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1968, Drogen und die Taliban

Ex-Terrorist Bommi Baumann stellte am Montag in den Räumen der früheren “Kommune 1”, Stephanstraße 60, sein neues Buch “Rausch und Terror” vor. Es ist gerade bei Rotbuch erschienen und verhandelt 1968, wie es bislang nicht Thema war: Es geht um die Verbindung von Revolte und Drogen. Eingeladen zu diesem kurzweiligen Abend hatte die Dorotheenstädische Buchhandlung im Rahmen der 11. „Moabiter Kriminale„.
“Damals mussten wir alles selber ausprobieren. Es gab keine Vorbilder” erzählte Baumann in gemütlicher Wohnzimmeratmosphäre mit Bar und Kanonenofen. Der frühere Haschrebell und Mitbegründer der Bewegung 2. Juni war zum ersten mal seit 40 Jahren in den umgebauten Räumen der “Kommune 1”, die ihm augenscheinlich gut gefielen. “Damals war es kälter und dunkler” erinnerte er sich. Trotzdem sei Jimi Hendrix vorbei gekommen, weil er Uschi Obermaier treffen wollte. Kein Wunder, die “K1” war in allen Medien. Nicht zuletzt deshalb, weil Dieter Kunzelmann akribisch politische Provokationen austüftelte, auf die sich alle Zeitungen stürzten.
Baumann wohnte damals in der “Wielandkommune” am Ku’damm, war aber fast jeden Tag in der “K 1”, wo er mit “knapp 20” der Jüngste war. Er war Nichtakademiker und stellte den Kontakt zwischen militantem Proletariat, Drogenleuten und SDS her. Für kurze Zeit war das eine fulminante Verbindung, die dann an Heroinsucht, “bewaffnetem Kampf” und politischem Sektierertum zerbrach.
Zusammen mit Co-Autor Christof Meueler, Kulturredakteur der “jungen Welt” trug Baumann Auszüge aus “Rausch und Terror” vor. Auf Drogen habe man sich “besser, schneller, schöner gefühlt” und sei zum Beispiel Ende der 60er bei “Meskalin-Demos” in einem “einzigen Farbrausch” erfolgreich gegen die Polizei angerannt, die es angesichts “dieser Verrückten” mit der Angst zu tun bekam. Die “Haschrebellen” wurden aufgeputscht vom Orientalik-Professor Rudolf Gelpke, einem älteren Herrn aus dem Stefan George-Kreis, der in ihnen “die neuen Assasinen” sah und aus kleinem Koffer soviel Drogen verteilte wie man wollte.
1974 sagte sich Baumann vom “bewaffneten Kampf” los, wurde aber weiterhin von der Polizei gesucht. Er ging nach Afghanistan – wo heute die Bundeswehr zusammen mit der NATO “einen Krieg, den keiner so nennt, führt”. Militärisch sei dieser Konflikt nicht zu gewinnen, meinte Baumann und verwies auf entsprechende Äußerungen von britischen und US-amerikanischen Generälen. Stattdessen treibe er die Drogen-Ökonomie voran, mit der die Taliban ihre Kämpfer finanzierten. Mittlerweile seien fünf Prozent der afghanischen Bevölkerung heroinabhängig. Das ist Weltrekord. Baumann möchte “Rausch und Terror” als Beitrag für eine andere Drogenpolitik verstanden wissen.

Text: Ewald Geissendörfer, Fotos: Regina Gollnik

Bommi Baumann (mit Christof Meueler): Rausch und Terror. Ein politischer Erlebnisbericht. Rotbuch, Berlin 2008, 233 S., ist für 17,90 Euro ist (nicht nur) in der Dorotheenstädtischen Buchhandlung in der Turmstraße zu finden. Ein längeres Interview fand sich heute in der Taz.

Nachtrag:
Leben wie Uschi und Rainer (Welt)

Provokationen aus dem Hinterhaus im Mietermagazin, Januar/Februar 2011

2 Kommentare auf "1968, Drogen und die Taliban"

  1. 1

    Suche nach Studie oder glaubhafter Schätzung,wie hoch der Anteil drogenkonsumierder 68er war…
    mit freundl.Gruß W.Pönnighaus

  2. 2
    Kali says:

    Damals waren sie gegen den Kapitalismus und heute stürzen sich diese „Ex-Verbrecher“ auf alles was Kohle bringt. Ist das alles, was Moabit an Kultur zu bieten hat? Meinem Kaminofen jedendfalls ist es egal ob er Holz oder Rausch und Terror verbrennt!

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