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Aktion der Bürgerplattform: JobCenter – Öffentlicher Raum – Bildung

kirche-250Nach der überwältigenden Gründungsveranstaltung der Bürgerplattform Wedding/Moabit „Wir sind da“ im November 2008 in der Universal Hall war es in der Öffentlichkeit still um sie geworden. Doch arbeiteten die drei Aktionsteams der Bürgerplattform hinter den Kulissen fleißig weiter an den ausgewählten Themen JobCenter, Bildung und Öffentlicher Raum. Sie machten sich schlau, welche Schlüsselpersonen und Verantwortlichen für die Verbesserung der zahlreichen Mißstände angesprochen werden müssen und wie das JobCenter bzw. das Bildungssystem strukturiert sind. Bei einer Aktion der Bürgerplattform am 8. Juli in der Neuen Nazarethkirche in der Schulstraße wurden die Ergebnisse dieser Arbeit in einer gut besuchten Veranstaltung vorgestellt. Für den Herbst ist eine weitere öffentliche Veranstaltung angekündigt.

Die Pfarrerin Lee Schneider der gastgebenden Pfingstgemeinde „Feste Burg“ begrüßte die Anwesenden. Wie beim ersten Mal stellten sich die einzelnen Gruppen der Bürgerplattform mit Nennung der Zahl ihrer jeweils anwesenden Mitglieder vor – diesmal zum Trommelwirbel der Sudanese All Stars. Mit Spannung erwartet wurde die Vereinbarung, die mit den Verantwortlichen des JobCenters Mitte im Vorfeld ausgehandelt worden war. Auch hier klärte eine Folie zunächst die Zuständigkeiten. Die Organisation der Arge (= Arbeitsgemeinschaft), zusammengesetzt aus jeweils drei Personen der Arbeitsagentur und des Bezirksamts Mitte, setzt als Leitungsgremium des JobCenters Mitte den Geschäftsführer ein. Übergeordnet ist die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales, vertreten durch Staatssekretärin Kerstin Liebich, die sich entschuldigen ließ. Bei der Veranstaltung anwesend waren Dr. Ramona Schröder als Vertreterin der Arbeitsagentur und Dr. Christian Hanke, Mittes Bezirksbürgermeister sowie Stephan von Dassel, Bezirksstadtrat für Soziales und Bürgerdienste in Mitte. Außerdem stellte sich Rainer Rinner, der Geschäftsführer des JobCenters Mitte den Fragen des Aktionsteams Jobcenter der Bürgerplattform.

Persönlich Betroffene berichteten anschaulich von ihren Erfahrungen. Eine Fragebogenaktion der Bürgerplattform unter 327 JobCenter-Kunden hatte ergeben, dass mehr als die Hälfte von ihnen über falsch berechnete Leistungen und über unfreundliche Behandlung klagen. Als weitere Probleme wurden nicht besetzte Stellen, Bearbeitungsstau und verloren gegangene Unterlagen, der hohe Krankenstand, der Rückstand bei der Bearbeitung von Widersprüchen, schwer verständliche Bescheide, schlechte Erreichbarkeit und fehlende Hilfe des telefonischen Service-Centers und vieles mehr genannt. Immer wieder die gleichen Probleme, die schon in unzähligen Presseberichten der letzten Jahre zu finden sind.

Unter dem Motto „JobCenter Mitte – vom größten zum besten“ nahmen alle vier anwesenden Verantwortlichen Stellung und sagten Verbesserungen zu. Die weitere Zusammenarbeit mit der Bürgerplattform bekräftigten sie mit ihrer Unterschrift. Als Verbesserungen vorgesehen sind: die Besetzung von 80 Stellen durch die Arbeitsagentur bis zum 1. September (es sind allerdings mehr als 100 Stellen nicht besetzt), die Werbung unter Mitarbeitern des Bezirksamts Mitte ins JobCenter zu wechseln (das Bezirksamt kann keine Außeneinstellungen vornehmen), Schulungen der MitarbeiterInnen in interkultureller Kompetenz, mehrsprachige Informationsflyer sowie mehrsprachige Informationen auf einer verbesserten Homepage. Probleme, die in der Vergangenheit mit dem Sicherheitsdienst aufgetreten waren, seien seid April gelöst. Außerdem soll der Eingangs- und Empfangsbereich in der Sickingen Straße umgebaut  sowie die dort arbeitenden Sachbearbeiter unter drei statt nur einem Teamleiter flexibler eingesetzt und gesteuert werden. Und die Raumprobleme werden gelöst durch den Umzug der Arbeits- und Ausbildungsvermittlung für unter 25jährige ins Blaue Haus in die Lehrter Straße.

Zum Schluss noch einige hilfreiche Tipps:
Wer Schwierigkeiten mit den Sachbearbeitern hat, soll nach der Teamleitung fragen.
Wer Probleme mit seinem Bescheid hat, soll sich an das Kundenreaktionsmanagement wenden.
Wer seinen Bescheid nicht versteht, sollte nach dem Bescheiderklärer im JobCenter fragen.

Ganz zum Schluss der Veranstaltung berichteten die Aktionsteams Öffentlicher Raum und Bildung kurz über ihre weiteren Pläne. Beim Öffentlichen Raum wird fehlende Sicherheit und Sauberkeit beklagt. Es sollen Lösungsvorschläge und Vereinbarungen getroffen werden zum Leopoldplatz, U-Bahnhof Osloer Straße und zum Kleinen Tiergarten und Ottopark. Bei der Gruppe Bildung wird an die intensive Zusammenarbeit der Bürgerplattform mit jeweils einer Schule in Wedding und Moabit gedacht.

10 Kommentare auf "Aktion der Bürgerplattform: JobCenter – Öffentlicher Raum – Bildung"

  1. 1
    Schülerin says:

    Der wichtigste Inhalt der Veranstaltung ist hier wiedergegeben. Allerdings nicht die Atmosphäre.
    Was mich besonders beeindruckt hat, war der 18 jährige Schüler Daniel, der von seinem ersten Schultag an einer Oberschule in Moabit berichtete. Es ging um Regeln und dass die Handys aus bleiben müssen in der Schule. Genau dabei hat ein Handy geklingelt und der Schüler ist rangegangen. Die ganze Klasse ist in Gelächter ausgebrocehn und der Lehrter hat auch gelächelt und nur sehr sanft getadelt. Daniel berichtete dann weiter wie es in der Schule immer weniger Motivation unter den Schülern gab, Turnsachen vergessen, Lächerlichmachen usw. und wie er spürte, dass es kein wirkliches Interesse der Lehrer gab, dass die Schüler lernen. Dass die Lehrter zu nachgiebig gewesen sind. Er selbst hat dann irgendwann die Kurve gekriegt und wollte den Lehrern, die ihm die Fähigkeiten abgesprochen haben, etwas zu erreichen, das Gegenteil beweisen. Eine Lehrerin hat ihn unterstützt. Und er hat den MSA geschafft, obwohl es hieß er könne nur Hauptschulabschluss schaffen. Und jetzt will er weiterlernen bis zum Abitur.
    Ich finde der Schüler Daniel hat einen guten Bericht über die Situation an vielen Schulen gegeben. Aber mir gefällt nicht so gut, dass er autoritär durchgesetzte Regeln für besser hält, als Verständnis für Späße und Nachgiebigkeit. Das wichtigste ist, dass Lehrer echtes Interesse an ihren Schülern haben und ihnen wirklich was vermitteln wollen. Dafür müssen sie nicht autoritär sein, sondern sie sollen den Schülern etwas zutrauen. Regeln müssen natürlich auch sein, aber sie müssen sinnvoll sein. Wenn die Regeln auch für die Schüler einen Sinn ergeben, dann werden sie auch befolgt.

  2. 2
    Rudolf Blais says:

    Diskussionsforum fehlte.

    Leider gab es auf der 2. Veranstaltung der Bürgerplattform am 8. Juli 2009 keine Publikumsdiskussion. Eine Bürgerplattform mit eingeschränkter Bürgerbeteiligung sollte es nicht geben. Ich hoffe, dass es auf der angekündigten nächsten Veranstaltung im Herbst ein Diskussionsforum gibt. Auf den monatlichen Stadtteilplenas Moabit West gibt es immer eine Diskussion zu den Schwerpunktthemen (zuletzt zum Thema JobCenter Mitte am 15.4.2008).
    Es gibt natürlich noch weitere aktuelle Probleme auf den JobCentern, die auf der Veranstaltung nicht vorgetragen wurden, z.B. zur Stellenvermittlung, Eingliederungsvereinbarungen, Sanktionen, Einmalige Leistungen. Seit kurzen muss man zur Beantragung der BVG Sozialkarte extra wieder zum Bürgeramt des Bezirkes, dies wurde bisher mit der GEZ-Beantragung am Sonderschalter im Eingangsbereich des JobCenters immer mit erledigt. Wieder ein doppelter Aufwand mehr!
    Das Berliner Arbeitslosenzentrum hat ihre Ergebnisse und Verbesserungsvorschläge ihrer Beratungsbusaktion von allen 12 Berliner JobCentern auf http://www.berliner-arbeitslosenzentrum.de öffentlich gemacht. Hier gibt es teils ähnliche Ergebnisse wie die der Fragebogenaktion der Bürgerplattform.
    Zu wünschen wäre, wenn sich das Aktionsteams Jobcenter der Bürgerplattform in nächster Zeit an den Berlinweiten Aktivitäten von Erwerbslosengruppen, Gewerkschaften usw. beteiligt, die zur Zeit Begleitschutz für JobCentertermine nach dem Vorbild des Kölener Zahltag seit 2007 organisieren. Keiner muss allein zum JobCenter. Zu allen Terminen, Dienststellen kann eine Person des Vertrauens mit anwesend sein. Kommende Aktivitäten werdenrechtzeitig bekannt gegeben.
    Gibt es eine Stellungnahme der Bürgerplattform zu den vom Bezirksamt Mitte angekündigten Sparmaßnahmen z.B. im Bildungs-, Jugend- und Umweltbereich?

    Rudolf Blais

  3. 3
    JobCenter-Kunde says:

    So spektakulär finde ich die „Zugeständnisse“ des JobCenters an die Bürgerplattform ja nun nicht. Eigentlich bezweifle ich, dass diese „Verbesserungen“ viel mit den Aktivitäten der Bürgerplattform zu tun haben. Dass nicht besetzte Stellen endlich (zum Tei) besetzt werden, eine verbesserte Homepage, Umbau des Eingangsbereichs, der seit langem von allen kritisiert wird und ja auch die Überforderung der „Behörde“ deutlich machte, interkulturelles Kompetenztraining – alles eigentlich notwendige Reaktionen auf jahrelang kritisierte Missstände.
    Aber interessant sind die konkreten Tipps. O.k. den Teamleiter hatte ich auch schon bei Schwierigkeiten mit vollkommen unwilligen Sachbearbeitern verlangt, das ist ja üblich, die Frage nach dem Vorgesetzten, aber dass es im JobCenter ein „Kundenreaktionsmanagement“ gibt, wusste ich nicht – und das beste ist wohl der „Bescheiderklärer“ !!

  4. 4

    Diese „Bürgerplattform“ können wir eh als „Strategie der Verwässerung von Bürgerinteressen“ knicken. Ich kenne das aus Uni- und K-Gruppenzeiten, die innovativen Kräfte in möglichst vielen Gremien aktiv werden lassen, damit sie ihre ursprünglichen Ziele in irgendeinem „Nirwana“ verlieren. Überhaupt scheint mir das Ziel der Politik „zunehmende Ablenkung oder besser Verblödung“ in allen Medien, um das Wahlvolk zu lenken. Denke, die medienpolitischen Strategien wurden seit
    Hugenberg nur verfeinert, um den Machterhalt auch in einer Demokratie um jeden Preis zu sichern. Aufschlüsse würden ein Besuch von Auschwitz geben, wo das Grundübel der deutschen Bürokratie und ihrer „Perfektion“ zum Glück dokumentiert wurde.

  5. 5
    EK says:

    Ich möchte Jobcenter-Kunde zustimmen. Interessant vom „Bescheideerklärer“ und „Kundenreaktionsmanagement“ zu erfahren, kannte wohl kaum ein Kunde.
    Auch mir erschien es so, als seien die genannten Punkte keine „Zugeständnisse“, sondern von vorn herein beschlossene Dinge.
    Eine direkte Forderung, worauf gezögert wurde und die Bürgerplattfrom sich mit dem Jobcenter auf ein Zugeständnis einigte, konnte ich nicht entdecken.

  6. 6

    Diese „Bürgerplattform“ ist „Opium fürs Volk“. Die Franzosen sind wacher, lassen sich nicht so leicht verscheissern. Aber wir können aus unserer Geschichte immer noch nichts lernen ? „Denk ich an Deutschland in der Nacht, bin ich um den Verstand gebracht“ (abgewandelter Heine).

  7. 7
    Rudolf Blais says:

    Keine Stellenangebote im JobCenter Mitte

    Leider scheint die auf der Bürgerplattformveranstaltung am 8.7.2009 angekündigten Verbesserungen noch nicht überall durchgedrungen zu sein. Zumindest nicht in meiner Arbeitsvermittlungsabteilung.
    Seit einem Jahr habe ich vom JobCenter kein einziges Stellenangebot erhalten obwohl ich im Februar und zweimal im August Stellenangebote auf dem 1. Arbeitsmarkt wie auch um eine Zuweisung für eine RBM oder ÖBS-Maßnahme gebeten habe.
    Nach dem zweiten Gesprrächsatermin Anfang August habe ich eine Bewchwerde veranlaßt, die mir in 2 Punkten durchaus Recht gab. Die Aussage das mein Vermittlungsteam nicht alle RBM-Maßnahmen für mich zuweisen können war falsch. Alle Vermittler haben Zugriff auf alle Angebote des JobCenters, d. h. auch für alle RBM- und ÖBS-Maßnahmen. Zum zweiten setzt sich das Bezirksamt Mitte dafür ein, das die persönlichen Initiativen des Arbeitslosen stärker zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für die Zuweisung entsprechender Maßnahmen im 2. Arbeitsmarkt. Bisher war ich noch in keiner RBM- wie auch ÖBS-Maßnahme.
    Da nach der Rückmeldung auf meiner ersten Beschwerde der dritte Gesprächstermin zu meiner Überraschung wiederum erfolglos war, habe ich sofort ein Teamleitergespräch (entsprechend den Ratschlägen im Artikel oben) eingefordert und eine erneute Beschwerde geschrieben.
    Es ist oft ein ständiges Betteln und Schlangestehen, dann wird man oft nicht ernst genommen und dann gibt es ständig irgendwelche Gründe seitens der Vermittler warum das nicht geht.
    So kann es natürlich nicht weitergehen.
    Was sind euere Erfahrungen?

    Rudolf Blais

  8. 8
    Rudolf blais says:

    Aktion Zahltag vorm JobCenter Mitte

    Im Rahmen des bundesweiten Protesttages „Wir zahlen nicht für euere Krise“ fand am 17.9.2009 vormittags die genannte Aktion statt. Es gab Redebeiträge, Infostände, Beratung für Erwerbslose und Begleitung für Betroffene im JobCenter. Presse und Kamerateams waren zahlreich vor Ort und konnten sogar die Schlange der Wartenden, die bis mitten auf die Straße reichte, filmen. Siehe zwei Berichte in http://www.taz.de/regional/berlin/aktuell/artikel/1/zahltag-im-jobcenter/ und http://de.indymedia.org/2009/09/261200.shtml
    Veranstalter waren verschiedene Berliner Erwerbslosengruppen und das Berliner Bündnis „Wir zahlen nicht für euere Krise“. Die Bürgerplattform war nicht zu sehen.

    Rudolf Blais

  9. 9
    Rané says:

    Diese „Bürgerplattform“ ist eh ein Papiertiger und auch eher eine „Institutionsplattform“, welche Engagierte in sinnlosen Treffen verheizen will. Eine sehr interessante politisch-psychologische Variante einer „scheinbaren Bürgerbeteiligung“. Bestimmte Parteien sollten das Wort „Bildung“ nicht so oft im Wahlkampf verwenden, denn wer von den „Gebildeten“ würde sie dann noch wählen ?

  10. 10
    Susanne Torka says:

    Der Tagesspiegel portraitierte einen Tag vor Weihnachten den „Bescheiderklärer“ im JobCenter Mitte:
    http://www.tagesspiegel.de/berlin/Hartz-IV;art270,2982157
    weitere Zahlen zur Klageflut vor den Sozialgerichten:
    http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2009/0911/berlin/0028/index.html

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