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Die Umwandlungswelle rollt weiter

Drei Viertel der neu gebauten Wohnungen in Mitte sind Eigentumswohnungen – oft Mikroapartments

Im Jahr 2018 sind im Bezirk Mitte 2.456 Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt worden. Das ist im »Immobilienmarktbericht 2018/2019« des Gutachterausschuss für Grundstückswerte in Berlin nachzulesen, der im Juli erschien. Am stärksten betroffen ist der Altbezirk Tiergarten mit 1.056 Wohneinheiten, gefolgt vom Altbezirk Wedding mit 857 und vom Altbezirk Mitte mit 543 Wohnungen.

Der Gutachterausschuss ermittelt in den Grundbuchämtern, wie viele Grundbuchblätter geschlossen und wie viele Wohnungsgrundbücher stattdessen angelegt wurden. Mit dieser Grundbuchumschreibung gilt eine Umwandlung rechtlich als vollzogen. Die Mieter der betroffenen Wohnungen bekommen das meist gar nicht mit. Sie müssen erst informiert werden, wenn ihre Wohnungen verkauft werden. Dann haben sie ein Vorkaufsrecht und können in den Kaufvertrag zu den darin festgeschriebenen Konditionen eintreten. Mit dem erstmaligen Verkauf der umgewandelten Wohnungen beginnt auch die Frist, in der die Mieter vor Eigenbedarfskündigungen besonders geschützt sind: Im gesamten Stadtgebiet von Berlin beträgt sie zehn Jahre. Sie gilt allerdings nur für Mieter, die bei der Umwandlung bereits einen Mietvertrag hatten. Auch das Umwandlungsverbot in Milieuschutzgebieten greift nur dann, wenn die Wohnungen noch nicht umgewandelt waren, bevor das Milieuschutzgebiet offiziell festgesetzt wurde. Die Mieterberaterinnen der auch für die Milieuschutzgebiete von Mitte zuständigen »Mieterberatung Prenzlauer Berg« können Fälle aufzählen, in denen die Mieter vollkommen überrascht erfuhren, dass sie schon seit Jahren in einer Eigentumswohnung wohnen.

Milieuschutzgebiete wurden in den vergangenen Jahren in großer Zahl neu festgesetzt. Im Bezirk Mitte gibt es inzwischen zwölf, vor allem im Wedding und in Moabit. Etliche Immobiliengesellschaften nehmen deshalb wohl auch vorsorglich Umwandlungen vor, bevor die Milieuschutzverordnung sie daran hindert. Denn der Preisunterschied zwischen Eigentumswohnungen und normalen Mietshäusern ist enorm. Der Immobilienmarktbericht nennt als Berliner Durchschnittspreis für reine Mietshäuser im vergangenen Jahr 1.990 Euro pro Quadratmeter. Für Eigentumswohnungen gibt er einen durchschnittlichen Preis von 4.017 Euro/qm an, also mehr als das Doppelte. Das ist zwar nicht hundertprozentig vergleichbar, weil sich z.B. unter den verkauften Eigentumswohnungen anteilig mehr Neubauten befinden als unter den verkauften Mietshäusern. Aber es zeigt, dass da eine gewaltige Gewinnspanne lockt und dass der Druck auf dem Markt enorm ist. Der wirkt sich auch auf die Mieter aus: Der Preisunterschied zwischen vermieteten und unvermieteten Eigentumswohnungen betrug im vergangenen Jahr im Stadtgebiet »City«, zu dem der größte Teil des Bezirks Mitte zählt, im Schnitt 1.234 Euro/qm, also satte 36%. Im Stadtgebiet »Nord«, das auch den Altbezirk Wedding umfasst, sind es immer noch 29%. Grob gesagt, bringt eine Eigentumswohnung also rund ein Drittel mehr, wenn sie ohne Mieter veräußert wird.

Am teuersten sind die Eigentumswohnungen im Bezirk nach wie vor im Altbezirk Mitte (5.776 Euro/qm), allerdings nur knapp vor dem Altbezirk Tiergarten (5.704 Euro/ qm) und deutlich vor dem Wedding (3.511 Euro/qm). Hier macht der Immobilienmarktbericht eine Anmerkung: »Aufgrund einer großen Anzahl von Verkäufen hochpreisiger Eigentumswohnungen, oftmals als Studentenwohnungen oder Mikroapartments« sei das Preisniveau ungewöhnlich hoch. An anderer Stelle erfährt man, dass im Wedding im vergangenen Jahr zwei große Wohnanlagen mit zusammen 304 Eigentumswohnungen neu in die Grundbücher aufgenommen worden sind. Allerdings dürften sich auch im Tiergarten etliche Mikroapartments unter den neugebauten Eigentumswohnungen befinden, denn auch hier verzeichnet der Bericht durchschnittlich 129 Eigentumswohnungen in sieben neu errichteten Wohnanlagen. Insgesamt registrierten die Grundbuchämter im letzten Jahr im Bezirk Mitte zusätzlich zu den 2.456 umgewandelten Mietwohnungen 1.666 neu gebaute Eigentumswohnungen. Das sind gut drei Viertel der im Jahr 2018 laut statistischem Landesamt 2.415 neu geschaffenen Wohnungen im Bezirk. Mietwohnungsbau scheint derzeit auf dem freien Markt keine Rolle zu spielen.

Text: Christof Schaffelder, Foto: Christoph Eckelt,

Zuerst veröffentlicht in der »Ecke Turmstraße« (Nr. 4, Sept./Okt. 2019).

Ältere Kommentare zum Thema Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen beim Artikel „Umwandlungswelle (noch) nicht zu beobachten

 

2 Kommentare auf "Die Umwandlungswelle rollt weiter"

  1. 1

    Beim Neubau von Eigentumswohnungen handelt es sich ja eigentlich nicht um Umwandlung. Hier eine interessante Statistik der Umwandlungen 2015-2019 in Berlin aus einer Anfrage im Abgeordnetenhaus: https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/SchrAnfr/s18-24196.pdf

  2. 2
    Mieter-Aktivist says:

    „Rekord vor Toresschluss“ heißt der Artikel im MieterMagazin Juni 2022 zur Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, der auf einer beantworteten Parlamentsanfrage von Katrin Schmidberger (Grüne) beruht – 28.595 umgewandelte Wohnungen in 2021 (2020 waren es 19.200) in Berlin. Das Umwandlungsverbot trat am 7.10.2021 in Kraft:
    https://www.berliner-mieterverein.de/magazin/online/mm0622/umwandlungsverbot-in-berlin-rekord-vor-toresschluss-bei-der-umwandlung-062215b.htm

    Auch die Adler AG hat das genutzt und noch schnell vorher z.B. in der Wittstocker Straße 19 in Einzeleigentum umgewandelt. Das betrifft bestimmt noch viele andere Häuser in Moabit.

    Die Umwandlungsverordnung kommt aber zu spät,
    Zitate: „In den sieben Jahren von 2015 bis 2021 sind fast 120 000 Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt worden. Mittlerweile befinden sich 34 Prozent der Berliner Wohnungen in Einzeleigentum. Selbst in den Bezirken Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg sind mehr als ein Drittel des Wohnungsbestandes umgewandelt.“ und
    „Die meisten Wohnungen werden zwar weiterhin vermietet – der Anteil selbstnutzender Eigentümer steigt nur langsam auf aktuell knapp 16 Prozent – doch ist nach Ablauf der zehnjährigen Sperrfrist mit einer großen Welle von Eigenbedarfskündigungen derer zu rechnen, die die Wohnungen besitzen.“

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