So können Sie mitmachen!

Blumen für Moabit

Angelika Hetzer betreibt seit zehn Jahren den Blumenstand an der Kreuzung Strom-/ Turmstraße. Am 15. und 16. Juni feierte sie auf dem Parkplatzgelände des Hertie-Gebäudes das Jubiläum.

Schon als junges Mädchen wollte Angelika Hetzer Floristin werden, Blumen hatten immer eine große Bedeutung in ihrem Leben. Der Einführungstext auf ihrer Homepage beginnt mit einem Zitat von Vincent van Gogh: „Die Normalität ist eine gepflasterte Straße, man kann gut darauf gehen, doch es wachsen keine Blumen auf ihr.“ Angelika Hetzer aber lässt Blumen auf dem Asphalt wachsen und bringt damit Farbe in das Alltagsgrau. Ihr bunter Stand ist aus dem Straßenbild nicht mehr wegzudenken.

Als die Mutter zweier erwachsener Kinder vor zehn Jahren nach einem geeigneten Ort für ihren Blumenstand suchte, fuhr sie zunächst zwei Tage quer durch Berlin, um schließlich zu merken, dass sich der perfekte Standort direkt in ihrer Nachbarschaft befand: auf der belebten Kreuzung Strom- /Ecke Turmstraße. Damals war dort viel los, es gab noch Hertie, viele Passanten kamen vorbei. Die Straßenecke war geräumig und erfüllte alle Bedingungen für ihr Konzept.

Kontinuierlich baute Angelika ihr Geschäft aus. Schon nach vierzehn Tagen gab es zwei kleine Holzbau-Marktstände, zum Winter wurde zusätzlich ein Verkaufswagen angeschafft. Mit einem Transporter wurde der Lieferverkehr optimiert. Seit drei Jahren ist der Stand rund um die Uhr besetzt.

Auch aus anderen Bezirken kommen Menschen zu ihr, um Blumen und Pflanzen zu kaufen. Das Angebot an Schnittblumen, Stauden und Kräutertöpfen ist vielfältig und von hoher Qualität. Darauf legt Angelika Hetzer großen Wert – und ihre Kunden wissen das zu schätzen. Zwischenzeitlich hatte sie auch einen Blumenladen in der Wilhelmshavener Straße. Doch die Arbeit am Stand liegt ihr mehr: „Ich mag die Marktatmosphäre und den direkten Zugang zu Menschen.“ Mit den Jahren hat gelernt, deren Wünsche sofort zu verstehen. „Wenn eine russische Kundin nach sechs oder acht Rosen fragt, weiß ich, dass der Strauß für den Friedhof bestimmt ist. Denn zu Geburtstagen oder anderen fröhlichen Anlässen verschenkt man in Russland immer Blumensträuße mit ungeraden Zahlen.“ Es ist ihr wichtig, sich auf die Bedürfnisse der Kunden einzustellen.

In den letzten zehn Jahren hat sich die Umgebung stark verändert. Nachdem Hertie geschlossen wurde, nahm die Laufkundschaft ab, das Straßenbild wurde trister. Doch Angelikas Kunden blieben. Nachdem sie einige schwierige Jahre durchstehen musste, sei der Umsatz danach dennoch gestiegen. „Immer mehr Leute, auch jüngere, beschäftigen sich mit Pflanzen und richten jede noch so kleine Ecke auf dem Balkon oder der Fensterbank für Kräuter, Gemüse oder Blumen ein.“ Darin sei schon ein gesellschaftlicher Trend zu erkennen, meint Angelika. In Moabit lebt sie seit dreizehn Jahren. Ihre Kunden kommen aus allen Bevölkerungsschichten. Sie mag die Natürlichkeit des Kiezes und seine Buntheit.  Besonders schön findet es Angelika Hetzer, wenn ihre Kunden wiederkommen und begeistert erzählen, wie schön die Pflanzen gedeihen. Dann wird sie für die Strapazen belohnt, die die Arbeit am Stand mit sich bringen. Die Tage beginnen früh und enden spät, eine 90-Stunden-Woche ist für sie keine Ausnahme. Bei Wind und Wetter stehen Angelika und ihre Mitarbeiter an dem Stand, beraten die Kunden, planen Veranstaltungen, binden Sträuße, nehmen Bestellungen auf. Jeden Tag müssen mindestens 600 Liter Gießwasser herbeigeschafft werden, um alle Pflanzen ausreichend zu wässern. Das schafft man nur, wenn man den Beruf aus tiefster Überzeugung ausübt.

Auf dem Jubiläumsfest wollte Angelika sich für die Treue ihrer Kunden bedanken. Es gab ein großes Fest mit geschmückten Bierbänken und Stehtischen, dazu Live-Musik. Zwei Grills wurden aufgebaut, auf dem einen wurde ausschließlich Fleisch für muslimische Kunden zubereitet. „Das ist ein Zeichen der Wertschätzung und des Respekts“, sagt sie.

Nathalie Dimmer

www.blumen-hetzer.de/

Zuerst erschienen in der ecke turmstraße, Nr. 5, juli – august 2012

Nachtrag:
Die Berliner Zeitung berichtet über Blumen- und Gartenkunst in Alt-Moabi t21.

Schreibe einen Kommentar

Beachte bitte die Netiquette!