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„Wir haben genug Schulen“

Sabine Smentek (SPD) ist seit Ende Januar die neue Bezirksstadträtin und Leiterin der Abteilung Jugend, Schule, Sport und Facility Management im Bezirk Mitte. Ein Interview. Smentek_CE-250

Frau Smentek, wie kamen Sie zu diesem Job?
Ich habe Betriebswirtschaft studiert und war in den letzten zwanzig Jahren als Unternehmensberaterin tätig, davon die letzten 15 Jahre mit meiner eigenen Firma. Dabei habe ich nicht nur kleine Unternehmen beraten, sondern vor allem Berliner Verwaltungen, denen ich bei Organisationsreformen mit meinem „Blick von außen“ helfen konnte. Daher kenne ich auch das Jugendamt Mitte und aus anderen Bezirken das Aufgabenfeld „Facility Management“ – früher hieß das „Liegenschaftsverwaltung“. Ehrenamtlich habe ich mich lange Zeit im Vorstand und zuletzt als Aufsichtsratsvorsitzende der Genossenschaft „Weiberwirtschaft“ in der Anklamer Straße engagiert. Ich bin aber auch schon lange Mitglied der SPD und war Ende der 80er Jahre in Kreuzberg kommunalpolitisch aktiv. Als ich nach 15 Jahren mein Ehrenamt in der Weiberwirtschaft aufgab, hatte ich wieder Zeit, mich in der SPD zu engagieren – im Bezirk Mitte, wo ich inzwischen wohne. Als mein Vorgänger Ulrich Davids sein Amt niederlegte, wurde ich angesprochen und habe zugesagt. Das war keine leichte Entscheidung, denn ich musste damit ja zugleich auch meine Beratungsfirma aufgeben. Ich habe den Schritt aber bisher keine Minute bereut.

Aus der Sicht der Unternehmensberaterin gefragt: Was muss ein Stadtrat oder eine Stadträtin mitbringen, um eine gute Arbeit zu machen?
Zunächst einmal Gestaltungswillen. Denn das ist ja ein politisches Amt – es reicht nicht, allein die Tagespost durchzugehen und E-Mails zu beantworten. Dazu kommt natürlich auch eine gewisse Führungsqualität: Man muss delegieren und motivieren können, Prioritäten setzen. Auch der Blick für Finanzen ist wichtig, gerade wenn die Mittel knapp sind. Und es braucht eine gute Portion Neugier – das gilt aber für viele andere Arbeitsstellen auch.

Für die Leitung der Abteilungen Jugend und Facility-Management bringen Sie Erfahrungen mit, wie aber steht es um den wichtigen Bereich Schule?
Die Bezirke verwalten in Berlin ja in erster Linie die Schulgebäude, die Infrastruktur und die Schulorganisation. So haben nur die Schulhausmeister ihre Arbeitsverträge mit dem Bezirk. Alle anderen, von der Schulsekretärin bis zum Schulrat, unterstehen dem Landesschulamt, also dem Senat. Unter den Immobilien des Bezirks stellen die Schulen zudem den größten Anteil. Deshalb passen die Ämter Schule und Facility-Management ja auch so gut zusammen.

Zuständig sind Sie aber auch für die Schulentwicklungsplanung. Im Bezirk Mitte wächst die Bevölkerungszahl und vor allem auch die Zahl der Kinder sehr stark. Reichen in Zukunft die Grundschulplätze?
Derzeit auf jeden Fall. Wir haben genug Schulen – aber nicht unbedingt an den richtigen Orten. Im Gebiet Südliche Brunnenstraße bräuchten wir mehr, da müssen wir uns Gedanken über die Aufstellung „mobiler Systembauteile“ machen. Früher nannte man sie „Container“, aber inzwischen sind sie wirklich sehr gut geworden. Im südlichen Tiergarten dagegen ist die Allegro-Grundschule nicht ausgelastet und hat aufgrund der Bevölkerungsstruktur im Einzugsgebiet auch gar keine Chance auf Auslastung. Man kann sie aber auch nicht schließen, denn sonst wären die Grundschüler in dem Bereich nicht versorgt. Das ist für den Bezirk sehr teuer, denn wir bekommen die Zuweisungen des Landes ja auf Grundlage der Schülerzahl, müssen damit aber andererseits die Betriebskosten, die Reinigung und Heizung sowie die „kalkulatorischen Kosten“ der Schulgebäude bestreiten. Letztere sind so eine Art fiktive Rücklage für Instandsetzung und Sanierung und schlagen mit erheblichen Summen zu Buche. Wenn eine Schule nicht ausgelastet ist, fehlt uns deshalb an anderer Stelle schmerzlich das Geld. Die Schulentwicklungsplanung für die Zukunft ist aber sehr schwierig. Wie die Erfahrung zeigt, werden nicht alle Kinder im Vorschulalter auch in öffentlichen Schulen eingeschult. Viele gehen auf Privatschulen oder ziehen mit ihrer Familie vor der Einschulung in andere Bezirke. Zudem werden vor allem im Ortsteil Mitte, aber beispielsweise auch in Moabit in den nächsten Jahren viele Wohnungen neu gebaut. Es ist aber sehr schwer vorherzusehen, wie stark sich das konkret auf die Schulen auswirkt, denn: Wie viele der Familien, die sich diese Wohnungen leisten können, haben Kinder, die sie dann auf öffentliche Schulen schicken? Wir werden aber in Zukunft jedes Jahr und nicht mehr nur alle fünf Jahre unsere Schulentwicklungsplanung aktualisieren und die tatsächliche Entwicklung in den Gebieten genau beobachten. Das leerstehende Schulgebäude in der Adalbertstraße in der Nördlichen Luisenstadt wird daher als Standortreserve weiterhin im Eigentum des Landes Berlin bleiben.

Das Interview führten Christof Schaffelder und Nathalie Dimmer, Bild: Christoph Eckelt, bildmitte

Zuerst erschienen in der ecke turmstraße, Nr. 3, Mai 2014.

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