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Die köstlichsten Gözleme und anderes

Türkische Köstlichkeiten bei „Güllü Lahmacun“ – Can Yücel im Interview  

Wer kennt nicht „Güllü Lahmacun“, den Spezialisten für Gözleme und andere türkische Speisen in der Perleberger Straße 56? Ein Ein-Frau-Betrieb, wie wir immer dachten. Was wirklich dahintersteckt, dazu trafen sich Gerald Backhaus und Quartiersmanagerin Yasemin Soytemel zum Interview mit Can Yücel. 

Der junge Mann mit dem strahlenden Lächeln erzählt, dass seine Mutter Gül, die er zärtlich Mama nennt und die „die Beste ist“ beim Interview gar nicht dabei sein kann. Sie weilt gerade in der Türkei und daher schmeißt der 29jährige aktuell den Laden. Er zeigt stolz ein Foto mit seiner Mutter. Es stammt von der großen Aktion, als sie in rund fünf Stunden allein 300 Gözleme für eine Familienfeier herstellte.

Nach Gül Yücel – ihr Vorname bedeutet Rose im Türkischen – wurde das Lokal benannt. Die in Van, der Hauptstadt der gleichnamigen türkischen Provinz Van in der Region Ostanatolien nahe der iranisch-türkischen Grenze, Anfang der 1970er Jahre geborene Frau ist in Adana aufgewachsen. Diese mit mehr als 2,2 Millionen Einwohnern sechstgrößte Stadt der Türkei liegt in der fruchtbaren Tiefebene Çukurova und ist bekannt für sehr gutes und scharfes Essen. Vor gut 30 Jahren folgte sie ihrem Mann, der bei der BVG arbeitet, nach Berlin.

2007 gründete sie das Geschäft, das mit seinen sechs Tischen drin und drei draußen aktuell bis zu 40 Gästen Platz bietet. Jahrelang arbeitete sie hier ganz allein. Dem Quartiersmanagement und Quartiersrat ist sie gut bekannt, weil sie deren Sitzungen häufig mit ihren Speisen belieferte. „Sie wollte was Eigenes machen“, berichtet Can, „nach dem sie zuvor jahrelang in Hotels und für Reinigungsfirmen gearbeitet hatte.“ Verkaufsschlager sind ihre Gözleme, das sind würzig gefüllte Fladenbrote aus einem dünn ausgewalzten Teig. Traditionell wird der Teig mit den Händen gerollt, wie auf Fotos im Lokal zu betrachten ist. Heutzutage ist eine Teigmaschine praktischer. 

Der gefüllte Teig wird auf einer heißen Platte namens Sac – ausgesprochen „Satsch“ – gebraten. Ein Sac eine leicht konvex gewölbte, runde Metallplatte, die zum Backen von Yufka – einer Art Fladenbrot ohne Hefe – und Gözleme verwendet wird. Das gasbetriebene Gerät, das im „Güllü“ direkt an der Fensterscheibe steht, stammt natürlich aus der Türkei. Darauf passen gleichzeitig vier bis fünf Gözleme. Sie braten rund drei Minuten und müssen währendessen oft gewendet werden, damit der Teig nicht anbrennt. Das Gözleme-Rezept von Cans Mutter Gül stammt aus der Nähe der Stadt Nevçehir, Hauptstadt der gleichnamigen türkischen Provinz Nevçehir in der zentralanatolischen Landschaft Kappadokien. Zu den beliebstesten Füllungen gehören die Kombination Spinat mit Käse, Hackfleisch und Gemüse.

Zweiter Bestandteil des Lokalnamens ist Lahmacun – ausgesprochen „Lahmatschun“, ein traditioneller Imbiss in der Türkei, der auch türkische Pizza genannt wird und meistens heiß direkt aus dem Backofen gegessen wird. Lahmacun ist ein Fladenbrot aus Hefeteig, das vor dem Backen dünn mit einer würzigen Mischung aus Hackfleisch, Zwiebeln und Tomaten bestrichen wird. 

Can empfiehlt besonders die Manti seiner Mutter, ausgesprochen „Mante“. Manti sind, um noch einmal einen Vergleich mit der italienischen Küche zu bemühen, die türkische, oder genauer gesagt die anatolische Version von Tortellinis. 

Außerdem stehen im „Güllü Lahmacun“ gefüllte Weinblätter („Sarma“) aus der Stadt Tokat auf der Speisekarte. In letzter Zeit immer größerer Beliebtheit erfreut sich S?kma. Das sind vegetarische Dürüm, die ihren Ursprung in der Stadt Adana haben. Als Dürüm wiederum bezeichnet man eine wrap-ähnliche Rolle aus Yufka mit variantenreichen Füllungen. 

Apropos Füllungen, besonders gelobt wird im „Güllü Lahmacun“ die Paprikapaste Salça, die dunkelrot wie Tomatenmark aussieht. Sie wird von Gül Yücel selbst hergestellt und ist eines ihrer geschmacklichen Geheimnisse. Can lässt Yasemin Soytemel und mich probieren. Vor kurzem war er für zwei Tage mit dem Flugzeug in der Türkei, um 25 Kilogramm Salça von seiner Mutter abzuholen. Im Geschäft wird viel davon gebraucht, dieser Vorrat reicht nur für zwei bis drei Monate. Und demnächst noch kürzer, weil es immer mehr Kaufinteressierte in Moabit gibt, die sie zum Kochen daheim entweder pur und künftig auch tiefgefroren erwerben möchten. Can begleitete seine Mutter vor ein paar Jahren mal beim Aussuchen der Paprika in der Türkei. Da ging es um 800 Kilogramm Paprika, erinnert er sich. Die brüten oder besser grillen in Säcken auf den heißen Dächern von Adana in der Sonne, bis am Ende des Herstellungsprozesses daraus nach vielem Rühren etwa 90 Kilogramm Paste entstanden sind. Can empfiehlt sie auch als Brotaufstrich zum Frühstück.

Can lebt in Wedding und kommt mit dem Auto nach Moabit. Das ist sehr praktisch für die Einkäufe, die seine Mutter Gül jahrelang allein mit dem Bus erledigt hat. Der gelernte Hotelfachmann verbrachte seine Kindheit in Moabit. Die Familie wohnte in der Birkenstraße, bis er 13 Jahre alt war. Seine Grundschule war die James-Krüss in der Siemensstraße. Ein bis zwei Wochen im Jahr verbringt er in der Türkei, besucht dort seine Großeltern mütterlicherseits. „Als Kind fuhr ich in den Sommerferien immer zu viert im Auto mit den Eltern und meinem Bruder hinunter.“ Die Oma war schon hier im Lokal zu Besuch und lobte die Speisen ihrer Tochter.

Schon früher hat er seiner Mutter unter die Arme gegriffen, in dem er den Papierkram für sie erledigt und in letzter Zeit auch die Einkaufstouren übernahm. Seit Juni arbeitet er nun fest im Geschäft seiner Mutter. „Ich hätte es viel früher machen sollen“, sagt er und lobt die sehr angenehme Kundschaft und das sich familiär anfühlende Umfeld. Für manche ist der Laden eine Art zweites Wohnzimmer, wie für den Studenten, der sein Buch vergaß. Als ihm jemand damit hinterher spurten wollte, beruhigte die Mutter mit den Worten: „Ich deponiere das hier für ihn. Er kommt zwei Mal am Tag her.“

Mitten ins Interview platzt eine Kundin. Sie ist ganz enttäuscht, dass sie noch nichts zu essen bekommt. Sie ist eine halbe Stunde zu früh dran, denn die Mitarbeiterin Sevim, die heute kocht, ist noch nicht da. Der Verkauf beginnt immer pünktlich um 12 Uhr. Die Kundschaft vom „Güllü Lahmacun“ bezeichnet Can als sehr gemischt, vorwiegend Einheimische, aber auch immer mehr Touristen. „Die besten Lahmacun in Berlin“ – so der Ruf des Lokals, der auch schon Prominente anzog. Als der in Deutschland sehr erfolgreiche kurdischstämmige Rapper Eko Fresh hier mal in Begleitung von dem Schauspieler Kida Khodr Ramadan und einem Fußballer aufschlug, wäre Can sehr gern dabei gewesen. Doch seine Mutter schlug den Vorschlag des Rappers, zusammen ein Foto mit ihm zu machen, mit den Worten „Ich kenn Dich ja gar nicht“ aus. Eko Fresh schrieb einen Gruß an ihre Kinder mit dem Hinweis „die kennen mich sicher!“ auf einen Zettel.

Güllü Lahmacun hat aktuell wochentags von 12 bis 20 Uhr geöffnet, und an den Wochenenden ab Ende September wieder, weil dann „Mama wieder aus der Türkei zurück ist“, verrät Can.

Kontakt: Güllü Lahmacun, Perleberger Straße 56, 10559 Berlin,
Telefon: 030 51736076,

https://www.facebook.com/GulluLahmacun

Text & Fotos: © Gerald Backhaus, außer die Fotos mit Gül Yücel (diese stammen von Can)

Zuerst erschienen auf der Webseite des Quartiersmanagements Moabit-Ost

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