So können Sie mitmachen!

Kiez-Doktor gestorben

Tatsächlich war Jürgen Scheer so etwas wie ein Kiezdoktor. Manchmal kam es mir vor, als würde er jeden Bewohner Moabits persönlich kennen. Wenn man in seine Praxis in der Oldenburger Ecke Wiclefstraße ging, erhielt man neben der Behandlung immer noch einen Plausch, mindestens ein paar nette Worte. Wer zu krank war, den besuchte er auch Zuhause, fast jeden Tag war er vor der Nachmittags-Sprechstunde auf Hausbesuch, manchmal auch zwischendurch.
Jürgen Scheer war ein menschlicher Arzt, der sich richtig um einen sorgte, der ärmeren Patienten Medikamente mitgab, der zum Abschied immer noch einen guten Rat hatte. Deutsche und Türken kamen zu ihm, die Hells Angels, Rentner und zahlreiche junge Leute. Mancher von ihnen hatte nicht mal eine Krankenversicherung. Nicht viele andere Ärzte kümmern sich so um ihre Patienten, auch in einer solchen Praxis würden sie nicht arbeiten wollen: Nicht glitzernd voll moderner Geräte, sondern praktisch eingerichtet, seit bestimmt 20 Jahren nicht renoviert.
Nun ist Jürgen Scheer gestorben, 15 Jahre vor dem Rentenalter. Im Juli wird seine Praxis von einer neuen Ärztin übernommen, aber sie wird lange brauchen, bis sie ebenfalls so im Kiez angekommen ist, wie er.

Schreibe einen Kommentar

Beachte bitte die Netiquette!