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Prost und Mahlzeit

Im »Kowski« lebt die Suppen­, Stullen­, Café­ und Trinkkultur

Es ist (so blöd-­banal das auch klingen mag) einfach gemütlich hier: »Prost und Mahlzeit« ist das Motto. Das »Kowski«, ein junges Lokal in der Wilhelmshavener Straße 4, ist einer jener Läden, die man spontan zum Lieblingslokal küren möchte.

Gemütlich heißt, dass man den schlichten, unprätentiösen Räumen mit blanker Steinwand und einfachen Holztischen nicht ansehen soll und kann, wie viel Mühe und Arbeit hier investiert wurde – wohl aber sieht man sofort die Liebe, die darin steckt. So wurden die alten Rollläden vor den Fenstern in einer prima Tresen- und Decken-Dekoration recycelt. Gemütlich heißt, dass die Getränke-Lieferanten bei Anfahrt fröhlich aus dem LKW-Fenster winken und nach abgeschlossener Lieferung gern auch selbst gleich noch auf ein Käffchen bleiben. Gemütlich heißt, dass die Kuchentheke mit selbstgebackenen frischen Kuchen lockt. Gemütlich heißt, dass man hier morgens gern auf lange Frühstücke einfallen möchte – für die Soliden gibt’s Müsli, Eier, Schinken, Marmeladen, frische Brötchen und Croissants, ein gutes Käsefrühstück oder auch eine vegane Variante, für Mimosen auch die luxuriöse Kombination aus O-Saft und Champagner, für die Hartgesottenen den »Strammen Kowski«, eine polnische Version des Strammen Max: Schinken und Spiegelei auf Brot, dazu saure Gurken und Wodka. Und dazu frische Zeitungen. Gemütlich heißt, dass man auch lange Abende hier verbringen könnte, immerhin hat das »Kowski« von 10 Uhr morgens bis zwei Uhr nachts geöffnet. Und während es mittags zusätzlich leckere selbstgekochte Süppchen, Quiche oder Pasta gibt, wartet die Küche von 12 Uhr bis nachts mit kleineren Snacks auf: Es lebe die Stullenkultur! Da gibt es die »Kowski-Stulle« mit Cheddar, selbstgemachtem Apfelchutney und Krautsalat, der natürlich auch hausgemacht wird. Oder Stullen mit selbstgemachtem, veganem Apfel-Zwiebel-Schmalz. Außerdem Ofen-Stullen mit Käse und Schinken. Dazu Oliven, Sprotten oder ordentlich saure Gurken. Großartig. Dazu passt dann ein Tee, ein frisch gezapftes Bier oder auch ein polnischer Wodka.

Denn es kommt nicht von ungefähr, dass die Karte einen etwas osteuropäischen Touch hat – woran auch der schöne Name »Kowski« erinnert. Eigentlich wurde er von der klassischen Berliner Formel »Tschüssikowski« abgeleitet. Die Gründer des Lokals fanden, dass »Kowski« als Name für ein Lokal passend sei – und außerdem eben auch, wie die Karte, ein bisschen an Osteuropa erinnert.

Franzi, die Ladeninhaberin, freut sich, wenn man diese Grundidee sofort versteht. »Wir mögen die osteuropäische Kultur«, sagt sie, »und wollten ein Stückchen davon auch hier beleben.« Franziska Zimmermann, die das Lokal zusammen mit ihrem Kompagnon Björn Bessin gegründet hat, war von ihrem Heimatort bei München nach Frankfurt/Oder gezogen, um an der »Viadrina«-Europa-Universität Kulturwissenschaften zu studieren. Und das polnische Slubice liegt ja gleich am anderen Ufer der Oder. Das Studium hat Franziska dann auch abgeschlossen, und der ursprüngliche Plan war, eventuell in Gedenkstätten oder zeithistorischen Museen zu arbeiten – aber der Traum von einem eigenen Laden war schließlich stärker.

Gleichzeitig entdeckte sie nämlich, dass sie auch eine »Kümmerin« ist: »Ich freue mich einfach immer, wenn die Gäste zufrieden und glücklich sind, das macht mir Freude. Und natürlich sind die Gespräche mit den Gästen wichtig und schön.« Franziska Zimmermann sammelte viele praktische Erfahrungen bei diversen Jobs in der Gastronomie, lernte dann ihren jetzigen Geschäftspartner kennen, der bereits eine Bar in Moabit geführt hatte, und begab sich mit ihm auf die Suche nach möglichen Geschäftsräumen in Wedding (wo Franziska lebt) oder Moabit (wo Björn lebt). In der Wilhelmshavener Straße 4 wurden sie schließlich fündig: Der Laden war früher mal eine Fahrschule gewesen, danach gab es dort kurzzeitig ein türkisches Lokal, dann stand er vier Jahre lang leer. Der Eigentümer war froh über die Neumieter und unterstützte die Umbaumaßnahmen. Im letzten Herbst konnte das »Kowski« eröffnen. Die neuen Lokalbetreiber waren insbesondere von der großen Freundlichkeit und Offenheit der Moabiter Nachbarschaft überwältigt: »Als wir hier renovierten«, sagt Franziska, »schauten ständig Leute in den Laden und interessierten sich dafür, was das hier wird, und freuten sich. Man fühlte, dass sie das wirklich als Bereicherung wahrnehmen. Das war eine tolle Erfahrung! Und ohne, dass wir Werbung machen mussten, war der Laden wirklich seit der Eröffnung an jedem Abend voll. Das war schon krass.«

Franziska legt großen Wert darauf, dass in ihrem Lokal so gut wie alles, was selbst gemacht werden kann, auch hausgemacht ist: die Mittagssüppchen aus regionalen Zutaten und die Rote-Bete-Pasta, die heute gerade angeboten wird, das Chutney, die Marmeladen, der Krautsalat, das Schmalz, das Gebäck. Das Kochen und Zubereiten macht ihr einfach Spaß. All das – ebenso wie die gastliche, einladende Kultur – erinnert sehr an Polen, wo Franziska gern und viel unterwegs ist.

Mit dem »Kowski« entdeckt man plötzlich auch die Wilhelmshavener Straße ganz neu, besonders jetzt im Frühsommer. Wenn die Sonne scheint (und sie scheint nachmittags direkt aufs Trottoir vorm »Kowski«!) kann man sich auf das kleine Holzbänkchen vor dem Laden setzen, die Füße von sich strecken, das bunte Treiben auf der Straße beobachten, feststellen, dass die Wilhelmshavener ganz schön grün ist, und das Gesicht in die Sonne halten. Besser geht’s nicht.

»Kowski«, Wilhelmshavener Straße 4, Di–So ab 10 Uhr bis spät (montags geschlossen), www.kowski­-berlin.de

Text: Ulrike Steglich, Foto: Christoph Eckelt, bildmitte

Zuerst erschienen in der »ecke turmstraße«, nr. 3, mai/juni 2017.

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