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Zeichnen mit Kindern macht mich glücklich

Mit der Künstlerin Hanneke van der Hoeven sprachen wir über ihre Wahlheimat Moabit, das Schulprojekt „neues panorama“ und mehr

Hanneke van der Hoeven sitzt ganz entspannt in ihrem sonnigen Wohnatelier. Gerade sind Gäste gegangen, die das Kunstwochenende „Ortstermin“ nutzten, um sich ihre Bilder, Grafiken und Buchillustrationen anzusehen. Die groß gewachsene Frau, die aus den Niederlanden stammt, ist Malerin, Zeichnerin und Schriftstellerin. „Ich hatte Glück mit meinen Eltern, die waren immer offen für Kunst. Schon mit fünf schleppte mich mein Vater durch Museen. Ich liebte das und fand es gar nicht langweilig.“ Nach ihrer Ausbildung an der Kunsthochschule in Groningen kam sie in den 1980-er Jahren für zwei Jahre nach Berlin. Damals lebte sie in Kreuzberg und verliebte sich in die Stadt. Nach einigen Jahren in Amsterdam, in denen sie damit anfing, Bücher und Comics zu schreiben und zu illustrieren, verschlug es sie wieder nach Berlin. Sie konnte sechs Wochen lang die Moabiter Wohnung eines Freundes nutzen. Sie blieb länger und lebt jetzt seit vier Jahren hier im Stadtteil. „Berlin war eine neue Stadt, und das fand ich total faszinierend und habe mich erneut verliebt.“ Sie zeichnete viel und entwickelte den Plan, ein Buch über Berlin zu schreiben. Auf Holländisch ist es erschienen, jetzt hofft sie auf eine deutsche Übersetzung. Hanneke fühlt sich richtig wohl im Kiez: „Ich will nicht mehr weg. Es ist so multikulturell und ruhig hier, und es gibt nicht zu viele Touristen. Im Sommer schwimme ich fast jeden Tag im klaren Plötzensee. Ich finde es wunderbar, dass man so schnell mit dem Fahrrad in die Natur kommt.“ Moabit sei ein etwas vergessener Stadtteil, meint sie, aber „ich glaube, dass sich das verändert. Im Moment sind die Mieten noch bezahlbar, aber es wird teurer.“

In Holland beschäftigte sie sich auch mit Bühnenbildnerei, noch lieber aber unterrichtete sie Menschen allen Alters, „Achtzigjährige, kleine Kinder und alles dazwischen, auch Studenten.“ Unterricht an den Moabiter Schulen zu geben fasziniert sie: „Ich bin immer so begeistert und möchte, dass die Kinder das miterleben. Man vergisst dabei alles Drumherum und kann seine eigene Welt kreieren.“
Ihrem Kunstprojekt „neues panorama“ liegt ein eigentlich trauriger Prozess zugrunde: zwei Schulen mussten aus finanziellen Gründen zu einer Größeren fusionieren. „Damit sind die Lehrer und Erzieher eigentlich überfordert, und es ist schade, dass die kleine Schule wegkam,“ sagt Hanneke. Sie hilft dabei, dass die Kinder beider Lehranstalten zusammenfinden. „Wir laufen die Gegend ab und zeichnen Straßen und Hinterhöfe an dem Schulweg, der für einige Kinder neu ist.“ Insgesamt betreut sie fünf Gruppen von maximal zehn Kindern. „Wenn ich in einen Laden oder einen Hinterhof gehe, habe ich immer nur eine Gruppe dabei. Wir sind drei Stunden draußen, und dann geht’s wieder rein.“ Bei ihren Arbeiten verwenden sie verschiedene Materialien, zum Beispiel Farbe, Kreide, Kohle, Tinte und Tusche, auch „damit jeder sein Material findet.“ Das Projekt, das über anderthalb Jahre läuft, begreift die Künstlerin als Prozess: „Währenddessen wird auch improvisiert, und neue Ideen und Wünsche der Pädagogen fließen ein.“ Zudem gibt es kleinere Projekte wie Wandbilder und Druckaktionen. Dabei werden zum Beispiel Servietten- und Tüten bedruckt. „Bei diesen Aktionen können alle Kinder der Schule mitmachen.“
Hanneke verbindet die Arbeit mit den Kindern mit ihrer eigenen künstlerischen Tätigkeit: sie weiß, wovon sie redet, und umgekehrt inspirieren die Kinder auch sie. „Beim Zeichnen draußen auf der Straße ist so schön zu sehen, wie die Kinder das machen. Die gucken mit anderen Augen, manche sind sehr detailliert und zeichnen Objekte, die ich kaum erkenne. Es geht mir darum, dass sie ihre Umgebung erfahren. Es ist nicht wichtig, dass man Talent hat, aber einen Ort, den man beobachtet und gezeichnet hat, vergisst man nicht.“ Sie möchte, dass etwas Bleibendes entsteht. Dazu sammelte sie die Kinderzeichnungen und band daraus Bücher, „damit die Kinder ein Buch mit ihren Werken mit nach Hause nehmen können, um ihren Eltern zu zeigen, was sie gestaltet haben.“ Zum Abschluss von „neues panorama“ ist geplant, ein riesiges Panoramabild in der Gotzkowskyschule aufzuhängen.

Parallel leitete Hanneke zusammen mit Eva-Maria Kaes im Herbst 2011 das Projekt „Familie im Bild„, bei dem Kinder zusammen mit ihren Eltern ein Bild malten. Die Resultate dieser Aktion, bei der es neben der Kunst auch darum ging, mit den Eltern ins Gespräch zu kommen, konnte man im Nachbarschaftshaus bewundern. „Ganz wichtig ist es, dass Eltern mit Kunst in Kontakt kommen. Denn das geht manchmal nicht von selbst“, sagt Hanneke, so wie bei ihren eigenen Eltern.

Werke von Hanneke van der Hoeven kann man auch im Internet anschauen: http://www.xs4all.nl/~ietjes

Text und Fotos: Gerald Backhaus

Zuerst erschienen in der moabiter INSELPOST, Ausgabe 6, Januar 2012

Ein Kommentar auf "Zeichnen mit Kindern macht mich glücklich"

  1. 1
    Susanne Torka says:

    Heute wird die Ausstellung des neuesten Schulprojekts von Hanneke van der Hoeven mit der Miriam-Makeba-Grundschule eröffnet, im QM-Büro Moabit West, Rostocker Straße 3 um 16:30 Uhr.

    Projekt im Netz:
    http://makebamoabit.blogspot.de/

    Die Ausstellung ist bis zum 25. Oktober während der Öffnungszeiten zu sehen.

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