So können Sie mitmachen!

Über den Dächern von Moabit

Kieznetz Ku)-(Funk in der zweiten Ausbaustufe

Der Moabiter Ku)-(Funk ist ein freies Bürgernetz, das zur Zeit etwa 50 Privatpersonen, einige nichtkommerzielle Organisationen und Vereine, wie die Kulturfabrik Lehrter Straße 35, den Internetanbieter IN-Berlin oder den Betroffenenrat Lehrter Straße miteinander verbindet. Jetzt sind die Jugendeinrichtungen in der Rathenower Straße dazu gekommen Vor etwa einem Monat konnte die Rundstrahlantenne auf dem Hochhaus des Bezirksamts in der Rathenower Straße 16 in Betrieb genommen werden. Mit ihr ist es möglich die gesamte Moabiter Insel über die Hausdächer per Funk zu verbinden. Weitere Vereine, Privatpersonen, Hausgemeinschaften und Initiativen können sich anschließen. Das Funksignal ist sogar auf dem Humboldthain zu empfangen. Ein Kiezserver ist im Aufbau. Der Ku)-(Funk kooperiert mit der bundesweiten Initiative freifunk.net.

Begonnen hat das Ganze vor etwa drei Jahren mit dem Umzug des nichtkommerziellen Internetanbieter IN-Berlin e.V. in die Lehrter Straße 53. Hier treffen sich verschiedene Gruppen, wie die Berliner Linux User Group und andere, die open source Anwendungen unterstützen, das sind frei zur Verfügung stehende Programme. Bald kamen einige Nachbarn vorbei und fragten, ob sie sich nicht anschließen könnten. Auch die Kulturfabrik auf der anderen Straßenseite hatte Interesse einen kostenfreien Internetzugang für die Öffentlichkeit anzubieten, um der sogenannten digitalen Spaltung der Gesellschaft etwas entgegenzusetzen. Die erste nur 49 Meter kurze Funkstrecke aus dem Erdgeschoss in den ersten Stock gegenüber war schnell installiert. Doch störten die Lastwagen, die auf der Straße vorbeifuhren. Jedesmal wurde der Funkkontakt unterbrochen. Schnell war klar, dass eine stabile Verbindung nur über die Dächer aufgebaut werden konnte.

Hausgemeinschaften vernetzen sich
IN-Berlin installierte die erste Rundstrahlantenne auf dem Hausdach. Der Hausbesitzer war einverstanden und unterstützte die Initiative mit statischen Berechnungen für den Antennenmast. Die Technik auf dem Dach wurde per Glasfaserkabel durch einen stillgelegten Schornstein verbunden, interessierte Nachbarn im Haus ans Netz angeschlossen. Auch die Kulturfabrik installierte eine Antenne auf dem Dach und hat seitdem einen öffentlichen Computer im Café. Das Netz wurde weiter gesponnen. Nach einigen Treffen schaffte sich die Hausgemeinschaft in der Lehrter Straße 27-30 gemeinsam eine Dachantenne und Netzwerktechnik an, für die jeder einmalig 50 Euro einzahlte. Mittlerweile sind eine ganze Menge Mieter auch aus den Nachbarhäusern per Kabel oder Funk angeschlossen und teilen sich so die schnelle Internetverbindung. Eine Menge Arbeit und Absprachen waren nötig, der Hausgemeinschaft hat es gutgetan.

Verhandlungen mit dem Bezirk erfolgreich
Schon im November 2004 organisierten die Initiatoren des Kuh)-(Funk eine Veranstaltung um Träger und Projekte im Kiez zum Mitmachen einzuladen. Das Hochhaus in der Rathenower Straße galt von Anfang an als idealer Standort für eine Rundstrahlantenne. Elke Almstedt-Behrend, Mitarbeiterin der Jugendförderung des Bezirksamts Mitte, war gleich begeistert von der Idee eines freien Kieznetzes und hat sich in den langwierigen Verhandlungen mit dem Bezirk immer wieder dafür eingesetzt, dass der Vertrag abgeschlossen werden konnte. Jetzt ist es eine richtige Gemeinschaftsarbeit geworden: die Technik hat IN-Berlin bezahlt, das Jugendfreizeithaus Kubu beauftragte die Elektrofachfirma und Ausbildungsstätte Vulkan e.V. des Bildungsmarkts und das Bezirksamt kommt für die Betriebskosten der Anlage auf.

Kiezserver
So wichtig die Technik auch ist, ein Netzwerk lebt von seinen Inhalten. Deshalb hat die Lehrter KiezAktivKasse als neuestes Projekt einen Kiezserver gefördert. Hier sollen Filme, Musik, Fotos oder auch Radiosendungen über und aus Moabit in einer freien Mediendatenbank zur Verfügung gestellt werden. Wolfgang Schröter, einer der Initiatoren des Ku)-(Funk, wird seine Filme, die er in den letzten 15 Jahren über die Lehrter Straße gedreht hat, einbringen. „Der erste Film hieß Augenhöhe 1,20 und handelt von Jugendlichen. Er wurde damals über die Medienwerkstatt des Stadtplanungsamtes gefördert, eine prima Einrichtung, die es leider nicht mehr gibt. Damals musste ich Kopien des Videos anfertigen, damit sie in der Stadtbücherei ausgeliehen werden können,“ so Schröter. Die Filme gibt es vermutlich noch in der Stadtbücherei, doch heutzutage wird Information vielfach digital verbreitet. Der Kiezserver kann dazu beitragen große Dateien zur Verfügung zu stellen ohne über das Chaos des world wide web suchen zu müssen. Markus Klopsch vom jfh Kubu, der Jugendfreizeiteinrichtung des Bildungsmarkts e.V. in der Rathenower Straße kündigt an: „Wir machen schon seit langem Medienpädagogik. Während der Fußball-WM gab es Radiosendungen von unseren Jugendlichen im cyberkicker Netzwerk. Wir werden unsere Sendungen in das Kieznetz einbringen.“ Aber es gibt noch viele andere Ideen wie Kiezflohmarkt oder Diskussionsforen zum Beispiel zur Verkehrssituation in Moabit oder zur Jugendpolitik.

Ku)-(Funk-Treffen
info@kuhfunk.de, www.kuhfunk.de

Foto: Sebastian Lück

Zuerst erschienen in: stadt.plan.moabit, Nr. 44, November 2006

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