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Kartoffelerfahrung und Flugpapayas

Bei Kartoffel-Nobbi in der Gotzkowskystraße

Kommt man mit Norbert Serafin alias Kartoffel-Nobbi ins Gespräch, möchte man seinen liebevoll eingerichteten Feinkostladen in der Gotzkowskystraße 34 am liebsten gar nicht mehr verlassen. Denn neben seinen ausgewählten Produkten hat Norbert auch jede Menge Geschichten auf Lager.

Bis zu 25 verschiedene Kartoffelsorten kann man bei Norbert kaufen: ob einheimische Sorten aus kontrolliertem Saatanbau, direkt vom Hersteller aus der Lüneburger Heide, sehr ausgefallene Sorten wie die edle „LaRatte“-Kartoffel oder die Trüffelkartoffel mit dunkelvioletter Färbung. Neben den Erdäpfeln findet man aber auch exotische Gemüse– und Obstsorten wie Topinambur und Flugpapayas in Norberts Laden. Die einheimischen Kartoffeln sind günstig, für die importierten Produkte muss er den vollen Preis nehmen. Doch die Leute kommen und kaufen, weil sein Name für hohe Qualität steht. „Die Massenware, die man bei anderen Gemüsehändlern bekommt, ist nichts mehr für mich“ sagt Norbert. Früher hat er selbst Gemüse im großen Stil vertrieben, auf Märkten und Straßenfesten verkauft. „Viele Jahre habe ich am Hermannplatz einen Laden im S-Bahnbogen bewirtschaftet. Mit meinem damaligen Kollegen suchte ich nach einem weiteren Standort. 2008 fanden wir den Laden in der Gotzkowskytraße. Wir haben hier viel umgebaut, neue Leitungen verlegt und den Stuck freigekratzt. Über ein Sägewerk haben wir dann das ganze Holz besorgt und angefangen zu bauen.“

Norbert hat sein ganzes Leben lang schwer geschuftet. Er hatte schon viele Berufe, doch es dauerte lange, bis er sein Produkt fand. Florist hat er mal gelernt, viele Jahre war er Auslieferungsfahrer. Später begann er, direkte Kontakte zu regionalen Bauern aufzubauen und Kartoffeln in ganz Berlin anzubieten. Urlaub war lange Zeit ein Fremdwort für ihn. Besonders hart war die Zeit, als er die Kartoffelbelieferung einer großen Steakhaus-Kette übernahm – jede Woche sortierte er eigenhändig 40 Tonnen Kartoffeln durch: „Steakhäuser brauchen besonders große Kartoffeln. Je besser die so genannte Kalibrierung, desto zufriedener der Kunde.“ Zu diesem Zweck hatte Norbert eine Scheune in Boernike bei Nauen angemietet. Dorthin brachte er die Kartoffeln, die er selbst vom Erzeuger holte, sortierte sie nach Größe, wusch sie, sackte sie ab und lieferte persönlich an Filialen in ganz Süddeutschland.

Wenige verstehen soviel von Kartoffeln wie Kartoffel-Nobbi. Das wissen auch seine Kunden. Jemand für den Verkauf einzustellen, hat bisher nicht gut funktioniert. „25 Jahre Kartoffelerfahrung lassen sich nun mal nicht in zwei Sätzen vermitteln“, sagt er. Wenn die Leute kommen, dann wollen sie auch Nobbi sehen und mit ihm ein bisschen plaudern. Sein Freund Barni hat für ihn sogar eine poetische Enzyklopädie über die Kartoffel geschrieben. Die will der waschechte Berliner demnächst gut lesbar an seine Tür heften. „Du musst den Kunden die Dinge direkt vor die Nase setzen, sonst sehen Sie nüscht.“

Etliche Passanten kommen vorbei, mindestens jeder Zweite bleibt kurz stehen und grüßt herzlich. Nobbi ist ziemlich bekannt in der Gotzkowskystraße, auch wenn der Laden erst seit einigen Wochen wieder auf ist. Davor musste er aus gesundheitlichen Gründen kürzer treten – viele Monate war das Geschäft geschlossen. Dafür legt Nobbi jetzt mit einer erweiterten Produktpalette los: Er führt  besondere Biersorten wie Rauchbier oder belgische Fruchtbiere, Biobrausen von fünf verschiedenen Anbietern und sogar einen original Berliner Apfelwein. Außerdem gibt es täglich wechselnde Suppen und selbstgemachte Blechkuchen. Einige weitere Ergänzungen sind geplant: Burritos und Tapas  werden demnächst von der Kubanerin Hildita zubereitet, Und auch Lesungen sollen künftig hier stattfinden.

Wer Nobbi kennenlernt, freut sich über einen Mann voller Geschäftsinn und mit viel Sinn für Humor. Die reduzierten Öffnungszeiten werden von den Kunden gern in Kauf genommen „Zwei Stunden Mittagspause müssen drin sein. Aber nicht, um mich auszuruhen. Ich muss mich um meine Mutter kümmern und auch um meinen schwarzen Wolf Brutus.“ Vor anderthalb Jahren hat er den belgischen Schäferhund aus schlechter Führung übernommen. „Seitdem sind wir gut zusammengewachsen.“

Text: Nathalie Dimmer, Foto: Christoph Eckelt, Bildmitte

Zuerst erschienen in der ecke turmstraße, Nr. 8 – november 2012

4 Kommentare auf "Kartoffelerfahrung und Flugpapayas"

  1. 1
    K. S. says:

    Schöner Artikel über meinen Saure-Gurken-Versorger! Da herrscht wirklich noch gemütliche Tante-Emma-(beziehungsweise Onkel-Norbert-)Stimmung! Mit dem Wauwau konnte ich mich allerdings noch nicht so recht anfreunden …

    Bleib gesund!

  2. 2
    Kurt Gödel says:

    Wir kommen fast jeden Tag in Nobbis Laden. Das Brot ist echt super, man kann auch toll frühstücken mit Kaffee und warmen Croissants. Was die Kartoffeln angeht, ist er natürlich mit Abstand der beste, aber auch die anderen Gemüsesorten sind keine Massenware. Tolles Bier gibt es auch! Wir kommen immer wieder gerne! Wie schön, dass es so einen Laden noch gibt!

  3. 3
    moabiter says:

    Ob der äthiopische Prinz Asfa-Wossen Asserate, der die deutsche Kartoffel so preist, hier auch vorbei gekommen ist? Bei der Einführung dieser Feldfrucht in Preußen durch Friedrich den Großen soll jedenfalls der Kaufmann Gotzkowsky beteiligt gewesen sein:
    http://www.welt.de/welt_print/debatte/article8884173/Warum-ich-die-deutsche-Kartoffel-liebe.html

  4. 4
    Uwe W. says:

    Kartoffel Nobbi ist einfach einzigartig.

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