So können Sie mitmachen!

Der Ottoplatz

OttoplatzManchmal, ganz selten, sieht man noch an Hauswänden die alte Parole: „1. Mai, Ottopark“. Sie sieht mindestens 30 Jahre alt aus und so alt ist sie auch. Der Ottoplatz zwischen Alt-Moabit und Turmstraße war in den 70er Jahren ein Treffpunkt der linken Stadtteil-Bewegung, neben dem Stephankiez ein Zentrum von Moabit. Jedenfalls das Zentrum derjenigen, die ihren Kiez nicht den Stadt(zer)planern überlassen wollten, deren damalige Pläne eine Autobahnschneise durch Moabit vorsah. Verschiedene linke Gruppen und Nachbarschafts-Initiativen beteiligten sich an Widerstandsaktionen, die Kiezzeitung „21“, benannt nach dem damaligen Postzustellbezirk, war erst Sprachrohr der Abrissgegner, später dann immer mehr Dokumentation der Streitigkeiten untereinander.
Währenddessen entwickelte sich die Gegend um den Ottoplatz, und auch der Platz selber, der ja eigentlich ein kleiner Park ist. Das nahe Karstadt-Haus schräg gegenüber wurde geschlossen, dafür nahmen die Hausbesetzungen zu. Ein Teil des Parks wurde abgezäunt, hier entstanden Spiel- und Sportplätze für die Moabiter Gören.
Direkt an der Straße Alt-Moabit gelegen hört man doch überraschend viel Gezwitscher aus den Bäumen. Schon vor Jahren wurde der Platz an der Ottostraße umgestaltet, zahlreiche Bänke wurden aufgestellt, auch fest im Boden verankerte Tische aus Beton zum Schachspielen. Hier haben Realisten geplant, denn diese sogenannten Stadtmöbel leiden doch sehr durch ihre Benutzung.
Heute sieht der Platz ziemlich verkommen aus, zwischen den einbetonierten Inseln mit Büschen und Bäumchen nur grober Sand, der dem Platz einen schmutzigen Charakter gibt. Die jungen Migranten, die hier vor allem in den warmen Monaten herumhängen, sind mit sich selbst beschäftigt, alle anderen Plätze sind von Rentnern und jungen Müttern belegt. Man besucht diesen drögen Ort nur, weil es keine bessere Alternative gibt. Nur der Weg an der Rückfront der Turmstraßenhäuser bietet etwas mehr Grün, die Bänke dort sind meist in Hand der Alkoholiker.
Etwas abseits steht noch die einst öffentliche Toilette, hier treffen sich schon lange keine Männer mehr, denn Herr Wall hat auch am Ottoplatz ein City-Klo errichtet.
Dahinter das Haus der Heilandsgemeinde, wurde zum „Nutz der Frommen“ umgebaut, neben Kita und Arzt findet man hier jetzt die evangelische koreanische Gemeinde, außerdem eine Kampfkunstschule.
Schön ist der Ottoplatz nicht, aber er ist ein Ruhepunkt, wenn auch nicht ruhig. Man kann sich am türkischen Imbiss eine Flasche Kakao holen, sich in Blickrichtung zu den Bäumen hinsetzen und seine Gedanken schweifen lassen. Oder etwas schreiben, so wie diesen Text. Ob der Platz mal schöner wird, vielleicht mit einem kleinen Rasen, ist ungewiss. Der Bezirk hat ja kein Geld, niemand hat Geld, wie auch die anderen, die neben mir sitzen. Aber sind sie es deshalb nicht wert, dass man ihren Treffpunkt etwas schöner gestaltet?

4 Kommentare auf "Der Ottoplatz"

  1. 1
    Christian says:

    Im Ottopark gab es in Anfang/Mitte der 70er auch den ersten Abenteuerspielplatz der ganzen Gegend.
    Das war schon etwas besonderes, wenn man bedenkt wie Spielplätze damals ausgesehen haben.

  2. 2
    Susanne Torka says:

    Dieser Spielplatz ist zwar kein Abenteuerspielplatz mehr, aber es ist immer noch ein betreuter Spielplatz und eine Oase für die Kinder. Durch Gelder der „Sozialen Stadt“ (Quartiersmanagement) soll der Spielplatz ein neues Haus für die Betreuer erhalten. Und weitere Umgestaltungen sind vorgesehen. Zunächst wird der kleine Spielplatz (außerhalb des Zauns) für die kleine Kinder und ihre Eltern umgestaltet – noch in diesem Jahr. Letzte Woche Dienstag wurden Kinder aus Kitas und Kinder, die den Platz besuchen, danach gefragt, welche Orte und Spielgeräte gut und welche doof sind. Am Freitag konnten sie dann ihre Wünsche einbringen. Die Kinderbeteiligung des Moabiter Ratschlags und die engagierten ErzieherInnen der Einrichtungen haben das organisiert. Mit der Umgestaltung des kleinen Spielplatzes soll auch dafür gesorgt werden, dass auf dem betreuten Spielplatz für die eigentlich angesprochene Altersgruppe mehr Platz vorhanden sein wird. Aber wie immer bei Baumaßnahmen. Es dauert.

  3. 3
    Lieselotte Kuhn says:

    Vielen dank fuer den Bericht ueber den Otto Park, der mich nach einigen Jahrzehnten an meine alte Heimat erinnerte. Ich habe meine Kind-und Jugendzeit in Moabit verlebt und kannte jede Ecke, jeden Baum und sogar den alten Sandkasten noch.
    In der Vergangenheit war es durchaus moeglich,wenn man mitten in der Nacht unterwegs war, ohne weiteres eine Abkuerzung durch den Park zu benutzen. Es war sicher und mir ist niemals etwas passiert.
    Selbst wenn man viele Jahre im Ausland lebt, kann man den Ort, an dem man geboren wurde und aufgewachsen ist, niemals vergessen, deshalb habe ich mich ueber diesen Artikel sehr gefreut, auch wenn der heutige Ottoplatz mit dem aus meiner Kindheit nichts mehr zu tun hat
    Herzliche Gruesse von der anderen Seite der Welt.

  4. 4
    K. Homann says:

    Hier können die Ideen der Kinder für den Spielplatz gefunden werden: http://www.moabiter-ratschlag.de/projekte/kinderbuero/ottopark/

Schreibe einen Kommentar

Beachte bitte die Netiquette!