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Ein Tag in der U-Haft Moabit

Um 6.15 Uhr geht die Haftraumtür auf, der erste Aufschluss. Der Müll wird von den Gefangenen vor die Tür gestellt.
Um 6.35 Uhr geht die Tür zur Annahme des Frühstücks und Tee in der Schüssel auf. Es gibt vier Scheiben Schwarz- und jeden Mittwoch und Donnerstag Graubrot. Jeden Samstag auch Marmelade – Himbeer und Pflaumenmus, Erdbeere oder Pfirsich, immer im Wechsel.
Um ca. 11.30 Uhr gibt es täglich Mittagessen, von Hausarbeitern in Begleitung eines JVA-Beamten vor der Tür überreicht. Das Essen, also die Haftnahrung, ist relativ gut. Es gibt unter anderem Eintöpfe bis hin zum Schweineschnitzel, Fisch und Hühnerkeulen mit verschiedenen Tagessoßen.
Um 12.15 Uhr geht es dann zur Freistunde mit den anderen Gefangenen auf dem Hof. Der Hof ist sehr klein und eng mit zwei Tischtennisplatten zum Spielen. Ständig fliegen einem Tischtennisbälle zwischen die Füße. Die Freistunde nach dem Mittag wechselt von Woche zu Woche mit der Freistunde um 7.30 Uhr.
Außer montags und donnerstags gibt es einen Umschluss, das heißt, ein Häftling kann einen anderen auf der gleichen Station und Etage besuchen, von 13.30 bis 16.30 Uhr. Dann kommt es zum Nachtverschluss, dabei werden noch ein paar Papiere übergeben, Briefumschläge, Anträge etc.
Jeden Mittwoch und Samstag oder bei Besuchsterminen kann geduscht werden für ca. 10 – 15 Minuten. Außerdem gibt es jeden Mittwoch Einkauf von außerhalb, also von Feinkost König. Einkaufsscheine müssen von jedem Häftling selbst ausgefüllt und bis zum Freitag beim ersten Aufschluss abgegeben werden.
Alle zwei Wochen und zu Heiligabend gibt es die Möglichkeit, den evangelischen oder katholischen Gottesdienst zu besuchen. Das muss vorher beantragt werden. Uhrzeit in der Regel 10.15 Uhr. Es gibt auch Weihnachtsgebäck und Lebkuchen.
Es gibt aber auch weitere Aktivitäten, z.B. Diskussionsgruppen, Musik- und Sprachgruppen oder ähnliches, alles muss aber immer beantragt werden. Bei auftretenden Problemen stehen der Sozialarbeiter oder auch Psychologen für Gespräche bereit.
Als Strafhäftling darf man drei Jahrespakete erhalten, mit Lebensmitteln oder ähnliches, ebenfalls nur per Antrag und bis zu 5 kg schwer. Ich habe auch einen Ventilator für warme Tage. Um kleinere Dinge zu erhitzen habe ich auch einen Tauchsieder. Auch um z.B. Nudeln oder Klöße zubereiten zu können. Und ich habe meinen Fernseher.
Hier in Moabit gibt es leider keine Kühlbox, um Milch oder Obst kühlen zu können. Ich habe mir aus leeren Milchpackungen einen Trichter gebaut und kann da was mit laufendem Wasser kühlen. Man darf sich nicht erwischen lassen, einige Beamte haben schon gemeckert, die Wasserrechnung könnte außer Kontrolle geraten. Ich denke, wer so viel Geld in einen neuen Flughafen pumpt, der hat auch genug Geld für die Wasserrechnung in der Anstalt.
Die Zeit, so empfinde ich das, vergeht recht schnell, jetzt im Oktober ist schon ein Jahr rum. Jahr werde ich nach Tegel umziehen und am Vollzugsplan eifrig daran teilnehmen, damit ich für mich die Chancen gut nutzen kann und alles klappt. In der JVA ist es ja etwas lockerer, die Türen sind bis zum Abend geöffnet und man kann sich mehr bewegen, Dort kann man bis zu vier Besuchstermine im Monat empfangen, wieder alles per Antrag.
Die JVA-Beamten hier sind geistig schwach, vergessen alles, sind nicht einmal in der Lage, die Türen ordentlich abzuschließen. Sie können nicht von 1 bis 4 rechnen und nicht richtig schreiben. Sie können nicht einmal eine Sprechanlage bedienen oder den Conputer hochfahren und reden den ganzen Tag geistloses Zeug daher. Die Beamten sind einfach zu nichts zu gebrauchen, das deckt sich auch mit den Aussagen des Sozialarbeiters. Jeder Hirnverbrannte kann diesen Job machen. Einstiegsgehalt: 1.800 Euro brutto – meiner Meinung nach viel zu viel. Die Beamten wirken auf mich insgesamt abstoßend. Manche riechen unangenehm nach Schweiß. Hier braucht man für alles eine schriftliche Erlaubnis, sogar eine Bastelerlaubnis. Die Beamten erinnern mich sehr an die Kinderserie „Die Schlümpfe“, nur die weißen Mützen fehlen noch. Oder auch Pinocchio mit der langen Nase, die Beamten würden ständig im Gitter hängenbleiben. Also kein gutes Vorbild für die Strafgefangenen.
Zum Schluss noch ein paar Worte zu den Arbeitsmöglichkeiten. Es gibt die Möglichkeit, als Hausarbeiter zu arbeiten. Arbeitszeit täglich von ca. 6 – 15 Uhr. Frühstück, Mittagessen, Milch und Obst sowie Abendessen austeilen und Stationsgänge sauber halten und Bettwäschetausch. In der Beamtenkantine kochen für Justizangestellte, Auch Richter und Staatsanwälte.
Es gibt auch hauseigene Maler und Lackierer für Arbeiten in den Hafträumen und auch in der Holzwerkstatt werden Reparaturarbeiten durchgeführt. Außerdem eine Schneiderei und Installateure bis hin zu Gartenarbeiten innerhalb der Anstalt. Alle Tätigkeiten werden vergütet von ca. 63 Euro für die Hausarbeiter (der geringste Verdienst) bis zu 200 und 400 monatlich für Gärtner, Maler oder Lackierer.
Das war’s soweit zum Alltag in der Hochburg.

A.

33 Kommentare auf "Ein Tag in der U-Haft Moabit"

  1. 1
    Raettig says:

    Hallo,
    mein Mann sitzt seit ca.8 Wochen in U-Haft und ich versuche einfach nur Informationen über die Haftbedingungen usw.zu finden. Dein Bericht habe ich mit riesigem Interesse gelesen. Immer wenn ich meinen Mann besuche,möchte ich Ihn soviel fragen aber irgendwie geht die Stunde so schnell vorbei…
    Es ist einfach nur schwer zu ertragen,eine Hilfe für Familienangehöhrige gibts ja nicht.
    Grüße
    A.

  2. 2

    Hallo Frau Raettig,
    wir kennen uns zwar auch nicht so aus, haben aber mal im Internet recherchiert nach Hilfen für Angehörige von Inhaftierten. Da gibt es schon einiges, ob es passt, müssen Sie selbst herausfinden:
    Webseite der Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe e.V.
    http://www.bag-s.de/
    Bei Treffpunkt e.V. gibt es eine Online-Beratung:
    http://www.treffpunkt-nbg.de/
    Evangelische Konferenz für Gefängnisseelsorge in Deutschland, Sitz in Berlin
    http://www.gefaengnisseelsorge.de
    IN VIA (das ist ein katholischer Verband) hatte in 2011 Seminare für Angehörige angeboten, vielleicht kann man da noch mal nachfragen:
    http://www.invia-center-berlin.de/aktuelles.php
    Und dann zum Schluss noch Informationsseiten von Rechtsanwälten:
    http://www.untersuchungshaft-berlin.de/
    http://www.kanzlei-westen.de/informationen-fuer-intersuchungsgefangene-in-der-jva-berlin-moabit.htm

  3. 3
    martin says:

    Sehr schöner Text aus erster Hand, der ohne journalistisches narratives Geschwurbel einen guten Einblick gibt in die Welt hinter hinter Gittern

  4. 4
    Radiohörer says:

    Untersuchungshäftlinge klagen gegen menschenunwürdige Haftbedingungen im Moabiter Gefängnis:
    http://www.dradio.de/dlf/sendungen/dlfmagazin/2011694/

    Eine Klage wegen der Bedingungen in der JVA Tegel wurde erst im Dezember negativ entschieden:
    http://www.tagesspiegel.de/berlin/berliner-gefangene-klagen-gegen-haftbedingungen/797186.html
    http://www.bz-berlin.de/bezirk/reinickendorf/jva-tegel-klage-auf-entschaedigung-gescheitert-article1520855.html

  5. 5
    horst bauarbeiter says:

    wer scheisse baut muss auch dafür geradestehen,habe kein mitleid

  6. 6
    Susanne Torka says:

    Hallo Horst,
    wer in U-Haft, also Untersuchungshaft, sitzt, ist noch nicht verurteilt. Der Prozess kann so oder so ausgehen!

  7. 7
    Zeitungsleser says:

    Ein interessantes Projekt, das ein wenig Abwechslung bietet:
    http://www.tagesspiegel.de/berlin/die-knast-kapelle/8267710.html

  8. 8
  9. 9
  10. 10
    Fleischer says:

    Naja wenn mann bedenkt das immer mehr Beamte eingespart werden, die sich aber um eine gleichbleibende Anzahl von Gefangenen kümmern müssen kann man leider nicht mehr erwarten.

  11. 11
  12. 12
  13. 13
    Netzgucker says:

    Modernisierung der U-Haft Moabit wird vorgezogen, Klage eines Gefangenen hatte Erfolg:
    http://www.rbb-online.de/politik/beitrag/2015/02/moabit-modernisierung-plaene-justizverwaltung-klage-haeftling.html

    Außerdem noch interessant, die Gefangenengewerkschaft:
    http://www.gefangenengewerkschaft.de/category/texte-der-gg/

  14. 14
  15. 15
    Netzgucker says:

    Ein Geschichtsfilm aus der ARD über die JVA Moabit:
    https://www.youtube.com/watch?v=-BFIkHUw4ig

  16. 16
  17. 17
    Susanne says:

    Kirchentagsbesucher beim Gefängnisgottesdienst der JVA im Inforadio:
    http://www.inforadio.de/programm/schema/sendungen/religionundgesellschaft/201706/133920.html

  18. 18
  19. 19
  20. 20
    Netzgucker says:

    @15,
    den Film von 2016 über die JVA Moabit gibt es bei Youtube nicht mehr, aber gestern wurde er vom rbb in der Reihe „Geheimnisvolle Orte“ nochmal gesendet und ist in der Mediathek:
    https://www.rbb-online.de/geheimnisvolle_orte/videos/das-gefaengnis-moabit.html

  21. 21
  22. 22
  23. 23
    Nicht Moabiter says:

    Vielleicht kann ein/eine der Leser mir die frage antworten, warum dass JVA noch immer in der Innenstadt liegt?

    Auf dem Grundstück könnte viel Wohnungen liegen, und wenn dass JVA irgendwo außerhalb der Stadt lege, könnte die Gefangenen auch neue und bessere Verhältnisse kriegen.

  24. 24
    Susanne says:

    vermutlich ist die Verbindung des Kriminalgerichts mit der U-Haft logistisch sehr praktisch, es gibt Verbindungsgänge zwischen beiden. Wenn alle in U-Haft befindlichen Angeklagten immer mit Autos lange Wege zu den Prozessen gefahren werden müssen, ist auch nicht viel gewonnen.
    Zum Kriminalgericht, eine Sammlung von Links:
    https://moabitonline.de/2065

  25. 25
    Andreas Szagun says:

    So ist es, wie Susanne sagt. Die Verbindungsgänge gehen aber innerhalb des Gerichtes noch weiter, so werden die U-Häftlinge in Brücken (mit kleinen, aber undurchsichtigen Fenstern) über die Gänge geführt. Sie enden mit getrennten Türen in den Gerichtsälen. Dies dient der völligen Trennung von Angeklagten und Zeugen sowie Publikum, so daß weder Zeugen beeinflußt noch Informationen von Zeugen / vom Publikum an die Angeklagten gegeben werden können. Etwas, was im Alten Kriminalgericht (Kriegsverlust, ehemals Rathenower Str. / Alt-Moabit) nicht gegeben war und bei einer Unterbringung außerhalb des Geländes auch nicht mehr ohne weiteres gegeben wäre. Auch heutzutage ist bei bestimmten (und zum Teil berüchtigten) Kriminalitätsformen diese absolute Trennung sehr wichtig.

  26. 26
  27. 27
    Moabiterin says:

    Zweifel an der Selbstmordthese, die sofort nach dem Tod des Häftlings durch einen Brand in der Zelle in der Nacht vom 23. auf den 24.7. in den Medien verbreitet wurde. Gestützt auf Aussagen von Mitgefangenen:
    https://www.moabit.net/13241
    https://criminalsforfreedom.noblogs.org/post/2020/07/27/sie-reden-von-suizid-aber-es-war-mord-weiterer-toter-durch-den-knast-moabit/
    https://www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/feuer-in-berliner-gefaengniszelle-haeftling-stirbt-bei-brand/26033600.html

  28. 28
    Susanne says:

    Heute war die Demo wegen des Tods von Ferhat Mayouf in der brennenden Zelle:
    https://www.moabit.net/13422
    https://lowerclassmag.com/2020/08/28/berlin-ferhat-mayoufs-tod-war-kein-suizid/

  29. 29
    Susanne says:

    Bericht über die Kundgebung zum 2 Jahre später immer noch nicht aufgeklärten Tod von Ferhat Mayouf am 23.7.2022 mit sehr guten Redebeiträgen:
    https://www.berlin.rote-hilfe.de/redebeitrage-der-ferhat-mayouf-kundgebung/

  30. 30
  31. 31
  32. 32
    Netzgucker says:

    Interview über Knasterfahrungen:
    https://www.moabit.net/19455
    … und über seine Brandstifung:
    https://www.moabit.net/19448

  33. 33
    Zeitungsleser says:

    Kein Platz mehr im Knast? Na vielleicht dann mal keine Schwarzfahrer*innen mehr einknasten!
    https://www.tagesspiegel.de/berlin/auslastung-bei-99-prozent-kaum-noch-platz-fur-straftater-im-berliner-gefangnis-moabit-10332865.html

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