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Ende Quitzowstraße

Sie ist schön, die Waldstraße. Von der lauten Turmstraße kommend empfängt sie mich mit ausgebreiteten Armen. Nach 150 Metern müssen sich die Autos ganz links einen schmalen Streifen teilen, der Rest ist zum spazieren und radfahren, zum spielen oder ausruhen. Die Straße ist still und hat eine gewisse Schönheit. Ihren Namen hat die Waldstraße, weil sie tatsächlich mal in einen Wald führte. Das ist sehr lange her, 1818 bis 1822, allerdings wurde sie benannt, als die Kämmereiheide gerade abgeholzt wurde. Sozusagen als Erinnerung.
Man braucht einige Minuten bis zu ihrem Ende, Siemensstraße. Rechts rum kommt man zur Quitzowstraße, eine Rennstrecke für Autos und Lastwagen. Etwa 1,5 bis 2 Kilometer lang, nur eine einzige Ampel, die auch extra gedrückt werden muss, damit sie den Verkehrsfluss stoppt. Die Quitzow ist eine unwirkliche Straße, sie hat ein Leben, das schwer zu beschreiben ist. Auf der einen Seite gibt es Wohnhäuser, Gründerzeit, die Mieter hier blicken auf Lager-, Hafen- und Industriegebiet. Und sie lassen sich draußen kaum sehen. Viele Erdgeschosswohnungen sind leer, niemand möchte gerne auf Tuchfühlung mit dem Autoverkehr leben.
An der nördlichen Straßenseite stehen kleine Häuser, Gewerbe. Manche sehen aus wie umgebaute Einfamilienhäuser, die mal schön waren. Bei anderen denkt man, sie stammen aus der Zeit des Alten Fritz und wurden nur etwas modernisiert. Fast alle haben nur ein oder zwei Etagen, oft Schrägdach, es ist ein bisschen wie auf dem Dorf. Viele Grundstücke haben einen Hof, man betritt ihn von der Straße aus durch ein Tor. Garagen und Werkstätten. Das Bordell „69“ an der Hochstraße ist nicht mehr da. Die Hells Angels haben ihr dunkelrotes Haus verlassen, sind ein paar hundert Meter weiter gezogen, seit 2006 ist ihr Hauptquartier nun im Prenzlauer Berg, das alte steht leer, wie so viele Häuser auf dieser Seite. Der Bezirk plant angeblich, die Quitzowstraße zwischen Perleberger und Wilhelmshavener ein Stück nördlich auf das Bahngrundstück zu verlegen, um die alte Straße zu entlasten. Die Autos würden dann über die Stelle fahren, an der von 1942 bis 1945 Berliner Juden in die Konzentrationslager deportiert wurden. Der Güterbahnhof Putlitzstraße war neben dem im Grunewald die meistgenutzte Menschen-Verladestation der Nazis in Berlin.
In der Quitzowstraße ist viel Ende. Menschlich, wie bei den Deportationen. Wie im Obdachlosenheim mit den vergitterten Fenstern. Aber auch sonst: Da gibt es das Haus, dessen linke Hälfte im Krieg zerstört wurde. Davon steht nur noch der Eingang. Man betritt ihn, über sich schon das notdürftig abgedichtete Dach, und geht dann rechts in das eigentliche Haus, das jedoch auch nicht so aussieht, als hätte es noch eine Zukunft. Fenster sind schmutzig bis blind, und doch brennt dahinter noch Licht.
Dies soll einmal eine belebte Straße gewesen sein, mit Geschäften und florierenden Kneipen. Aber das muss schon Jahrzehnte her sein, heute finde ich nur noch Verfall, Depression und Ende. Selbst hinter der Oberschule, die ihre Schokoladenseite natürlich Richtung Stephankiez gekehrt hat, sind nur abweisende Fassaden und Gitter, nur Schmutz und Sperrmüll.
Heute habe ich den Bericht einer Mieterin gelesen, die in der Quitzowstraße wohnt, 4. Stock, Blick auf das Kraftwerk Moabit. Sie liebt die Weite, die Sonnenauf- und -untergänge und das Farbenspiel des Himmels. Sie ist für mich ein Beispiel dafür, dass man hier doch nicht unbedingt depressiv werden muss. Ach, diese Straße hat einen morbiden Charme, das weiß ich. Schließlich wohne ich ja selber hier.

13 Kommentare auf "Ende Quitzowstraße"

  1. 1
    Susanne Torka says:

    Es gab ein Planfeststellungsverfahren, bei dem sich Bürger beteiligen konnten. Die Straße nördlich von der Quitzowstraße wird wirklich gebaut. Aber erstmal nur der erste Bauabschnitt. Die alte Platane gegenüber der Wilhelmshavener Straße wurde gefällt. Hier endet der erste Bauabschnitt.

  2. 2
    Peter Luken says:

    Weiss jemand, ob die Verlegung bzw.Entlastung der Quitzowstr. von der Beusselstraße bis zu Wilhelmshavener oder von da aus bis zur Perleberger erfolgt (also der östliche oder westlichere Teil)? Bin Lärmgeplagter Anwohner an der Emdener Str.
    P.

  3. 3
    Julius says:

    Die Quitzowstraße sollte gänzlich zu Tempo 30 verkehrsberuhigt werden…. damit die Ecke Teil eines, sagen wir mal so, planbaren „Westhafen-Parks“ , (mit Lokalen und Geschäften ), sein könnte. Im Grunde ist es Stadtmitte. Nah dem Regierungsviertel. Mit noch bezahlberen Wohnungen und Gründstücken. Sollte ein richtiges Konzept erarbaitet werden, stünde dieser Straße eine interessante Zukunft bevor.

  4. 4
    kuni says:

    da eine umgehungsstraße gebaut wird /wurde wird die quitzowstr. verkehrsberuhigt

  5. 5
    heinz says:

    ein frage: was für ein gebäude entsteht eigentlich
    auf der quitzowstraße auf der westlichen seite der putlitzbrücke?

  6. 6
    admin says:

    @ 2 Peter Luken
    Es geht um den Teil von der Perleberger zur Wilhelmshavener Straße.

  7. 7
    quitzow says:

    Die Nordrandstraße wird gebaut-, demzufolge wird die Quitzowsrtraße verkehrsberuhigt. Ich hoffe, daß wir Einwohner der oben erwähntern Straße, auch eine Pflasterung und Gasleternen – wie die übrigen Moabiter Straßen – bekommen werden. Es fehlt eigentlich nur jemand, der der Guggenheim Stiftung die Möglickeit gibt, das Guggenheim Berlin im ehemalige Bahngelände zu bauen. Ich glaube, daß es das mindeste wäre , um die Schandtaten , die den Juden zugetan wirden, mit hoher Kultur würdevoll zu gedenken.

    Da solte man eine Unterschriftammlung nebst Druck bei Vivico geübt werden.

    Eine Frage: Jenseits der Putzltzbrücke Richtung Nord rechts steht ein altes Backsteingebäude, das wie ein ehemaliges Umspannungswerk aussieht. Weiß jemans, was es ist bzw. war?

  8. 8
    suse says:

    Zu deiner Frage qitzow – da liegst Du nicht falsch mit dem Umspannungswerk – die alten Gebäude gehören auch zum Kraftwerk Moabit.

  9. 9
    Quitzow says:

    Die Idee, der Stiftung Guggenheim die Möglichkeit zu geben , ein Teil des ehemaliegen Bahngeländes zum Bau der Guggeheim Berlin zur Verfügung zu stellen, wäre – je mehr ich daran denke – kein bloßer symbolischer Schritt. Es handelte sich um eine kulturelle Öffnung. Nun frage ich mich, wie man die Eigentümerin des Geländes VIVICO dazu ermutigen könnte, diesem Schritt zu unternehmen. Hätte eine Unterschriftensammlung der interessierten Einwohner eine Chance, etwas zu bewirken? Könnte Vattenfall sein Beitrag dazu leisten? Wer hat Ideen, wie es sich zutragen könnte …

  10. 10
    Daniel says:

    Weiß jemand, wann es mit der Verkehrsberuhigung so weit sein soll? Also wann die neue Straße fertig ist?
    Ich finds total gut, dass hier ein Baumarkt kommt. Ich finds total besch****, dass er mir die Sicht aus meiner (villeicht) neuen Traumwohnung nimmt (1 OG) 😉

  11. 11
    Susanne Torka says:

    Ich habe mich bei der Bauleiterin im Bezirksamt, Frau Weihmann, erkundigt, die mich wieder an Herrn Böhm von den Berliner Wasserbetrieben weitergeleitet hat.
    Fazit: Mit den Baumaßnahmen zur Verkehrsberuhigung in der Quitzowstraße wird erst begonnen, wenn die neue Straße und auch der Knoten (also Kreuzung) Perleberger / Quitzow / Lehrter Straße fertig gestellt ist. Die neue Straße (ohne Kreuzung) soll Ende des Jahres fertig sein. Zur Eröffnung des Baumarktes am 26.9.08 nur das Teilstück dorthin. Eigentlich sollte auch die Bushaltestelle an der Ecke Mitte September wieder in Betrieb genommen werden. Das verzögert sich definitiv bis mindestens Ende Oktober. Grund dafür sind die Abwasserdruckleitungen. Eigentlich sollten die neuen Leitungen durch die alten, die einen Durchmesser von 1 m haben, durchgeschoben werden. Das geht nicht, weil es zu viele Knicke gibt. Eigentlich komisch, dass man das erst merkt, wenn aufgebuddelt wird, aber was soll’s! Jedenfalls muss deshalb noch viel mehr aufgegraben werden und zur Zeit sind die Wasserbetriebe damit beschäftigt von der Straßenverkehrsbehörde die Genehmigung für diese Löcher zu bekommen. Ein vor Ort Termin soll am 11.9. stattfinden. So weit die Infos.

  12. 12
    Steven says:

    Wenn ich die Bauvorschritte so sehe, dann wird es wohl wirklich Oktober …nur das Jahr ist noch offen.
    Die westliche Seite sieht jetzt ja schon fast fertig aus, bei der östlichen habe ich das Gefühl, hier geht so einiges schief, was schon fast fertig war, wird wieder aufgebuddelt und das dann noch mehrmals, möchte lieber nicht wissen, wie viel Geld da schon verbrannt wurde.
    Was mich als Anwohner, interessieren würde, ist ob man an der Kreuzung Quitzowsrtraße/Wilhelmshavener Straße alle Richtungen befahren darf oder nicht. Weiß da jemand was?

  13. 13
    quitzow says:

    Nun ist es so weit. Die Quitzowstraße ist eine Einbahnstraße geworden! Das merke ich deutlich, wenn ich im Wohnzimmer bin. Mit der Beendigung der Arbeiten (Kreuzung mit Entlastungsstraße und Perkeberger) dauert es noch ein wenig. Es fehlt nur, daß die Quitzow zu einer Fußgängerstraße ( wie die Waldstraße) zurückgebaut wird. Dennoch dürfte man nicht so viel verlangen….:-)

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