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Einarmige Banditen an jeder Ecke?

Patrick Giebels Bachelor-Arbeit über Moabiter Spielhallen

Fast 500 Spielhallen gibt es in Berlin, die Geldspielautomaten haben sich in nur vier Jahren auf 10 000 Stück verdoppelt, Tendenz steigend.  Auch in Moabit ist der Trend nicht zu übersehen. Die Daddelbuden haben Hochkonjunktur, vor allem in sozial schwachen Kiezen. Patrick Giebel, der an der TU Stadt- und Regionalplanung studiert, schrieb seine Bachelorarbeit über Moabiter Spielhallen. Darin analysierte er die aktuelle Situation, erforschte die Auswirkungen der Spielhallen auf den Kiez und gab Handlungsempfehlungen. Das Interview führte Gerald Backhaus.

Patrick, wie ist das Fazit Deiner Arbeit?

Ich habe drei Entwicklungsmuster entdeckt. Die Anzahl der Geräte erhöhte sich zwischen 2006 und 2010 generell stark. Dabei kam ich zu der Erkenntnis, dass es einen Spielhallenboom in Berlin nicht seit 2006, sondern erst seit 2009 gibt. Vorher war ein Einbruch der Branche zu verzeichnen. Zwischen 2006 und 2008 schlossen viele Spielhallen, was z.B. in Kreuzberg gut zu erkennen war. Anders war die Entwicklung in Moabit: Von 2006 bis 2009 fand gar keine Entwicklung statt, es gab hier konstant 8 Spielhallen. Danach erhöhte sich ihre Zahl bis Anfang 2011 auf 25. Der Boom kam also sehr spät.

Das ist eine Verdreifachung in kürzester Zeit. Wie geht das?

Durch die baurechtliche Ausgangslage ist für Spielhallen sehr leicht, in Moabit eine Genehmigung zu bekommen, weil sie hier bis auf Teile von Turmstraße und Alt-Moabit überall zulässig sind. Zum Großteil gilt in Moabit das Baurecht von 1958, das Spielhallen erlaubt.

Manche Betreiber sind zudem clever und firmieren als Gaststätten und nicht als Spielhallen wie ein Etablissement in der Beusselstraße.

Dort wurden drei Gaststätten zusammengefasst, so dass statt drei auf einmal neun Spielgeräte zulässig sind und das Lokal den Charakter einer Spielhalle bekommt. Das Spielhallengesetz greift nicht bei solchen „Gaststätten mit spielhallentypischem Gepräge“, so habe ich diese Lokale genannt, die von der Politik weitestgehend unbeachtet sind. Die wenigsten hier sind ja von Ketten wie Vulkan und Stern. Wird die Lage für Spielhallen schwieriger, werden immer mehr von den kleineren Betreibern auf diese Form werden ausweichen, und da bestehen keine Regulationsmöglichkeiten seitens der Politik.

Wie geht es Deiner Meinung nach mit den Spielhallen in Moabit weiter?

Ich bin gespannt, wie sich die erhöhte Vergnügungssteuer auswirken wird, denn die betrifft sowohl Spielhallen- als auch Gaststätteninhaber. Trotzdem wird es in Moabit wohl weitere Anträge auf Eröffnungen von Spielhallen geben, besonders inmitten von Wohngebieten wie in der Rostocker Straße, weil dort noch Geschäftsflächen frei stehen. Dorthin wird es sich verlagern, weil die Flächen in den Hauptstraßen langsam knapp werden.

Hast Du einen Tipp an die Anwohner, die etwas gegen die Ausbreitung der Camions unternehmen wollen, denen es einfach zuviel wird?

Meine Handlungsempfehlung, die aber von meinem Professor als ‚unreflektiert‘ kritisiert wurde, war, dass die Bürger melden sollten, wenn eine neue Spielhalle aufmacht, weil das das Gewerbeamt oft nicht mitbekommt. Manche eröffnen als Spielhalle, obwohl sie eigentlich eine Gaststättenlizenz haben oder sie eröffnen, bevor eine Erlaubnis erteilt wurde.

Rechnen sich 25 Spielotheken in Moabit überhaupt, oder ist da eher Geldwäsche und Drogenhandel im Spiel?

Ich habe eine Bürgerbefragung durchgeführt und die kam u.a. zu dem Ergebnis, dass Spielhallen aus zwei Gründen negativ betrachtet werden: einmal wegen der Spielsucht, und außerdem wird dort Geldwäsche vermutet. 35 meiner 75 Befragten gaben das an. Ich konnte aber nichts beweisen, und meine Anfragen bei der Polizei brachten keine Ergebnisse in dieser Richtung. Ich denke, dass Geldwäsche nicht das größte Problem ist, sondern dass die Einnahmen enorm hoch sind. Drei Stammspieler reichen wohl aus, damit eine Spielhalle lukrativ läuft, sagte mir das Präventionsprojekt Glücksspielsucht. Die Einnahmen pro Gerät lägen bei rund 1.800 Euro im Monat. Also auch wenn man wenige Menschen rein und raus gehen sieht, laufen die meisten Läden gut. Die Menschen, die drin sind, bleiben lange, und das ist von außen nicht wahrnehmbar.

Wie geht es bei Dir im Studium weiter?

Ich werde mich noch weiter mit Spielhallen beschäftigen, well vieles noch nicht so gut erforscht ist, z.B. der „trading-down“-Effekt, also der Niedergang des Einzelhandels. In Moabit lässt sich ja feststellen, dass dieser Effekt schon vor dem Boom der Spielhallen einsetzte, diese also nicht ursächlich für eine schlechte Einzelhandelslage waren.

Zuerst erschienen in der Moabiter Inselpost, 4. Ausgabe, September 2011, lesen Sie aus derselben Ausgabe der Inselpost auch den Artikel von Philip Schreiterer: Es wird besser, aber noch lange nicht gut.

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