marc Rohweder

Mathilde-Jacob-Platz 1
Vor dem Rathaus Tier­garten des Bezirks­amts Mitte versammeln sich gleich mehrere Hinweis­schilder und künst­lerische Inter­ventionen. Fangen wir mit dem Offen­sicht­lichsten an – der Vitrine. Diese kann für je einen Monat gegen ein Entgelt bespielt werden. Bis Ende März stellte der Künstler Marc Rohweder Arbeiten unter dem Titel „Tauch­bericht Moabit“ aus. Es handelt sich um mehrere Tusche-Zeichnungen, die im Raum zu schweben scheinen. Rohweder, der gleich um die Ecke in der Zwingli­straße sein Atelier hat, verweist mit dem Titel auf die Ent­stehungs­geschichte der Blätter, die durch ein Eintauchen (engl. Immersion) in ein mit Tusche gefülltes Wasser­becken entstehen. Das Ergebnis sind zarte Struk­turen, die mitunter an topo­graphische Verläufe erinnern. Der Titel „Tauch­bericht Moabit“ ist aber auch eine Anspielung auf die geogra­fische Lage von Moabit, so Rohweder, denn der Stadt­teil ist von allen Seiten von Wasser umschlossen.

Zur Grünfläche hin weist ein Schild auf den Natur­lehrpfad Moabit hin. Eingezeichnet ist eine Karte der Umgebung mit „Grünen High­lights am Natur­lehr­pfad Moabit“, unter anderen wird dort auf die Zier­kirschen vor dem Rathaus verwiesen oder auf die Wal­nuss­bäume, Baumhasel, Zier-Birne, -Apfel, -Kirsche, Paulownie (chinesischer Zierbaum), die in der Wald­straße wachsen. Auch auf den alten und seltenen Baum­bestand der Thusnelda-Allee wird verwiesen, bestehend aus Linden, Ulmen, Buchen und Maul­beer­bäumen. Aufgestellt hat das Schild der BUND Berlin.

Depandence Mitte Museum im Rathaus Tiergarten

Auf dem Weg zum Rathaus lohnt ein Blick auf den Boden. Dort befindet sich eine Markierung, die in Form eines QR-Codes auf den Gedenk­ort Güter­bahn­hof Moabit in der Quitzow­straße hinweist.

Ein weiterer Geschichts­ort befindet sich im Rathaus. Dort hat das Mitte Museum einen Ableger. „Das Rathaus­gebäude entstand 1935 bis 1937 und war der erste Neubau in der Zeit des National­sozialismus für die Berliner Kommunal­verwaltung. Die Aus­stellung „Das Rathaus Tier­garten als Täter- und Erinnerungs­ort“ gibt Einblicke in die Geschichte des Ortes und diskutiert Formen des Umgangs mit NS-Architektur heute.“[2] Zudem kann man das historische Bürger­meister­zimmer besichtigen. In dessen Vorzimmer werden mit Kurt Tucholsky, Musa M. Džalil?, Albrecht Haushofer und Nelly Sachs vier Schrift­steller*innen vorgestellt, die in der Zeit des National­sozialismus in Berlin-Tiergarten verfolgt wurden.

Moabiter Döner / Ital. Eis Da Gianni / Juwelier Elissa / Pfenningland / Pizza & Pasta Arminius Apotheke / Risa / Flying Fisch / Fayrit Kebab / Bolu Fleisch und Lebensmittel / Bio Company

 

Nr. 75 – Brüder-Grimm Haus
Das Brüder-Grimm Haus beherbergt mehrere Kultur- und Bildungs­ein­richtungen des Bezirks­amts Mitte wie die Musik­schule Fanny Hensel, die Volks­hoch­schule sowie die Galerie Nord. Im Erdgeschoss und von außen einsehbar, bespielt der Kunst­verein Tiergarten die Räum­lich­keiten. Bis zum 8. April stellte der Künstler Said Baalbaki aus, der seit 20 Jahren in Moabit lebt und arbeitet. In seiner Einzel­ausstellung „Gestern wie heute“ zeigt er mehrere komplexe Werk­serien, die sowohl Einblick in seine konzep­tuelle und recherche­basierte Arbeits­weise geben, als auch skulp­turale Arbeiten und Malerei umfassen.

Geht man durch die Einfahrt, kommt man auf einen geräumigen Hof, der von Gebäuden des Berlin Kollegs umgeben ist, ein Institut zur Erlangung der Hoch­schul­reife.

An der Außenwand wird auf einem Schild das Projekt „15 Buchstaben – 101 Wörter“ der Künstlerin Penelope Wehrli vorgestellt. Die Arbeit, die jeweils ab Dämmerung an der Fassade zu sehen ist, nimmt den Schriftzug an der Fassade des Hauses (Brüder-Grimm Haus = 15 Buchstaben) als Ausgangs­punkt, um durch das Erleuchten einzelner Buchstaben 101 neue Wörter und Wort­folgen zu kreieren.
Auf dem Schild heißt es:
„Die drei Wörter Brüder-Grimm-Haus kenn­zeichnen das historische Haus in der Turmstraße, das sich mit all seinen Insti­tutionen seit Jahr­zehnten der Kunst, Kultur und Weiter­bildung widmet. Die Künst­lerin Penelope Wehrli stellt den Schrift­zug des Hauses in den Mittel­punkt ihrer Inter­vention und rückt mit ihren Wort­spielen die Lebendig­keit von Sprache in das öffent­liche Bewusstsein.
Die fünfzehn Buch­staben des Schrift­zuges bilden das Material für die Kompo­sition unzähliger Abfolgen von Wörtern und Lauten. In unter­schied­lichsten Geschwindig­keiten und Rhythmen leuchten diese teils wunder­samen Wort­spiele über die Fenster­front der Galerie Nord. Sie stellen Bezüge zum deut­schen Wörterbuch der Brüder Grimm her und lassen Bilder ihrer uni­versellen Märchen­sammlung entstehen. Das Außer­kraftsetzen von gängigen Satz­anordnungen und der Gebrauch von klang­lichen Laut­folgen wecken Assoziationen zu Comic, Trash-Art und Dada.“
2022 wurde sie um die Sprachen Türkisch, Französisch, Kroatisch und Spanisch erweitert und ihr Verblieb an der Fassade verlängert.

Bronze zum Gedenken an Wilhelm Schwartz

Der Everst – Nepalesisch und indisches Restaurant / Viet Ma / Luwian Bäckerei / Hair Style Elegant / Angkor Reisen / Lohmann Leihhaus / tipico Wettbüro / Syran Natur Parkett / Honiggelb Mittagstisch / Avrasyam Döner / u Zosi Polnische Spezialitäten / Kanzlei Sari

Nr. 86 – Verwaltungsakademie Berlin
Dieses eher unspek­takuläre Back­stein­gebäude wurde 1881-1882 errichtet und ist ein typischer Schul­bau seiner Zeit. Ergänzt wird er durch einen Anbau mit bunten Kacheln an der Fassade aus den 1960er-Jahren. Bis 2010 waren hier verschie­dene Schulen untergebracht, zuletzt die Breit­scheid-Oberschule. Nach Umbauten und Moderni­sierungen nutzt seit 2014 die Verwaltungs­akademie Berlin das Gebäude. Sie ist die zentrale Aus- und Fort­bil­dungs­ein­richtung der öffent­lichen Verwal­tung und bietet Inhouse-Veran­staltungen (wie Team­entwicklungs­workshops oder Zukunfts­konferenzen) ebenso an wie Aus­bildungs­lehrgänge zum Verwaltungs­fach­angestellte/r und Führungs­lehrgänge.

Nr. 87
Im kleinen Grün­abschnitt befindet sich eine Bronze zum Gedenken an Wilhelm Schwartz (1821-1899). Heute nahezu unbekannt, war Schwartz zu seiner Zeit ein ange­sehener Schrift­steller, Sagen­forscher und Regierungs­rat, dessen Buch „Sagen und alte Geschichten der Mark Branden­burg“ 1871 erstmals erschienen, 2014 eine Wieder­auflage im Saga Verlag erfuhr.

Nr. 91 – Kriminalgericht Moabit

Gebäudekomplex Kriminalgericht

Das repräsentative Gebäude am Ende der Straße, kurz vor dem Fritz-Schloß-Park, beherbergt das Landes­gericht und die Staats­anwalt­schaft. Es ist laut Wikipedia mit 340 Richter*innen und 360 Staats­anwält*innen das größte Straf­gericht Europas.[3] Den neoba­rocken Bau kann man auch als Besucher*in betreten (voraus­gesetzt man hat einen Personal­ausweis dabei und lässt sich von der Eingangs­kontrolle nicht abschrecken). Ein Besuch lohnt sich, denn das Treppen­haus ist imposant – von den Boden­fliesen über die Fenster, in denen sich zum Teil noch die bunten Originale befinden, bis hin zu den Deckengewölben.  

[1] https://www.turmstrasse.de/sites/default/files/2023-02/ecke_nr1-23-turm_web-1.pdf

[2] https://www.mittemuseum.de/de/ausstellungen/2022/rathaus-tiergarten-als-taeterort

3] https://de.wikipedia.org/wiki/Kriminalgericht_Moabit

Text und Fotos: Anna-Lena Wenzel

Zuerst erschienen im Online Magazin von Kultur Mitte am 11.4.2023 mit weiteren Fotos

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Lesen Sie auch den Beitrag von 2017 ursprünglich aus dem MieterMagazin über die Turmstraße – mit Ecken und Kanten, den erst zwei Jahre alten Spaziergang auf Moabit.net

oder schauen Sie das Video von 1964 an.

 

 

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